Vorarlberger Kunst im Wert von 42.500 Euro angekauft Ariane Grabher · Feb 2023 · Aktuell,Ausstellung

Die Verbindungen zwischen Geld, sprich Bankenwesen, und Kunst gehen historisch weit zurück und sind bis in die heutige Zeit herauf vielgestaltig. Nicht zuletzt ist Kunst, nach Immobilien und Edelmetall, auch eine beliebte Form der Anlage. Vergleichsweise jung im Geschäft, aber auch schon 30 Jahre mit Fokus auf die Region und auf nachhaltige Förderung dabei, ist die Dornbirner Sparkasse. Deren Privatstiftung präsentierte nun Jubiläumsfonds-Preisträger:innen 2022.

Mit ihrem 1992, zum 125-jährigen Bestehen, ins Leben gerufenen Jubiläumsfonds unterstützt die Dornbirner Sparkasse, zuletzt im Jahr 2017, mit Ankäufen zeitgenössisches Vorarlberger Kunstschaffen. 2022 ging der Jubiläumsfonds in die Hände der Privatstiftung Dornbirner Sparkasse über und stellte für das vergangene Jahr beachtliche 42.500 Euro für Kunstankäufe zur Verfügung.

Einreichung von mehr als 300 Kunstwerken

Zwischen Juni und September haben rund 130 Vorarlberger Künstler:innen mehr als 300 Kunstwerke zum Ankauf eingereicht. Die Fachjury unter dem Vorsitz von Roland Jörg (Kulturamtsleiter der Stadt Dornbirn), der außerdem Susanne Fink (Kulturabteilung Land Vorarlberg), Thomas Häusle (Leiter Kunstraum Dornbirn) und Petra Zudrell (Leiterin Stadtmuseum Dornbirn) angehörten, sowie Vertreter:innen der Privatstiftung, hatte also die Qual der Wahl. In einem mehrstufigen Verfahren wurden schließlich insgesamt 11 Preisträger:innen (darunter ein Duo) ermittelt. Es sind dies: Linus Barta, Astrid Bechtold-Fox, Doris Fend, Gabriele Fulterer/Christine Scherrer, Elsbeth Gisinger_Fessler, Drago Persic, Selina Reiterer, Marco Spitzar, Ronja Svaneborg sowie Klara Vith. Die angekauften Kunstwerke wurden gestern, Donnerstag, erstmals seit Bestehen des Preises im Rahmen eines feierlichen Gala-Abends im Dornbirner Hotel Martinspark als Pop-Up-Ausstellung, die Vernissage und Finissage zugleich war, unter Anwesenheit der Kunstschaffenden und im Beisein zahlreicher Gäste vorgestellt. Dass die Werke nach dieser Präsentation nicht im Depot verschwinden, sondern in den Büros und Räumlichkeiten der Sparkasse zu sehen sind, mag ein kleiner Trost sein. Mit den Ankäufen wird weniger ein gezielter Sammlungsaufbau verfolgt, sondern vielmehr so breit als möglich gefördert: So sind in den 30 Jahren seit Bestehen des Jubiläumsfonds Werke von rund 75 Kunstschaffenden im Wert von ca. einer Viertelmillion Euro angekauft worden.

