Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 20. Nov 2014 · Film

Einer nach dem anderen

Ein stiller Schneeräumer sieht rot – er räumt eine Drogenbande in Norwegen aus der Landschaft, als diese seinen Sohn ermordet. Der harmlose Kerl als verwegener Killer, der groteske Mordszenarien produziert – das hat fallweise einen Reiz, kämpft aber auch mit der Monotonie der selbst gestellten Aufgabe.

Ein Mann ohne Job-Sorgen, das ist Nils (Stellan Skarsgård), denn Nils ist Schneeräumer in Norwegen. Sein bedächtiges Tempo, es trifft sich mit seinem Temperament. Man muss sich Nils so vorstellen wie den alten Farmer auf seinem Traktor in David Lynchs „Straight Story“ – gemächlich. Nur dass Regisseur Hans Petter Moland dem Norweger ein viel mächtigeres Gerät untergeschoben hat. Die Kamera setzt den Schneepflug mit seinen bedrohlichen Trichtern und dem massiven Keilpflug von Anfang an bedrohlich in Szene. Davon lebt auch diese Geschichte: vom grotesken Widerspruch zwischen dem stillen Gemüt eines Mannes, der sich durch diesen eingeschneiten Film bewegt, als gäbe es nichts Böses, und von dem unheimlichen Schub an Gewalt, der sich hier plötzlich löst und Farbe in den Film mischt. Als Nils Sohn von einer Drogenbande getötet wird, und die Polizei untätig bleibt, greift der Schneeräumer durch. Der deutsche Verleihtitel drückt es ganz banal aus, „Einer nach dem Anderen“, das ist das, was dann passiert. Nun fühlt man sich an Paul Schraders „Hardcore – Ein Vater sieht rot“ erinnert. Gegner werden gesucht und getötet, mit einer Gründlichkeit und Routine, als ginge es ums Bäumefällen.

Es passiert endlich etwas


Psychologie, kriminalistische Fragen, ein Plot, das sind in diesem Film keine relevanten kalten Kategorien. Einzig der Tod der Gangster gibt den Rhythmus vor, dabei sterben sie manchmal ästhetisiert, meistens aber ziemlich grauslich. Nils, der Vater, ist in Fahrt, und er schlägt nicht nur einmal zu. Wie der Film selbst dazu steht, ist nicht auszumachen, einmal als Groteske, einmal als Selbstjustiz, das wirkt recht unentschieden. Dass hier Aki Kaurismäki auf die Coen-Brüder trifft, wäre aber unrichtig. Eher nur Coen auf norwegisch, weil besonders nachdenklich oder gar melancholisch, geschweige denn traurig macht einen das Geschehen nicht. Man muss es so sehen: Es passiert einfach etwas, in dieser leeren Landschaft. Deutlich in die Coen-Richtung geht „Kraftidioten“, wie der rätselhafte Originaltitel lautet, dann plötzlich ab der Mitte des Films. Wenn zwei Drogenbanden, eine serbische und die norwegische sich beginnen, gegenseitig zu bekriegen, dann droht der Schneeräumer schon fast vergessen zu werden. „Kraftidioten“ ist ein Film, der durch seine Reduktion einige Wirkung erzielt. Vor allem Skarsgård weiß sich als unbeschriebenes Blatt mit tödlicher Wirkung in Szene zu setzen. Die Figuren, die den Film sonst noch bevölkern, ein Bruder, der selbst mal ein Krimineller war, oder der Drogenboss, genannt „Graf“ (Pål Sverre Valheim Hagen) mit seinem lächerlich aufwändigen Lebensstil, und selbst Bruno Ganz als serbischer Bandenchef – deren aller Extravaganz wirkt doch etwas aufgesetzt im Bemühen, dem nüchternen Protagonisten etwas an Leben entgegenzusetzen.