Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 30. Apr 2015 · Film

Aktuell in den Filmclubs (1.5. - 7.5. 2015)

Im Filmforum Bregenz läuft diese Woche das kompromisslose ungarische Roma-Drama „Just the Wind“. Am Spielboden Dornbirn steht im Rahmen der David-Lynch-Reihe nochmals das humanistische Meisterwerk „Der Elefantenmensch“ auf dem Programm.

Just the Wind: Der Ungar Bence Fliegauf folgt in seinem Spielfilm, ausgehend von einer realen Mordserie, einer Romafamilie durch einen Tag und macht dabei nicht nur bedrückende Lebensverhältnisse, sondern auch Rassismus sichtbar.
Keine Erklärungen, keine Psychologisieren gibt es hier. Hautnah folgt Fliegauf abwechselnd seinen Protagonisten. Nur wenig wird gesprochen, zurückgenommen ist der Musikeinsatz. In der Nähe der stets bewegten Kamera wird eindringlich das Klima der Angst vermittelt. Geradezu physisch spürbar wird diese, wenn die Tochter von der Mutter angehalten wird, das Handy immer eingeschaltet zu lassen, wenn die als Reinigungskraft arbeitende Mutter vom Schulwart gemobbt wird. Dass diese Angst nicht unbegründet ist, wird auch zunehmend klarer, wenn Polizisten vom Mord an einer Familie in der letzten Nacht sprechen und dabei unter anderem feststellen „das waren die falschen, das waren doch gute Zigeuner, die arbeiteten und sogar ein Bad hatten“.
Und sichtbar werden die prekären Lebensverhältnisse in den Gängen der Tochter und des Sohnes durch die am Waldrand gelegene Siedlung: Überall liegt hier Müll und die kleine Tochter der Nachbarsfamilie spielt allein auf einer Wiese, während die Mutter im Haus aufgrund ihrer Alkohol- oder Drogensucht nicht ansprechbar ist.
„Just the Wind“ ist ein in seiner Erzählweise schlichter, aber ein durch die Nähe zu den Figuren, die enge Handlungsführung und den kompromisslosen Naturalismus starker, dichter und bedrückender Film, der freilich auch hoffnungslos endet. Denn schon lange bevor die Mutter die Kinder mit den Worten „Es ist nur der Wind“ beruhigen will, gleich darauf aber erkennen muss, dass sie sich geirrt hat, ahnt man, wie alles enden wird.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz:
Fr 1.5., 22 Uhr


Der Elefantenmensch:
London zu Beginn des Industriezeitalters: Ein Arzt entdeckt den als Jahrmarktsattraktion ausgestellten körperlich deformierten John Merrick, bringt ihn in ein Hospital und kümmert sich um ihn.
Über 30 Jahre nach seiner Uraufführung ist dieser Film in noch höherem Maße „ganz anders als alles andere, was so in den Kinos angeboten wird" (H.C. Blumenberg 1981 in "Die Zeit). Immer noch ist dieser Film ein Solitär, am wenigsten ein Horrorfilm, am ehesten ein humanistisches Meisterwerk, in dessen Zentrum die Frage nach dem „Mensch-sein“ steht.
Immer wieder sieht man in diesem von Freddie Francis in wunderbar atmosphärischen Schwarzweiß-Bildern fotografierten Film Fabrikschlote, ein Dampfschiff, die Stahlkonstruktion eines Bahnhofs. Die Fähigkeit Feuer zu machen und die Industrialisierung - das ist für den Regisseur David Lynch eine Komponente, aber die niedrigste des Menschlichen. Höher ist da schon die Sprache einzuschätzen, die John Merrick erst mühsam (wieder) erlernen muss, und noch höher die Fähigkeit Kunstwerke zu schaffen bzw. das Empfinden für Ästhetik.
Langsam führt Lynch seinen einsamen jungen Mann mit seiner grenzenlosen Sehnsucht nach Schönheit und Erlösung von der düsteren Welt des Jahrmarkts zur Welt des Theaters, von einem von außen bestimmten tierischen Dasein zu einem menschlichen Leben, das in Freundschaft und Liebe ("Mein Leben ist erfüllt, da ich weiss, dass ich geliebt wurde") gipfelt.
Spielboden Dornbirn:
Do 7.5. 20 Uhr