Neu in den Kinos: „Louise und die Schule der Freiheit“
Eine Lehrerin aus Paris eröffnet im ausgehenden 19. Jahrhundert in einem Bergdorf eine Schule. Im Historiendrama von Éric Besnard trifft bäuerlicher Konservativismus auf neue städtische Bildungsideale. Ausgefochten wird der Kampf von Alexandra Lamy als Lehrerin mit Vergangenheit.
Für einen Neuanfang im Leben ist es angeblich nie zu spät. Doch das ist einfacher gesagt als getan, denn die Vergangenheit hat oft den entscheidenden Nachteil, dass sie einen nicht loslässt. Auch Louise Violet (Alexandra Lamy) trägt, wenn sie zu Beginn dieses Films zwei Koffer über einen Waldweg schleppt, zugleich die unsichtbare Last der vergangenen Jahre mit sich. Sie hat Paris verlassen, um eine Stelle als Lehrerin in der Provinz anzutreten. Hier hängt im Spätherbst der Himmel tief und ist die Erde nass, wie sie in einem ihrer ersten Briefe schreibt. An wen die vielen Briefe, die in den folgenden Monaten entstehen, adressiert sind, erfährt man lange nicht, doch wirken sie geheimnisvoll und verschwörerisch. „Ich habe es mir zur Mission gemacht, unsere Ideen zu verbreiten“, bekommt man etwa zu hören. „Das Gesetz gegen Kinderarbeit hat womöglich den Fabrikarbeitersöhnen geholfen“, liest Violet später ihre eigenen Zeilen, „hier hat sich nichts geändert.“ Vorerst hat sie ein Holzschild mit der Aufschrift „Ecole“ neben die Stalltür gehängt, wo der Unterricht stattfinden soll. Kein einziges Kind lässt sich blicken.
Allein im Stall
Die politischen Umwälzungen in Frankreich im ausgehenden 19. Jahrhundert sind an dem malerischen Dorf, in das Violet von der neuen Republik geschickt wird, fast spurlos vorübergezogen. Die Bauern beanspruchen ihre Kinder für die Feldarbeit, und dafür braucht man weder lesen noch schreiben zu können, und Violet kämpft bei ihrem Versuch, die allgemeine Schulpflicht durchzusetzen, gegen Windmühlen. Das Klassenzimmer ist ein Dauerprovisorium im Stall des alleinstehenden Bürgermeisters Joseph (Grégory Gardebois), der zwar bärbeißig daherkommt, aber das Herz am rechten Fleck hat und auch persönliches Interesse an Violet zeigt. Das Eis zwischen den Bauern und der Lehrerin bricht schließlich im Winter, als sich diese bei einem ihrer Überredungsbesuche als ausgezeichnete Hebamme erweist.
Éric Besnard, der sich als Drehbuchautor und Regisseur sogenannter Wohlfühlfilme wie „Birnenkuchen mit Lavendel“ und „À la Carte“ einen Namen gemacht hat, lässt sich auch in „Louise und die Schule der Freiheit“ (dem französischen Original genügt „Louise Violet“) auf kein Risiko ein. In kräftigen Farben leuchten die Felder und die Wälder, schön anzusehen sind die bäuerlichen Kostüme, der Winter färbt die Backen rot und selbst die Kinderarbeit geht dem Nachwuchs so leicht von der Hand, dass man sich fragt, warum die armen Kleinen für die Republik die Schulbank drücken müssen. Glücklicherweise fühlen sich alle bei Louise dann aber doch sehr wohl und erweisen sich als eifrig und wissbegierig. Das dramaturgisch notwendige Drama bleibt natürlich dennoch nicht aus.
Fürs Leben lernen
„Louise und die Schule der Freiheit“ ist ein Historiendrama mit Anleihen beim Entwicklungsroman und setzt eine aktuelle Reihe von Filmen fort, in denen sich Lehrer oder Lehrerinnen, oft mittleren Alters, auf Sinnsuche in die Provinz begeben. Rettete in der italienischen Komödie „Willkommen in den Bergen“ unlängst ein römischer Grundschullehrer eine Dorfschule vor der Schließung, kämpfte im spanischen Drama „Der Lehrer, der uns das Meer versprach“ ein progressiver Pädagoge vor Ausbruch des Bürgerkriegs um das Vertrauen seiner Schüler. Während Bésnard die gängigen Motive – Aufeinanderprall von Lebenswelten, Vertrauensaufbau, Konfrontation und gegenseitiger Respekt – zu einem doch recht gefälligen Bildungsdrama verpackt, bleibt die Frage nach dem anhaltenden Interesse des Kinos am Subgenre unbeantwortet. Vielleicht liegt das Erfolgsrezept schlicht darin, dass man sieht, dass auch die Lehrenden nie ausgelernt haben.
ab 27.3., TaSKino im GUK Feldkirch (OmU)