Die Ankäufe

Im fast monochromen Blau verliert sich der Blick im Ölgemälde „LB 3172“ des Bregenzer Malers und Komponisten Linus Barta (1987), das nach etlichen Stationen und Reisen und „einer Zeit, die nie wieder kommen wird“ (Barta) über Leipzig, Portugal und Wien wieder in Vorarlberg angekommen ist. Die Jury lobt die durch Duktus und Pinselführung entwickelte „beeindruckende malerische Kraft und Sogwirkung“ des Werks. Für den Künstler ist Malerei der Versuch, die Welt ein bisschen besser zu machen.
Mit Distanz und Unschärfe, mit Mikro- und Makrokosmos, spielt die fotografische Arbeit „Introspective Landscape (Rose)“ von Astrid Bechtold-Fox (1969). Wie der Untertitel verrät, dienen der Künstlerin Blumenbilder (in diesem Fall rote und gelbe Rosen vor einem blauen Himmel) als Ausgangsbasis. Analog fotografiert, entstehen zarte Übergänge und Farbverläufe, in denen sich die Gegenständlichkeit auflöst und zu einer entrückten Traumsequenz wird.
„Into the blue“ entführt Doris Fend (1966), bildenden Künstlerin und Restauratorin in Vorarlberg und Wien, mit ihrer vierteiligen Reihe von Farbstiftzeichnungen. Auch wenn ihre Kunst, so Fend, absichtslos sei und die Reihe ins Blaue hinein begonnen wurde, zeichnen sich die kleinformatigen Arbeiten als Kombination zeichnerischer und malerischer Elemente durch die gekonnte zeichnerische Ausführung und das spannende Wechselspiel von sattem Delfter Blau und Weißraum aus. 
Seit 2007 bilden die Vorarlbergerin Gabriele Fulterer (1967) und die Salzburgerin Christine Scherrer (1967) ein Künstlerinnen-Duo. Angekauft wurde ein Diptychon aus der Serie „Stud“, die durch außergewöhnliche, ja extravagante Farb- und Materialkombinationen, eine Mischung aus Fashion, Fetisch und Clubszene, aber auch durch Reduktion und Präzision, besticht. Wesentlicher Bestandteil, sowohl formal, als auch inhaltlich und funktional, ist der Spannrahmen, der zusammenführt, was eigentlich nicht zusammengehört.
Nichts mehr und nichts weniger als die Zeit, oder vielmehr den Augenblick, festhalten, will das skulpturale Wandobjekt „10:30:54 – 10:30:57“ der Lauteracher Künstlerin Elsbeth Gisinger_Fessler (1958) – eine Form aus weichem Schaumstoff, mit Kunstharz und Fiberglas gefestigt und verstärkt, mit Autolack überzogen, in einer Eisenhalterung. Genau drei Sekunden dauert die Spanne zwischen zwei Lidschlägen. Die Zeit, in der sich ein Werk im Kopf manifestiert? Die Zeit, der wir alle hinterherlaufen? 
In seiner Werkserie „Ultramarin“ erforscht und dekliniert Drago Persic (1981) den auf Pigmenten basierenden Farbraum vor dem Hintergrund unterschiedlicher farblicher Inszenierungen durch. Auch in den angekauften Gemälden „Ultramaringrün“ und „Neapelgelb“ sind die Faltenwürfe in fotorealistischer Manier perfekt gemalt, wie dramatisch inszenierte Requisiten auf einer Bühne. Persic fokussiert auf die Stofflichkeit der Dinge, seine vergleichenden Untersuchungen sind ein malerisches Erforschen des Zueinanders von Textur, Reflexion, Licht, Schatten und Material. 
Auratisch und von einer farbintensiven Tiefenwirkung sind die Werke aus der Reihe „Sphere“ der Textilkünstlerin und -designerin Selina Reiterer (1985). In der Überlagerung zweier unterschiedlich bedruckter Stoffe (Digitaldruck auf Baumwolle und Polyesterfeingewebe) und durch die leicht versetzten Motive ergibt sich ein Moiré-Effekt.
In die Welt des Flüssigklebstoffes und der Tränen und Melancholie entführt Marco Spitzar (1964) mit seiner auratischen Arbeit „Medizinflasche“ (Buntstift mit UHU auf schwarzem Karton), die aus der Reihe „Black Tears“ stammt und vom Werk „Traurige Tropen“ des französischen Ethnologen und Soziologen Claude Lévi-Strauss inspiriert ist. Hervorzuheben sind das Zusammenwirken von Erzählung und Material sowie die einzigartige Malweise des Künstlers.
Historische Dioramen werden von der aus Dänemark stammenden Ronja Svaneborg (1985) für ihre vierteilige Wandarbeit „Faraway in time, space or sentiment“ einer zeitgenössischen Neuinterpretation unterzogen. Den Ausgangspunkt für die bedruckten, unregelmäßig gefalteten Packpapiertüten bildet ein Foto aus ihrem familiären Umfeld und ihrer Heimat.  
Von Klara Vith (1993) wurde ein Wandteppich in Knüpftechnik angekauft. Zwischen der grundsoliden, handwerklichen Herstellungstechnik und dem in die Arbeit eingeschriebenen bzw. -geknüpften Titel „There Is A Violence To Such Emptiness“ entspannt die junge Künstlerin ein doppelbödiges Spiel, das mit heimatlichen Versatzstücken und Erinnerungsräumen jongliert und in einen ironischen Hinterhalt lockt.

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