Goldene Einhörner in Vorarlberg gesichtet
Die 39. Alpinale ging am Samstag zu Ende – prämiert mit dem Goldenen Einhorn wurden die besten Kurzfilme aus unterschiedlichen Kategorien.
Manuela Cibulka ·
Aug 2024 · Film
Bei 1.300 Einreichungen – laut Manuela Mylonas, Obfrau und Festivalintendantin, hätte nach eigenem Vorhaben bei 1.100 eigentlich Schluss sein sollen – war es für die Vorjury sicher ein Kraftakt und kein Leichtes, sich daraus für 70 Filme zu entscheiden, die dem Publikum von 6. – 10. August auf dem Vorplatz der Remise gezeigt werden durften. Bei Traumwetter konnten fünf Tage lang 70 prämierte Kurzfilme open air gezeigt, bestaunt, bewertet und am Ende die besten daraus prämiert werden. Nicht nur das Publikum, sondern eine Unzahl an ehrenamtlich Tätigen, ehemalige Preisträger:innen sowie nominierte Regisseur:innen und ein Fachjury von sechs Personen verbrachten ausgefüllte Tage in Bludenz, um am Samstag bei der Verkündigung der Preisträger:innen dabei zu sein.
Empfangen vom roten Teppich wurde das zahlreich erschienene Publikum sehr sympathisch und mit viel Lockerheit und Humor sowohl von Moderator Christoph Rainer als auch der Intendantin selbst durch den Abend geführt – zweisprachig für das internationale Publikum, was in Vorarlberg eine Seltenheit ist. Grußworte kamen vom Landtagsabgeordneten Christoph Thoma, der – selbst in Bludenz wohnhaft – besonders stolz darauf sei, dass das Festival seit fünf Jahren bereits wieder in „seiner Stadt“ (zuvor Nüziders) beheimatet ist und auch der Vertrag für die kommenden sieben Jahre bereits verlängert wurde.
Die erste Auszeichnung in der Kategorie „Bester Kinderkurzfilm“ wurde von einer „Spezialjury“, den Kindern selbst, vergeben. Das Goldene Einhorn ging an „Bloom“ von Michael Dämmig (D), der es in knappen vier Minuten mit einem Baum, einer Mango und einem Affen schafft, davon zu überzeugen, dass das kleine Glück manchmal versteckt und am Ende doch zu finden ist.
Wettbewerb „Spezialproramme“
Demian Albers, Senad Halilbasic – der beteuerte, noch nie bei einem so schönen Festival gewesen zu sein – und Tamara Denic zeichneten für die Vergabe der Auszeichnungen in den zu den „Spezialprogramme“ zählenden Kategorien verantwortlich und vergaben drei Goldene Einhörnern, die nach der Kurzpräsentation der Nominierungen detailreich begründet und kommentiert zum Teil in Anwesenheit der Regisseur:innen übergeben wurden:
In der Kategorie „VR-shorts“: „From The Main Square“, Pedro Harres (D, 2022)
Die Möglichkeit, diesen Film, in dem man den Aufstieg und Fall einer gespaltenen Gesellschaft beobachten kann, interaktiv zu erleben, hatte das Publikum, wie an den anderen Abenden zuvor auch, vor den Vorstellungen sowie in der Pause.
In der Kategorie „v-shorts“: „Haegtesse“, Eve Roth (Ö, 2023)
Erfahrungen von FLINTA*-Personen in Bezug auf Weiblichkeit werden in eindrücklichen, intimen und zugleich sehr intensiven Bildern präsentiert, um Realitäten zu erzählen. Das in der Jurybegründung gefallenen Stichwort „Sisterhood“ wird von der Regisseurin in der Dankesrede unterstrichen. In dieser Kategorie für den besten Vorarlberger Kurzfilm wurde zusätzlich ein Preisgeld von 5.000 Euro vergeben.
In der Kategorie „Horror“ ergeht das Blutige Goldene Einhorn an: „Hand That Feeds“, Helen Hideko (Ö, 2023). In diesem mit 24 Minuten zu einem der längsten an diesem Abend gezeigten Kurzfilme überzeugen nicht nur die Regiearbeit, sondern vor allem auch die schauspielerischen Leistungen. Eindrücklich kann das Erdrückende banaler Alltäglichkeiten und vermeintlich „gutgemeinter“ Handlungen miterlebt werden.
Wettbewerb International
Für die Nominierung der internationalen Einreichungen waren Alma Hasun, Faris Rahoma und Veronika Schubert, diese bereits zum zweiten Mal, nach Bludenz eingeladen. Sie trafen – was nach eigenen Angaben bei der Unzahl an Einreichungen von besonderer Qualität fast unmöglich war – dennoch letzten Endes folgende Entscheidungen:
Bester Kurzfilm Animation: „The Last Bar“, Arne Hain (D, 2023)
In dieser unglaublich aufwendigen Puppenanimation werden die Gedanken und Ängste eines Jugendlichen in seiner Begegnung mit Gleichgesinnten und letztlich auch mit sich selbst mit einem großen Gespür für Eindrücke und Pausen aufgezeigt.
Bester Kurzspielfilm: „Things Unheard Of“, Ramazan Kilic (Türkei, 2023)
Des Fernsehgerätes beraubt, versucht eine Enkelin ihrer Oma in einem kurdischen Dorf die Welt auf einen andere Art und Weise zurück ins Wohnzimmer zu holen – 15 sehr berührende und „wohltuende“ Minuten der Einfachheit und dem Verbindenden gewidmet. Der Regisseur war anwesend und meinte dazu: „Dedicated to my family“ – diese stellte die Darsteller:innen.
Lobende Erwähnungen und Publikumspreis
Die Chance nicht unversucht ließ die Jury, noch weitere lobende Erwähnungen vergeben zu dürfen. Diese gingen an: „Everybody Leaves in the End“, Simon Schneckenburger (D, 2023) und „Crush“, Florian Kuhn (F, 2023).
Während der Dauer der Alpina war das Publikum eingeladen sein Voting für seinen „Lieblingsfilm“ abzugeben, und so wurde als Abschluss in dieser Kategorie das letzte Goldene Einhorn an den Film „The Red Suitcas“, Cyrus Neshvad (Luxemburg 2022) vergeben. Ein langsamer und gleichsam packender Film, der mit seiner verängstigten und dennoch überaus starken und mutigen Protagonistin das Schicksal einer 16-jährigen Iranerin bei ihren Schritten in eine neue Welt aufzeigt.
Kurz vor Mitternacht wurde die Alpinale schweren Herzens von den Beteiligten offiziell beendet, um danach zum Tanz in die Remise zu laden. Stellvertretend für viele Filmschaffende steht die in einer der letzten von den ausgezeichneten Regisseuer:innen gesendeten Videobotschaft von Simon Schneckenburger getätigten Aussage: „Die Alpinale ist wie eine Umarmung für Filmschaffende“ und für bietet für viele von ihnen zudem die eine der wenigen Möglichkeiten, die Filme einem größeren Publikum zugänglich zu machen.