Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Gunnar Landsgesell · 12. Mai 2016 · Film

La belle saison - Eine Sommerliebe

Hymne auf die feministische Befreiung der 1970er-Jahre. "La belle saison" zelebriert in vergnügten Bilderbögen die Liebe zweier junger Frauen, einer Bauerntochter und einer Pariserin, die dem Patriarchat ein Schnippchen schlagen. Unter dieser rastlosen Programmatik leidet der Film dann doch ein wenig.

Mit einem durchwegs romantisierenden Blick erinnert Regisseurin Catherine Corsini an die 1970er-Jahre, wenn sie Spontaneität und Emotion zur entscheidenden Triebkraft ihrer beiden Protagonistinnen macht. Die Bauerntochter Delphine (Izïa Higelin) und die urban geprägte Pariser Studentin Carole (Cécile De France) entdecken ihre Liebe in einer Welt, die noch stark vom Patriarchat geprägt ist. In „La belle saison“ ist das Anlass genug, nicht allein von der Erotik dieser Beziehung zu erzählen, sondern ganz Paris in ein queeres Lebensgefühl zu tauchen. Aufdringliche Männer werden in einem kollektiven Triumphgefühl zurückgeschlagen, Professoren an der Uni für ihre antiquierten Ansichten abgestraft. Dass Feminismus nicht verkorkst ist, sondern Spaß machen kann, das zu vermitteln, ist wohl ein persönliches Anliegen Corsinis. Sie möchte keinen Problemfilm vorlegen, sondern die Hymne auf eine Zeit, in der Befreiung kein hohles Schlagwort war. Damit gelingt es ihr zwar, sonnendurchflutete Bilderbögen zu gestalten, die dieses Leben abfeiern, die beiden Akteurinnen werden dadurch aber nicht wirklich lebendiger. „La belle saison“ leidet die längste Zeit ein wenig an der Programmatik, die der Film den beiden Figuren auferlegt. Szene für Szene wird durchbuchstabiert, wie man sich heute ein queeres Milieu der 1970er vorzustellen hat. Das führt bis zu Szenen wie jener, in der die Frauengruppe einen Patienten aus der Psychiatrie befreit, Deleuze/Guattari würden vielleicht schmunzeln über die Reprise der von ihnen maßgeblich mitgetragenen Anti-Psychiatriebewegung.

An der Liebe gibt es keinen Zweifel


Das alles ist weder falsch noch peinlich, doch wenn Carole und Delphine kein anderes Leben zugestanden wird als das von politisch motivierten Subjekten, dann würde etwas mehr Freiraum dem Publikum doch ein paar eigene Gedanken erlauben. So aber hat jedes Wort von Carole und Delphine gesellschaftliche Bedeutung – eine Bürde, unter der das Lebensgefühl des Films selbst dann doch etwas leidet. Das lässt sich mit einer Nummer von Janis Joplin auch nicht ändern. An der Liebe zwischen den beiden recht gegensätzlichen Frauen lässt „La belle saison“ keinen Zweifel aufkommen, das hat gewissermaßen Programm. Erst als Carole ihrer Freundin Delphine auf das Land und deren elterlichen Hof folgt, schiebt Corsini ganz langsam die Provinz(ialität) wie einen Keil zwischen die beiden. Hier zu leben, das ist nicht wie im weltoffenen Paris. Auch die Mutter Delphines, die von Carole in einer solidarischen Geste unter Frauen zu Beginn gestärkt und unterstützt wird, entpuppt sich schließlich als eine der Hürden zum gemeinsamen Glück. Immerhin dem filmischen Impetus tut das Landleben gut. Gerade in diesen Phasen, wo der Anspruch auf große Politik gewichen ist, entsteht eine gewisse Chemie zwischen den zwei Aufrührerinnen. Die eingelagerten Antagonismen lassen sich aber nicht mehr auflösen. Am Ende überrascht Corsini dann doch noch mit einer Prise Realismus.