„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Peter Niedermair · 11. Jul 2017 · Literatur

Eine Erfolgsgeschichte - 20 Jahre KUB - ein einmaliges Buch von Rudolf Sagmeister

Der Kunsthistoriker und KUB Kurator Rudolf Sagmeister ist seit Anfang dabei. Er ist die Seele des KUB, steht mit hoher Präsenz im Epizentrum, mitten in der Sozietät des KUB. Sein Stil, das Comme il faut, sein kommunikativer, offener Umgang, seine Gastfreundschaft gegenüber den eingeladenen Künstlern, seine wertschätzend vermittelnde Art mit den Handwerkern zu reden, all das wird in seinem Aufsatz ‚Sie kommen als Fremde und gehen als Freunde‘ deutlich. Diese Story erzählt sich auch aus den Fotos in dem Buch, das der „unermüdliche Produzent“ aus Anlass 20 Jahre KUB am 16. Juli präsentiert. Die Fotos in diesem einzigartigen Dokument sprechen vom Blick im Augenblick; Thomas Trummer schreibt in seinem Essay ‚Erwiderte Blicke‘: „Die hier versammelten Porträts sind mehr als nur das Archiv einer bemerkenswerten Ausstellungsgeschichte. Sie bezeugen eine Ansteckung, die sich im Moment der Aufnahme zwischen Fotograf und Fotografierten ereignet, aber auch die Ansteckung jener, die ihre Blicke im festgehaltenen Bild nochmals tauschen.“ Ein besonderes Spezifikum von Orten der Kunst ist es, und beim KUB wird das besonders deutlich spürbar, dass Menschen, die dort hingehen, ihre Sensorien ganz öffnen und bereit sind, alles aufzunehmen.

Kunst ist Begegnung

Das Spannendste, sagt Sagmeister, sei die Begegnung mit den KünstlerInnen, sie sind die Mutigen, die an die Grenzen gehen, Risiken eingehen, mit ihnen hat er die stärksten Beziehungen, zu ihnen entwickelt sich eine große Nähe. In den Ausstellungen müssen alle Beteiligten über ihre Grenzen gehen, vom Künstlerischen, vom Handwerklichen, alle müssen sehr viel preisgeben. Bregenz, und das zeigt sich als wesentlicher Vorteil, ist keine Großstadt. „Die Künstler können zur Ruhe kommen, wenn sie hier sind. Sie haben keine anderen Termine, müssen nicht andere Galeristen oder Kuratoren treffen, sie sind ganz präsent, es gibt nicht so viele Journalisten, die sie belagern, oder Sammler. Das heißt, man kann in dieser Zeit intensiv mit ihnen arbeiten.“ Rudolf Sagmeister lädt sie nach Hause ein, man kocht und isst gemeinsam, macht Photo-Sessions, macht Ausflüge in die Gegend, in den Bregenzerwald, wo es u.a. wunderbare Begegnungen mit Handwerkern der Region gibt, die sich auf komplizierte Herausforderungen einlassen. In diese sozialen Ereignisse ist auch das Netzwerk des KUB Freunde Vereins eingebunden. 

KUB im Kontext von Stadt und Region

„Das KUB zählt heute nach Meinung der ausstellenden KünstlerInnen, der vielen Museumsdirektoren und Kuratoren zu den zehn führenden zeitgenössischen Häusern auf der Welt, in Europa ist es das führende, was Neuproduktionen betrifft. Meist sind es Projekte, die die Künstler immer schon machen wollten, nichts, was bereits vorkuratiert oder schon realisiert war. Sie sollen in Bregenz das Beste überhaupt machen können, immer neue Projekte.“ (R. Sagmeister) Die sekundäre Infrastruktur dieser Region unterstützt diese Projekte, die Rolle des Kurators ist die des Übersetzers der unterschiedlichen Denkweisen. Er kommuniziert im System verschiedener Sprachen, die er zusammen führt. Das KUB hat in der Stadt Bregenz ein neues Zentrum geschaffen. Alles Drumherum ist Fußgängerzone, eine Kulturmeile mit Theater und Vorarlberg Museum. Wunsch wäre, die Post, kulturhistorisch mit dem identen Bauwerk im galizischen Czernowitz ein Juwel, noch stärker zu nutzen. Die Lage am See ist einzigartig. Das KUB hat von Anfang an sehr stark mit den umliegenden Einrichtungen kooperiert, mit dem Kulturamt der Stadt Bregenz, dem Thurn und Taxis, mit Bregenzer Kulturvereinen; auch über die Stadt hinaus, in der Region. Es gibt KUB Kooperation mit der Johanniterkirche in Feldkirch, dem Jüdischen Museum in Hohenems, dem Kunstraum Dornbirn; mit Gormley ging man ins Hochgebirge. Besuchermäßig sind die Zahlen, im Schnitt der Jahre 50T, in Relation zu anderen reinen Kunsteinrichtungen und den Einwohnerzah-len sensationell. 

Die Architektur Peter Zumthors

Guntram Lins, zwischen 1984 und 1994 Finanz- und seit 1987 auch Kulturreferent der Vorarlberger Landesregierung, war mit seiner liberalen gesellschafts- und kulturpolitischen Haltung ein Glücksfall. Mit ihm konnte man ein Haus bauen, das die Anforderungen, eine Kunsthalle erfolgreich zu führen voll und ganz erfüllte. Mit Peter Zumthor fiel die Wahl auf einen Architekten, der vorher noch nie ein Museum gebaut hatte, doch einer, der vor allem gut zuhörte und genau verstand, was das KUB Team brauchte und was die Bauherren vorgaben. Zumthor hat sich damit als Kunstarchitekt in die oberste Liga gespielt, er ist Partner der KünstlerInnen geworden, u.a. von Louise Bourgeois. Die Kooperation mit Peter Zumthor war eine Art Symbiose, in der man sich gegenseitig gestärkt hat. Das Haus ist architektonische Poesie, ein Juwel der Architekturgeschichte, ein gläserner, lichtabstrahlender Kubus. Peter Zumthor: „Ein Haus nur für Kunstwerke.“ Die Glasschindeln, die Lichtspiegelungen, das opaque Gefieder. Belebung und Reduktion faszinieren gleichzeitig. Im Inneren ist es hermetisch abgeschottet, ganz für das da, was zu sehen ist. Damit wirkt das Haus auf die Gestimmtheit der Besucher. 

