Starke Gegensätze: Milky Chance und Wolfmother beim Poolbar Festival
Gestandene Größen ihrer Genres gestalten einen musikalischen Abend in Feldkirch
Restlos ausverkauft. Diese Meldung galt für beide Haupt-Acts des vergangenen Konzertabends und zeigt das starke Interesse an den beiden Bands Milky Chance und Wolfmother, die in ihrer Philosophie gegensetzlicher kaum sein könnten. Während die Band um die Gründungsmitglieder Philipp Dausch und Clemens Rehbein aus Kassel auch während ihrer Live-Show viel Wert auf astrein produzierte Sounds in Studioqualität legten, ließ sich der australische Gitarrist und Sänger Andrew Stockdale in minimalistischer Weise von Bass und Schlagzeug lediglich zum klassischen Powertrio komplettieren. Beide Ansätze zeigten sich nicht frei von Unzulänglichkeiten.
Tanzbarer Wohlfühl-Pop begeistert die Fans
Auch leichter Nieselregen konnte die erwartungsvolle Stimmung des Publikums nicht dämpfen, bevor Milky Chance das Konzert eröffnen und den musikalischen Tonfall recht klar von Anfang an definieren. Die Musik von Milky Chance lässt sich nicht so leicht in eine bewährte Schublade stecken. Warum sie aber im Ankündigungstext des Poolbar Festivals unter anderem mit Reggae in Verbindung gebracht wird, erschloss sich zumindest in diesem Konzert nicht. Viel eher erklang tanzbarer Wohlfühl-Pop, durch die fein gestalteten Gitarrensounds mit einer Prise Indie gewürzt. Der Live-Mix war größtenteils überaus transparent und doch mächtig. Teilweise sogar zu mächtig. Die Bassdrum wummerte derartig fett, dass aus den entspannten, manchmal sogar verschlafenen „Mitnick-Grooves“ der Studioversionen plötzlich hart treibende Club-Beats wurden. Für die Liveshow war das sicherlich auch so gewollt, doch man musste sich auf diesen neuen Charakter der bekannten Lieder erst einmal einstellen, was dem Publikum in der Mehrheit aber ohne Probleme gelang.
Die Fans nahmen die musikalische Aufforderung der sympathischen Gruppe sofort an und tanzten ausgelassen. Auch wenn wie gesagt fast alle Elemente klanglich als studioreif schienen, konnte das nicht darüber hinwegtäuschen, dass zumindest die Passagen, in denen der Gesang zweistimmig geführt war, qualitativ viel Luft nach oben bot. Andererseits kann auch bemerkt werden, dass der spezielle Gesangsstil von Clemens Rehbein die Attribute „unartikuliert und ungefähr“ längst zum Markenzeichen von Milky Chance gemacht hat. Der Mega-Hit „Colorado“ beschloss das Konzert als Zugabe.
Back-To-The-Roots mit Schwächen
Wolfmother legte mit „Dimension“ und „New Moon Rising“ sogleich einen extrem energetischen Einstieg hin und der aufkommende Eindruck, dass die Band keine Absicht haben würde, diese Intensität herunterzufahren, bestätigte sich später im Positiven wie im Negativen. Das Powertrio bekannte sich in der Konzeption ihres Auftritts ganz klar zu den Wurzeln des Rock n’ Roll, indem sowohl Bass als auch Gitarre über das ganze Set jeweils einen klassischen Rocksound zelebrierten und auch auf sämtliche Zusätze wie Backingtracks verzichtet wurde. Dass Andrew Stockdale sich auch nach über 20 Jahren auf der Bühne nicht zu derartigen Bequemlichkeiten (zu denen auch ein im hinteren Bühnenbereich zur Unterstützung platzierter zweiter oder dritter Rhythmusgitarrist zählen kann) hinreißen lässt, muss ihm grundsätzlich hoch angerechnet werden. Dies ist die kompromisslose Ehrlichkeit und Schnörkellosigkeit, die die Fans an Wolfmother lieben und die Bands wie The Offspring, Nickelback oder Green Day inzwischen bei Live-Auftritten vermissen lassen.
Allerdings offenbarte diese Durchlässigkeit auch, dass Wolfmother längst nicht mehr so tight zusammenspielen wie zu ihren Glanzzeiten. Dass Andrew Stockdale, der sich gesanglich bei „Midnight Train“ mehr als einen Ausrutscher leistete, ein guter aber kein brillanter Gitarrist ist, war bekannt, aber auch seine Mitmusiker waren zumindest an diesem Abend nicht in Lage mehrere „Wow-Effekte“ hervorzubringen und Bass oder Schlagzeug regelmäßig aus der soliden Begleitrolle herausheben. Genau das sorgt bei erstklassigen Powertrios für diese besondere Faszination (man denke nur einmal an Nirvana, das John Mayer Trio oder auch Muse in ihren früheren Jahren).
Zur Dramaturgie
Die gleichbleibende hohe Intensität, die Spielfreude der Gruppe und die immer noch zündenden effektvollen Riffs befeuerten die Stimmung des Publikums zwar so weit, dass ab der Hälfte der Show regelmäßig Becher oder Kleidungsstücke durch die Luft flogen, aber sie konnte auch nicht über ein beinahe vollständiges Fehlen jeglicher Dramaturgie hinwegtäuschen. Und das lag klar an der Gestaltung der Setlist, da „Vagabond“ der einzige Song war, der zumindest stellenweise Balladencharakter zeigte. Aber auch hier verpasste Wolfmother es, die wunderbaren dynamischen Facetten des Stücks auch live auszukosten und intensivierten – interessanterweise ganz ähnlich wie zuvor Milky Chance – die ruhigen Abschnitte des Songs in ihrer Live-Version. Das ist insofern schade, da diese Setlist ein viel eindimensionaleres Bild von Wolfmothers Musik abgab, als nötig. Gerade die beiden ersten Alben hätten mit „10.000 Feet“, „Violence of the Sun“ oder „Where Eagles Have Been“ vielschichtige Songs zu bieten gehabt, die weit über die immer gleichen schnellen Shuffle-Beats und teilweise fast deckungsgleichen pentatonischen Riff-Floskeln hinausgehen. Hier konnten Milky Chance im Vergleich punkten, bei denen etwa zur Halbzeit des Konzertes eine gefühlvolle Ballade mit reduzierter Besetzung eingeschoben wurde, die eine willkommene Abwechslung bot und Zeit zum Verschnaufen für die nächsten Tanznummern gab.
Zu Ehren der kürzlich verstorbenen Rock-Ikone Ozzy Osbourne spielte Wolfmother den Song „Paranoid“ der Band Black Sabbath und bereitete dem Publikum damit offensichtlich eine große Freude. Zum Schluss der Show wurde (wie fast schon Tradition bei Wolfmother) der Hit „Joker & The Thief“ als Zugabe gespielt, dessen effektvolles Intro sicherlich als der stimmungsmäßige Höhepunkt des Konzerts bezeichnet werden kann. Das jubelnde und begeisterte Publikum wurde daraufhin sogar noch mit einer zweiten Zugabe belohnt.
Da die Show so schnell ausverkauft war, spielen Wolfmother am 3.8. um 20 Uhr ein Zusatzkonzert für alle Fans, die nicht genug bekommen können oder verpasst haben, sich rechtzeitig ein Ticket zu sichern.
https://www.poolbar.at/programm/wolfmother-zusatztermin