Wiener Charme in der Villa Falkenhorst
Eine beschwingte Konzertlesung mit Tiefgang
Silvia Thurner · Okt 2025 · Musik

„Wiener Melange“ nannten die Sopranistin Birgit Plankel, die Schauspielerin Renate Bauer, der Violinistin Helmut Lackinger und der Pianist Martin Gallez ihre stimmungsvolle Konzertlesung. Damit trafen sie ins Schwarze, denn mit viel Charme, Freude am gemeinsamen Gestalten auf höchstem musikalischem Niveau und mit einer überaus unterhaltsamen Rezitation sorgte das Quartett für eine lockere und feine Atmosphäre im schönen Ambiente der Villa Falkenhorst. Die Zuhörenden wurden ins Wien vergangener Zeiten geführt, mit dem typischen Lebensgefühl aus ironischen, charmanten und melancholischen Stimmungen.

Das Wienerlied zeichnet sich durch einen spezifischen Charakter aus. Es erklingt meist in einem langsamen 3/4-Takt und ist musikalisch eher schlicht gehalten. Umso mehr kommt die Würze der Texte zum Ausdruck. All diese Qualitäten brachte Birgit Plankel mit ihrer sympathischen Ausdruckskraft zur Geltung. Sie füllte die Lieder mit ihrem warmen Timbre und hervorragender Textdeutlichkeit, die sämtlichen Liedern einen erzählenden Charakter verlieh. Mit ausgeprägter Mimik und Gestik füllte die Sopranistin die Lieder mit Leben. So stellte sich von Beginn an eine angenehme Atmosphäre ein, die die Zuhörenden in das Lebensgefühl von Alt Wien und die Welt von Gestern eintauchen ließ. 

Einfühlsame musikalische Partner

Birgit Plankel konnte sich dabei ganz auf ihre Kammermusikpartner verlassen. Viele Lieder begleitete Helmut Lackinger an der Violine, sehr sensibel auf den Duktus der Sopranistin hörend. So verstärkte er die melodischen Linien, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Feinfühlig gestaltete er die Temposchwankungen, die sich aus der vielseitigen vokalen Gestaltung ergaben.
Am Klavier saß Martin Gallez, der mit einem wunderbar einfühlsamen Anschlag begleitete. Er wirkte in allen Liedern präsent, betonte die Basstöne, spielte die begleitenden Floskeln voller Ausdruck und bot eine voluminöse harmonische Fülle. Besondere Aufmerksamkeit schenkte der Pianist der Dynamik, denn nur durch seine sensibel ausgeloteten Lautstärkenverhältnisse blieb die Textverständlichkeit stets gewahrt. 

Wiener Schmäh in all seinen Facetten

Birgit Plankel, Helmut Lackinger und Martin Gallez spielten bekannte und weniger bekannte Kabarett- und Wienerlieder. Alle Lieder lebten von der klaren sprachlichen Musikalität, einem Markenzeichen des Wienerliedes. Den Abend eröffneten sie mit Denk dir, die Welt wär' ein Blumenstrauß von Hans Toifl und Wenn du an Wien denkst, dann denk auch an mich von Josef Fiedler. Mit Augenzwinkern gestaltete Birgit Plankel das Wienerlied Heut’ kommen d’Engerl auf Urlaub nach Wien des legendären Hermann Leopoldi. Auch sein Lied Schön ist so ein Ringelspiel bot eine amüsante Unterhaltung. In allen Liedern kam die subtile Gesellschaftskritik zum Ausdruck. Wien als Sinnbild der Sehnsucht zeichnete das feinsinnig ausgeformte Lied Wien, du Stadt meiner Träume“ von Rudolf Sieczynski aus. Eine Hommage an Franz Schubert war das schön gestaltete und mit einem Schubert-Zitat endende Lied Das ist der Herr von Schubert von Ernst Arnold. Schwelgerisch stellten die Sängerin und die Musiker Lippen schweigen von Franz Léhar in den Raum, und für zahlreiche Lacher sorgte der Kaffeehäferl-Ländler von Karl Föderl.

Gute Textauswahl und Erzählkunst

Renate Bauer sprach in ihrer hervorragend zusammengestellten Auswahl an Gedichten und Texten eine vielfältige Palette an Themenkreisen an. Sie umfassten Wien als Sehnsuchtsort des Fin de Siècle in Stefan Zweigs Die Welt von Gestern. In Hugo Wieners Geschichte Ich habe eine Auszeichnung bekommen hingen die Zuhörenden an den Lippen der Erzählerin. Mit viel Raffinesse wechselte sie die Rollen und machte Eitelkeiten höchst amüsant erlebbar. Mit feiner Klinge führten auch die Texte von Peter Altenberg, Hans Weigl, Otto Schenk, Josef Weinheber und Friedrich Torberg in die Charaktereigenschaften der gutbürgerlichen Gesellschaft ein. Mit humorvoller Melancholie wurde diese auch kritisiert und mit Alltagskomik, Wiener Schmäh ausdrucksstark illustriert.
Die bittersüße Melancholie des Alten Wien unterstrichen auch Helmut Lackinger und Martin Gallez mit dem berühmten Liebesleid von Fritz Kreisler. Zum Schluss lenkten die Musiker mit Vittorio Montis temperamentvoll gespielten Csárdás und Birgit Plankel mit dem beschwingten Lied Die Juliska aus Budapest von Fred Reymond den Blick nach Ungarn.
Das amüsierte Publikum dankte mit begeistertem Applaus.

 

Teilen: Facebook · E-Mail