Die Direktoren

Sie alle haben immer neue, sehr individuelle Ideen realisiert. Der Gründungsleiter Edelbert Köb war als Akademieprofessor mit einem Schwerpunkt für Grafik und Design der ideale Partner, um mit Zumthor und dem Leading Team das Setting zu gestalten, die Architektur zu entwickeln; und er verfügte als Präsident der Sezession auch über entsprechende Kontakte zu den Künstlern. Um das Kunsthaus weiterzubringen, wurden in zahlreichen Kooperationen mit der Industrie gleichzeitig Produkte kreiert, Textiles und Arbeiten aus Glas. Nach Köb kam der ambitionierte Eckhard Schneider, der die vielen Stars aus Europa und den USA nach Bregenz brachte, was sehr schwierig war, weil man in der Regel das Budget dafür gar nicht hatte. In dieser Aufbruchszeit waren die hauseigene Technikabteilung und die vielen Handwerker der Umgebung von großer Bedeutung. Yilmaz Dziewior hat die Perspektiven für außereuropäische Künstler geöffnet, u.a. für KünstlerInnen aus Südamerika; und derzeit Thomas Trummer, mit dem bisher sehr sensible Ausstellungen stattgefunden haben. Er hat die KUB Arena wieder herausgenommen, wodurch das Haus wieder klar erkennbar ist, ein Werk, eine Setzung. Seine Ausstellungen sind mit den gesellschaftlichen, politischen Fragen, die sie reflektieren, siehe Wael Shawky 2016, sehr in der Zeit und der Gesellschaft. 

Der KUB Freunde Verein

Dieser ist in 20 Jahren auf über 1000 Mitglieder angewachsen, was als Wertschätzung für das Programm des Hauses, das Vereinsprogramm und das gute Miteinander gesehen werden muss. Margareta Eberle-Kirchmayr, die engagierte Vorsitzende, betont gegenüber KULTUR, man sei stolz, dass Bregenz auf der Weltkarte für zeitgenössische Kunst vielbeachtet vertreten sei und diese große internationale Reputation genieße. Für die Mitglieder sei das KUB „eine emotionale und intellektuelle Bereicherung“, insgesamt „ein Glücksfall für Bregenz und die Region. Die KUB Freunde geben dem KUB jenen Rückhalt, den es braucht, um ein lebendiger Teil des regionalen und internationalen Kulturlebens zu sein. Dank der Mitgliedsbeiträge ist der Verein auch ein wichtiger Sponsor für das KUB, wobei der Bereich Kunstvermittlung, besonders für Jugendliche, einen wichtigen Stellenwert hat.“ 

Das Land

Winfried Nussbaummüller, Leiter der Kulturabteilung des Landes und 15 Jahre als Kulturvermittler selbst Teil dieser Erfolgsgeschichte: „Das KUB steht mit seiner wirklich beeindruckenden Ausstellungs- und Entstehungsgeschichte für einen mittlerweile 20 Jahre dauernden Prozess der Horizonterweiterung. Die bisherigen Direktoren hatten stets ein Gespür für notwendige strategische Neuausrichtungen und das Vertrauen in die Potenziale der Kunst. Niemals stand dabei in dieser Kunsteinrichtung das Ausruhen auf dem Erreichten im Vordergrund, sondern stets die Idee des Neuanfangs in einem Labor, in dem der Kunst der notwendige Raum zur Entfaltung und dem Publikum Möglichkeiten für den Diskurs gegeben werden. Natürlich ist das Kunsthaus Bregenz ein strahlendes Aushängeschild der Vorarlberger Kulturlandschaft und manifestiert in gewisser Weise auch die Schwerpunktsetzung des Landes in Bezug auf zeitgenössische Kunst.“ Offen bleiben Fragen, die in der Anfangszeit des KUB heftig und sehr kontrovers diskutiert wurden, u. a. die Landesgalerie zum Beispiel. Hat sich das Thema schon erledigt? Und warum ist das so? Karlheinz Pichler schrieb in seinem Beitrag in dieser Zeitschrift vom Juli/Aug. 1997 anlässlich der Eröffnung vom „interessantesten Vorarlberger Architekturprojekt dieses Jahrhunderts“. Pichlers Einschätzung erweist sich auch in diesem Jahrhundert als gültig. Wir sind in 20 Jahren reich beschenkt worden. Darüber freuen wir uns.

Die KULTUR gratuliert zum Geburtstag. 

 

„Rudolf Sagmeister - KUB Artists' Portraits", hrsg. von Kunsthaus Bregenz, Rudolf Sagmeister; Beiträge von Rudolf Sagmeister, Yilmaz Dziewior, Thomas D. Trummer; Gestaltung: Stefan Gassner, Lindau, 248 Seiten, Bregenz, 2017, ISBN 978-3-96098-190-9

Bei der Buchpräsentation am 16.7.2017, 15 Uhr im Vbg. Landestheater kostet das Buch
€ 22,-, regulär dann € 28,-.

Das Programm der Feierlichkeiten zum Jubiläum am 15. und 16. Juli 2017 finden Sie auf www.kunsthaus-bregenz.at