Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Karlheinz Pichler · 26. Jul 2015 · Ausstellung

Das Ende als Neubeginn – Martin Frommelts Zyklus „Apokalypse“ in der Feldkircher Johanniterkirche

Für Martin Frommelt, neben Gerold Malin der große Doyen der Liechtensteiner Kunstszene, stellt die Apokalypse seit über 50 Jahren ein zentrales Thema seines bildnerischen Schaffens dar. Für die Johanniterkirche Feldkirch hat er einen neuen Zyklus dazu geschaffen, mit dem er einem düsteren Weltuntergangsszenario ein optimistisches Feuerwerk von Licht und Farbe entgegenhält.

Das Motiv der Apokalypse zählt zum Kulturgut der Menschheit, seit es den Homo sapiens gibt. Und sollte es apokalyptische Visionen einmal nicht mehr geben, dann nur deshalb, weil die Fiktion Realität geworden und die Menschheit ausradiert worden ist. Auch die Künstlerschaft hat dieses Thema durch all die Jahrhunderte beschäftigt. Und zwar disziplinenübergreifend. So galt die Johannesoffenbarung etwa bis in die 1970er-Jahre hinein als der in den vorhergehenden zweihundert Jahren am häufigsten zitierte Text in der europäischen Literatur. Auch in der bildenden Kunst gibt es unzählige Beispiele dafür - im vorigen Jahrhundert beispielsweise Ludwig Meidners „Apokalyptische Landschaften“ oder die grandiosen Großstadtgemälde eines George Grosz.

Die Apokalypse als Lebensthema

Frommelt, Jahrgang 1933, kam erstmals in seiner Lehrzeit bei seinem Onkel, Priester, Künstler, Politiker und Kanonikus Anton Frommelt mit dem Thema der „Apokalypse“ in Berührung. Der vielseitige und kunstsinnige Pfarrer konfrontierte seinen Neffen mit den Holzschnitten von Alb­recht Dürer und ließ ihn diese ausführ­lich beschreiben und kopieren. Beim Kunststudium in Paris entschied sich Martin Frommelt für seine eigene Interpreta­tion der Apokalypse. „Bei Dürer lag in der Apokalypse das Schwer­gewicht auf der Erde. Dürer zieht mehrere Visionen zu wenigen Bildern zusam­men. Wie ich mich dann in Paris wieder mit der Apokalypse beschäftigte, war mir klar, dass für mich das Transzendente im Vorder­grund stehen musste und ich jede einzelne Vision der Apokalypse umsetzen wollte. Dafür musste ich mich von Dürer befreien“, sagt der Künstler. Nach fast zehnjähriger Entstehungszeit erschien 1970 der monumentale druckgrafische Zyklus „Die Apokalypse nach Johannes“, eine Farbholzschnittfolge mit 132 Blättern. Im Zuge dieses gewaltigen Unterfangens sind auch Hunderte von Probedrucken in verschiedensten Farbvariationen entstanden, wie der Künstler wissen lässt. Nach Jahrzehnten im Depot, holte Frommelt diese Probedrucke vor drei Jahren wieder hervor und überarbeitete sie neu. Aus diesen Weiterentwicklungen entstand dann die Anregung zu einer Serie von großformatiken Acryl-auf-Leinwand-Arbeiten, von denen nun 16 in der Johanniterkirche gezeigt werden.

Gestaltung des Raumes mit Farbe und Licht

Mit diesen in den vergangenen zwei Jahren entstanden Gemälden, die in ihrer gestischen Leichtigkeit und farblichen Impulsivität ungemein frisch und kräftig daherkommen, versuchte Frommelt, dem sakralen Raum eine thematische Gestaltung aus Farbe und Licht einzuschreiben. Wobei sich die Bildtafeln choreografisch analog zur Geometrie des Raumes entwickeln. So beginnt die Ausstellung mit dem „vierten apokalyptischen Reiter“ auf fahlem Pferd, der den unausweichlichen Tod repräsentiert. Dann folgt der zweite Reiter auf rotem Pferd, den Kampf um das Kapital auf Kosten des Nächsten versinnbildlichend. „Die Trauer“ der Schöpfung lässt hierauf ihren um die Erde gelegten Schutzmantel verschwinden. Der „dritte apokalyptische Reiter“ mahnt das sinnvolle Haushalten in Zeiten der Fülle ein. Und so geht es weiter mit den „Seligen“, die nach endzeitlicher Gerechtigkeit rufen, über die endzeitliche Finsternis, bis die vier Engel den Chaosmächten Einhalt gebieten, damit die Gerechten gerettet werden können. Die Anordnung der Gemälde folgt der Dramaturgie des Kirchenraumes, vom düsteren Kirchenschiff bis hin zur heiteren Stimmung in der Apsis. Ulrich Reichardt, der die Ausstellung zusammen mit Arno Egger kuratiert, konstatiert: „Anders als durch die meist düsteren Bildnisse zum Weltuntergang bekannt, ist Martin Frommelt eine farbenmächtige Transformation geglückt. Schwarze Fabelwesen, auch nur eine der vielen Erfindungen des menschlichen Geistes, wandeln sich zu Lichtgestalten mit erwartungsfroher Perspektive auf das Kommende. Ich sehe darin eine malerische Ode an das Er- und Überleben in stürmischen Zeiten.“

Frommelt erachtet die Apokalypse als überzeitlich. „Wir ertragen keine Symbolik mehr. Wir meinen, es muss alles genau beschrieben werden. Die wissenschaftliche Konzentration verengt uns. Ich will keine Deutung der Geheimnisse der Apokalypse schaffen, sondern den umschriebenen Symbolen Form geben“, erläutert der Künstler. Letztlich hält Frommelt einer Zukunft als Katastrophe einen mit Licht und Farbe bezeichneten Raum des Optimismus‘ und Neubeginns entgegen.

 

Martin Frommelt: Apokalypse
Johanniterkirche Feldkirch
Bis 14.8.2015
Di-Fr 10-12 u. 15-18,
Sa 10-14
www.johanniterkirche.at