Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Füssl · 04. Mai 2016 · CD-Tipp

Gregory Porter: Take Me To The Alley

Gregory Porter, der 44-jährige Zwei-Meter-Hüne aus Bakersfield/California bewegt sich mit seinem vierten Album „Take Me To The Alley“ im gewohnten Fahrwasser und geht keine großen Experimente ein. Warum sollte er auch, schließlich fand das vielgepriesene, grammydekorierte Vorgängeralbum „Liquid Spirit“ (2013) rund um den Globus eine Million Abnehmer und wurde öfter gestreamt als jedes andere Jazzalbum – nämlich 20 Millionen Mal.

Also darf sich Kamau Kenyatta wieder als umsichtiger und geschmackssicherer Produzent beweisen, und die Stamm-Band mit Pianist Chip Crawford, Bassist Aaron James, Schlagzeuger Emanuel Harrold, Trompeter Keyon Harrold und den Saxophonisten Tivon Penicott und Yosuke Sato sorgt wieder zuverlässig für den anspruchsvollen und dennoch leicht ins Ohr gehenden Soundtrack zu den zwölf maßgeschneiderten neuen Songs aus der Feder des Chefs. Das Erfolgsgeheimnis von Gregory Porter beruht einmal natürlich auf seinem ausdrucksstarken, warmen, mal unglaublich sanft, dann wieder dramatisch klingenden, an Gospel, Soul und Blues geschulten Bariton, eine unverwechselbare, voluminöse Stimme, auf die sich Musik-Fans aus den unterschiedlichsten musikalischen Lagern einigen können. Zum Zweiten ist es aber sicher auch der unverkrampfte Mix des hochtalentierten Songwriters aus ganz persönlichen, familiären, fast schon intimen sowie kritischen, gesellschaftspolitischen Themen, die natürlich auch ineinandergreifen können, etwa wenn es um Rassismus geht. Als achtes Kind einer alleinerziehenden Mutter in einer mittelgroßen „weißen“ Stadt aufgewachsen, hat der sympathische Riese mit keinerlei Glaubwürdigkeitsproblemen zu kämpfen. Ob politisches Lied oder Lovesong - das wirkt alles absolut authentisch, kommt eindringlich und dennoch unaufdringlich herüber. Er versteht sich aber auch auf bitterböse Ironie, wie „In Fashion“ oder „French African Queen“ beweisen. Es mag kitschig klingen, aber kein anderer Sänger versteht es so blendend, sich in die Herzen der ZuhörerInnen hinein zu singen.

(Blue Note/Universal)