Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 05. Jul 2015 · Musik

Zum Jubiläum ein großes Vorhaben – Beethovens Neunte und die Sommerhitze verlangten dem Arpeggione-Kammerorchester alles ab

Zum Jubiläum des „Arpeggione Kammerorchesters Hohenems“ hat sich der künstlerische Leiter Irakli Gogibedaschwili sehr viel vorgenommen. Beethovens neunte Symphonie erklang im stimmungsvollen Ambiente des Arkadenhofs im Hohenemser Palast. Beim Großaufgebot der kreativen Kräfte wirkten auch der Chor des „Teatro Municipale di Piacenza“ sowie Christiane Libor, Anna Maria Chiuri, Roberto Iuliano und Michael Wagner als Solisten mit. Der herausragende Kian Soltani am Cello prägte als Solist in Tschaikowskys "Rokoko-Variationen" das Festkonzert. Auch der amerikanische Dirigent Stephen Gunzenhauser überzeugte durch seine kommunikative und klare Orchesterleitung. Obwohl man sich keinen schöneren Sommerabend für dieses große Konzertereignis wünschen konnte, machte die schwüle Hitze sowohl den Musikern als auch den Instrumenten zu schaffen. Überdies hätte der Interpretation des Mamutwerkes von Beethoven mehr Probenzeit sehr gut getan. Nichtsdestotrotz waren die Konzertbesucher in Feierlaune, manche zelebrierten dies im überschwänglichen Schlussapplaus.

Sein 25-jähriges Bestandsjubiläum feierte das "Arpeggione Kammerorchester“ unter dem Leitgedanken "Hymne an die Freude" im Rahmen eines Openair-Konzertes. Diese Freude verbreitete sich unmittelbar mit dem Auftritt des Bregenzer Cellisten Kian Soltani, der inzwischen international Karriere macht. Bei jedem seiner Auftritte zieht er das Publikum sofort in seinen Bann. So auch im Palasthof, wo er den Solopart in den „Rokoko-Variationen“ op. 33 für Violoncello und Orchester ergreifend musizierte. Schlicht und einfach, aber in jeder kleinsten Tonnuance elegant stimmte er das Ausgangsthema an. Auf die tänzerischen Sätze und den abschließenden Marsch warf der Cellist mit mannigfaltigen Verzierungen in schillernden Farben jeweils unterschiedliche Lichter. So kamen die Variationen ebenso mitreißend zur Geltung wie die Solokadenz. Das Kammerorchester begleitete Kian Soltani umsichtig. Sehr kommunikativ agierte Stephen Gunzenhauser am Dirigentenpult.

Angekündigt war die Uraufführung eines neuen Werkes, das der persische Komponist Reza Vali für Kian Soltani komponiert hat. Und obwohl die "Rokoko-Variationen" Freude bereitet haben, wäre eine Präsentation einer neuen Komposition ein maßgebliches Qualitätsmerkmal des Jubiläumskonzertes gewesen. Schade um die verpasste Chance.

Schwierige Bedingungen


Die Aufführung der Sinfonie Nr. 9, op. 125 von Ludwig van Beethoven stand im Vorfeld unter keinem guten Stern. Zuerst sagte der Bregenzer KornmarktChor seine Mitwirkung ab, und schließlich erkrankte kurzfristig die Sopranistin Anna Lena Denk-Erlich. Für beide fand Irakli Gogibedaschwili einen guten Ersatz, denn der Chor des „Teatro Municipale di Piacenza“ zeichnete sich durch einen kraftvollen und prägnanten Gesamtklang aus und verlieh dem fulminanten Finale eine feierliche Wirkung. Ebenso füllte die spontan eingesprungene Sopranistin Christiane Libor ihren Part gut aus. Der Bassist Michael Wagner sang seinen Solopart ausdrucksstark, während der Tenor Roberto Iuliano zu opernhaft agierte. Anna Maria Chiuri fügte sich gut in den Quartettklang ein.

Guter Dirigent, steife Etikette


Stephen Gunzenhauser machte von Beginn an klar, dass er eine sehr genaue Vorstellung von der Interpretation dieser großen Beethovensinfonie hat. Er dirigierte das Orchester prägnant und modellierte die Themen dynamisch mit zahlreichen Höhepunkten und spannenden Entwicklungsverläufen. Beispielsweise kristallisierte er die Hauptlinien im Eröffnungssatz beziehungsreich aus den leeren Quinten und entwickelte markante harmonische Schubkräfte. Im zweiten Satz lenkten die Holzbläser und das Horn die Aufmerksamkeit auf sich. Das Adagio erklang eher breit angelegt, und der Finalsatz forderte alle Beteiligten extrem. Immer mehr machte sich die Hitze bemerkbar, mit der die Musiker zurechtzukommen hatten, denn auch die Instrumente reagierten empfindlich. Allein die Orchestermusiker in voller Montur - mit gestärkter Hemdbrust, geschlossenem Kragen und Frack - agieren zu sehen, trieb mir den Schweiß auf die Stirn. Eine lockerere Etikette hätte sich wohl positiv auf die Musikdarbietung ausgewirkt. Dass die (Gesamt)probenzeit sehr knapp bemessen war, machte sich in mehreren Passagen bemerkbar. Wenn beispielsweise begleitende Stimmen im Verhältnis zu den Hauptlinien viel zu laut und Übergänge und schnelle Läufe verwischt erklangen.

Mit viel Applaus dankte das Publikum, das von einigen sehr euphorischen Klatschern angetrieben wurde. Die Arkaden des Palasthofes boten einen schönen Rahmen für das anschließende „meet and greet“ anlässlich des silbernen Jubiläums.