Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Füssl · 28. Sep 2017 · CD-Tipp

Ibeyi: Ash

Der mitreißende Elektro-Soul-Pop des 2015 erschienenen Debutalbums katapultierte die kubanisch-französischen Zwillingsschwestern Lisa-Kaindé und Naomi Díaz in Beyoncé-Videos, Chanel-Modeschauen und in eine Produktion des renommierten Alvin Ailey American Dance Theatre. Aber die selbstbewussten, mittlerweile 21 Jahre jungen Frauen ruhen sich nicht auf ihren Erfolgen aus, sondern beweisen mit dem neuen Album, dass sie sich sowohl musikalisch als auch von den Texten her durchaus weiterentwickelt haben.

Während in den früheren Songs ihre Herkunft und Kindheit im Mittelpunkt standen, ist „Ash“ ein mit aktuellen politischen Statements gespicktes Album geworden. Selbst erlebte Ungerechtigkeiten, Rassismus und Polizeigewalt spiegeln sich in den englisch, französisch, auf Yoruba und erstmals auch spanisch gesungenen Texten. Ausschnitte aus einer Rede Michelle Obamas und aus Claudia Rankines epochalem Gedicht „Citizen: An American Lyric“ über den Hurrikan Katrina und den Rassismus in den USA werden ebenso gesampelt wie der bulgarische Frauenchor Le Mystère des Voix Bulgares. XL Recordings-Chef Richard Russell versteht es als Produzent perfekt, die Talente Lisa-Kaindés an Piano und Electronics und Naomis an Cajón und Batá, sowie ihre ausdrucksstarken, gleichermaßen Coolness wie Wärme verströmenden Stimmen in diesen geschmackvollen Neo-R’nB-Tribal-Electro-Pop-Mix einzubetten. Saxophonist Kamasi Washington, die kubanische Hip-Hoperin Mala Rodríguez, Meshell Ndegeocello und Chilly Gonzales verfeinern als Gäste das ohnehin schon reichhaltige musikalische Geschehen. Ibeyi wollen Emotionen auslösen, ihre Gefühle und Energien weitergeben. Hoffnungslosigkeit ist nicht ihr Ding, deshalb wollen sie den Albumtitel „Ash“ auch nicht mit Tod und Vergänglichkeit assoziiert wissen. „Mit Asche kann man Positives bewirken. Asche kann Dünger sein und fruchtbar machen. Es gibt immer Hoffnung.“ Dazu passt auch ein Sample, in dem die Zwillinge die von ihnen als starke, sie prägende Frau verehrte Mutter einen Text ihres großen Idols Frida Kahlo zitieren lassen: „Wozu brauche ich Füße, wenn ich doch Flügel zum Fliegen habe?“ Auch mit diesen in Trance versetzenden Rhythmen und sich ins Ohr hineinschmeichelnden Melodien lässt es sich ganz leicht abheben!

(XL/Beggars)