Peter Herbert zu Gast im Podcast „Kulturstimmen"
Vorarlberger Künstler:innen im Portrait
Ingrid Bertel · Apr 2024 · Podcast

Wie leben und arbeiten Vorarlbergs Kulturschaffende? In unserem „Kulturstimmen"-Podcast kommen die Künstler:innen selbst zu Wort und berichten von ihren Lebens- und Arbeitsbedingungen. In dieser Ausgabe ist der gebürtige Bludenzer Kontrabassist und Komponist Peter Herbert zu Gast bei Ingrid Bertel.

"Der 1960 in Bludenz geborene und in Bregenz aufgewachsene Kontrabassist und Komponist Peter Herbert lebte – nach dem Studium in Graz und am Berklee College of Music in Boston – von 1989 bis 2003 in New York und anschließend in Paris und Wien. Längst hat er sich international einen exzellenten Ruf als Instrumentalist, Komponist und experimentierfreudiger Performer erspielt. In unterschiedlichsten Bandprojekten – vom Duo bis zum Jazzorchester – und als gefragter Sideman auf mehr als 180 Alben. Art Blakey, Marc Copland, John Abercrombie, Bobby Previte, Robin Eubanks, David Tronzo, Carol Robinson, Art Farmer, Joachim Kühn, Marcel Khalife, Aydin Esen, Christian und Wolfgang Muthspiel, Wolfgang Mitterer, Karl Ratzer – das ist nur ein Dutzend Namen aus einer Liste mit unzähligen prominenten Jazzmusiker:innen, mit denen Peter Herbert in den letzten 40 Jahren zusammenarbeitete. Ebenso breitgefächert ist auch die stilistische Ausrichtung der einzelnen Projekte – Jazz, zeitgenössische Kammermusik, Klassik, freie Improvisation, Bach, Purcell, Mingus, Joni Mitchell, Theatermusik, Maghrebinisches. Auch diese Liste ließe sich noch erweitern. Dieser reichhaltige Erfahrungsschatz – gepaart mit einer großen experimentellen Lust am Erfinden neuer Spieltechniken und zur Verbreiterung der Ausdrucksmöglichkeiten – wirkte sich natürlich auch auf mehreren spannenden Alben aus, in denen Peter Herbert den Kontrabass auf vielfältige Weise in den Mittelpunkt stellte. So schloss er sich etwa mit fünf weiteren Bassist:innen zum Sextett BassInstinct zusammen und veröffentlichte mit ihnen die Alben „Butterfly“, „Illusionista“‚ „Homebass“ und „BassInstinct“. Aber auch interessante Kontrabass-Solo-Alben sind in seinem umfangreichen Œuvre zu finden: 2001 schuf er für „bassooka“ mittels Overdubs Musik für „1 – 16 Bässe“ und erforschte damit Neuland. Und 2005 brachte er das Solo-Album „Naked Bass“ mit den dazugehörenden Noten heraus, ein eindrucksvolles musikalisches Panoptikum seiner Ausdrucksmöglichkeiten, Spieltechniken, seines kompositorischen Einfallsreichtums und seiner improvisatorischen Fähigkeiten. Dem lässt er nun „naked bass II“ folgen, das beim Schweizer Label Unit Records erscheint und im Mai in Bregenz und Wien live präsentiert wird."
(Musikkritiker Peter Füßl über Peter Herbert in der "KULTUR", Mai 2024)

In den "Liner notes" von Peter Herberts neuem Album findet sich folgende Geschichte des Vorarlberger Autors Wolfgang Mörth über Peter Herbert Bass:
Der Titel des Albums regt mich dazu an, etwas über das Instrument zu erzählen, das darauf zu hören ist. Gebaut wurde es vor etwa 250 Jahren und ein paar der originalen Teile sind bis heute erhalten. Eine in einen Wirbel eingravierte Zahl deutet darauf hin, dass es sich um 1900 im Besitz eines Wiener Instrumentenverleihs befand, was ihm sein Dasein nicht leicht gemacht haben dürfte. Sehr wahrscheinlich war es bei der Wiener Uraufführung von Mahlers 8. Symphonie im Jahr 1926 dabei, an der immerhin tausend Musiker:innen teilnahmen, darunter auch zahlreiche Bassisten, die ein Leihinstrument brauchten. Irgendwann geriet es in die Hände eines hartherzigen Dixieland-Sideman, der es gewöhnlich bei offenem Verdeck auf dem Beifahrersitz seines Kleinwagens transportierte, weshalb es vorkommen konnte, dass er vor den Konzerten die toten Insekten vom Griffbrett kratzen musste. Im Jahr 1982 setzte der Mann eine Annonce in die Zeitung und bot das arme Instrument zum Kauf an. Bis in die späten 1970er-Jahre steuerte Peter Herbert auf eine Karriere als Profikletterer zu. Doch seine andere Leidenschaft, nämlich die für den Kontrabass, kam ihm in die Quere. Da eine Ausübung beider Berufe wegen der Belastung der Finger unmöglich war, musste eine Entscheidung fallen, und sie fiel für den Bass. Während seiner Ausbildung in Graz suchte der junge Musiker nach einem Instrument, mit dem es ihm möglich sein würde, seinen persönlichen Klang und seine Spieltechniken weiterzuentwickeln. Er antwortete auf eine Annonce, wurde in eine dunkle Parkgarage geführt und sah dort seinen zukünftigen Wegbegleiter verstaubt und nackt in einer feuchten Ecke stehen. Ein Restaurator nahm sich des malträtierten Stücks an und rettete ihm das Leben. Seither stand Peter Herbert mit seinem Bass bei mehreren tausend Konzerten weltweit auf der Bühne. Meistens gemeinsam mit anderen Musikern, sehr oft auch als Solist, oder als eine Art Zweierseilschaft, die sich in Höhen vorwagte, in denen sonst kaum jemand anzutreffen war. Sehe und höre ich Peter Herbert spielen, denke ich manchmal, dass die Entscheidung zwar für den Bass gefallen ist, nicht aber gegen den Berg. Der Kletterer – in manchen Passagen dieses Albums ist sein Atem deutlich zu hören – steckt immer noch in ihm. So kraftvoll, wie er damals in den Fels griff, greift er heute in die Saiten. Und er sucht nach künstlerischen Wegen, die noch wenige vor ihm gegangen sind. Die Kompositionen von Naked Bass II zeigen, welche Gipfel er mittlerweile erreicht hat.

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