Wie eine große Familie
Abonnement-Finale des Kammerorchesters Arpeggione im Jubiläumsjahr 2025
Michael Löbl · Okt 2025 · Musik

„35 Jahre Kammerorchester Arpeggione“ wurde ein Jahr lang gefeiert. Am Samstag vor dem Nationalfeiertag erklang das Finale mit vier Solisten und Werken von G. Rossini, G. F. Ghedini und L. van Beethoven im Palast Hohenems.

„Fantasia“, „Extravaganza“ oder „Träumerei“ lauteten drei der vielsagenden Konzerttitel in der Konzertsaison 2025. Welche Überschriften den Programmverantwortlichen wohl nächstes Jahr einfallen werden? Das Konzert am Samstagabend stand jedenfalls unter dem schlichten wie zutreffenden Namen „Trio Finale“ und wies darauf hin, dass im letzten Konzert des Abonnementzyklus ein Trio den Mittelpunkt des musikalischen Geschehens bilden wird. Und genauso war es dann auch.
Die Geigerin Elisso Gogibedaschwili, Tochter des Arpeggione-Intendanten Irakli Gogibedaschwili, der ungarische Cellist László Fenyő, der im April mit dem Cellokonzert von A. Dvořák auch im Rahmen der Bregenzer Meisterkonzerte zu hören war, und der in Hohenems bestens bekannte Pianist Konstantin Lifschitz, Professor an der Musikhochschule Luzern, waren die Solist:innen in zwei Werken von Giorgio Federico Ghedini und Ludwig an Beethoven. Das Kammerorchester Arpeggione spielte unter der Leitung seines Schweizer Chefdirigenten (und Artist in Residence) Werner Bärtschi. Zunächst gab es aber eine wie immer brillante Konzerteinführung durch Ulrike Neubacher und kurze Dankesworte zum Finale des Jubiläumsjahres von Hausherrin Stéphanie Waldburg-Zeil.

Einmaliges Ambiente

Arpeggione gibt es bereits seit 35 Jahren und funktioniert wie eine große Familie, wie Ulrike Neubacher, Harfenistin und seit 2021 auch stellvertretende Intendantin, betont. Die Abonnementkonzerte im stimmungsvollen Ambiente des Hohenemser Palastes sind meist ausverkauft und bieten eine gesunde Mischung aus Mainstream und Raritäten. Die Fäden im Hintergrund zieht der Verein der Freunde des Kammerorchesters mit Präsidentin Stéphanie Waldburg-Zeil und dem Obmann Josef Kloiber. Sie übernehmen die gesamte Organisation, gestalten Druckwerke, betreuen Musiker:innen, Sponsor:innen und die Presse und kümmern sich um Werbung und Finanzen. Und das alles selbstverständlich ehrenamtlich. Ein Markenzeichen der Arpeggione-Konzerte sind seit einigen Jahren die Konzerteinführungen von Ulrike Neubacher. Kompetent, perfekt vorbereitet und immer humorvoll beleuchtet sie Hintergründe der Kompositionen, zeigt Querverbindungen auf und weist auf Details hin, die selbst musikalisch gebildete Konzertbesucher:innen noch überraschen können.
Diesmal hatte sie es allerdings schwer. Der literarisch-philosophische Hintergrund des „Concerto dell'Albatro“ op. 56 von Giorgio Federico Ghedini für Violine, Cello, Klavier, Sprecher und Orchester basierend auf dem Roman „Moby Dick“ von Herman Melville ist gar nicht einfach in Worte zu fassen. Ghedini unterrichtete Komposition in Turin, Parma und Mailand, wo er 1951 zum Direktor des Conservatorio Giuseppe Verdi ernannt wurde. Zu seinen Schülern zählten unter anderem Claudio Abbado, Luciano Berio oder Niccolò Castiglioni. Das „Concerto dell’Albatro“ ist sein bekanntestes Werk und wurde mehrmals auf CD eingespielt. Obwohl Ulrike Neubacher den Zuhörer:innen die Zusammenhänge zwischen Melville, einem Albatros – übrigens der größte flugfähige Vogel – und dem Stück von Giorgio F. Ghedini plausibel zu machen versuchte, blieben doch viele Fragen offen. Die Verbindung von Musik und Literatur erschloss sich dem Publikum in diesem Fall nicht wirklich und das Werk hinterließ – zumindest beim erstmaligen Hören – einen zwiespältigen Eindruck. Es enthält zwar durchaus einige interessante lautmalerische Effekte, aber auf weite Strecken wirkt Ghedinis Musik statisch und ziemlich langatmig. Auch der Einsatz eines Sprechers im letzten Satz wirkte seltsam aufgesetzt und fügte sich nicht so recht in das musikalische Gesamtbild ein. Der Schauspieler Matthias Peter aus St. Gallen machte seine Sache aber sehr gut und füllte mit seiner ausdrucksvollen Stimme den Rittersaal bis in die letzte Reihe.

Beethoven mit drei Solist:innen

Vorausgegangen war dem Albatros-Konzert die Ouvertüre zur Opera buffa „Der Barbier von Sevilla“ von Gioachino Rossini. Wieder einmal war die Zeit bis zur Uraufführung knapp und der Komponist musste sich auf den letzten Drücker eine Ouvertüre einer seiner älteren Opern „ausleihen“. Obwohl aus diesem Grund kein einziges der Themen dieser Ouvertüre in der nachfolgenden Oper wiederkehrt, ist genau sie als Einstimmung auf den „Barbier“ nicht mehr wegzudenken. Wem das gefallen hat, sollte sich schnell ein Ticket für Götzis besorgen, denn dort wird die ganze Oper in zwei Wochen mit dem Barockensemble Concerto Stella Matutina aufgeführt.
Nach der Pause dann Ludwig van Beethovens Konzert für Violine, Violoncello und Klavier op. 56, besser bekannt unter dem Namen „Tripelkonzert“. Ein wirklich perfekt geeignetes Werk, um einen Zyklus zu beenden und den Abonnent:innen Lust auf das nächstjährige Abo zu machen. Es wurde mit viel Schwung musiziert und das Orchester gab den Solisten Raum, um sich auch in leisen Passagen zu entfalten und niemals forcieren zu müssen, was in der sehr präsenten Akustik des Rittersaales nicht ganz einfach ist. Elisso Gogibdaschwili begeisterte mit ihrem durchgehend strahlenden Klang von der G-Saite bis hinauf in die höchsten Lagen, der Pianist Konstantin Lifschitz agierte souverän, aber nicht besonders feinsinnig. Den schwierigsten Part in Beethovens „Tripelkonzert“ hat zweifellos das Cello. Beethoven hat diese Stimme für den böhmischen Cellisten Anton Kraft geschrieben, der ein Meister des Spiels in der hohen Daumenlage war und mit seinem Stil die Cellotechnik weit vorangebracht hat. Auch das gefürchtete D-Dur Konzert von Joseph Haydn wurde Anton Kraft auf den Leib komponiert. Für den ungarischen Cellisten László Fenyő war das natürlich kein Problem, souverän meisterte er alle Hürden, die Beethoven dem Cello in seinem „Tripelkonzert“ zugemutet hatte. Als Zugabe brillierten die drei Solist:innen im spritzigen Scherzo aus Beethovens offiziell allererstem Werk, seinem Klaviertrio op. 1, Nr. 1.

https://www.arpeggione.at/ 

Teilen: Facebook · E-Mail