Von Wunderkammern, Himmel und Hölle
Ein Rundgang durch fünf „Wunderkammern“ in der Feldkircher Innenstadt sowie das Preisträgerkonzert des Hugo-Wettbewerbes mit dem Titel „Himmel und Hölle“ standen am Samstag auf dem Programm der Montforter Zwischentöne.
Michael Löbl · Nov 2023 · Musik

Gutes Schuhwerk und warme Kleidung waren „strongly recommended“, wenn man sich am vergangenen Samstag bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt auf den Weg machte, um mit Hilfe der Montforter Zwischentöne der Frage „Was trägt?“ auf den Grund zu gehen.

Vor dem Café Feurstein wurde man zunächst mit einem Stadtplan ausgestattet, der den Weg zu fünf bespielten Locations in der Feldkircher Innenstadt wies, „Wunderkammern“ genannt und vom Feldkircher Architekturbüro SAAL Architekten gestaltet. Gemeinsamkeiten dieser Stationen waren die Grundthemen „Innehalten“, „Hören“ oder „Selbstgespräch“ sowie die Tatsache, dass viele Vorarlberger:innen diese Räume vermutlich noch nie betreten hatten oder sogar von ihrer Existenz gar nichts wussten. Jedem dieser Räume war ein Thema zugeordnet und jeder Raum wurde durch Worte, Klänge, Texte und Installationen bespielt. Es war lustig zu sehen, wie kleine Gruppen – vertieft in ihre Stadtpläne – auf der Suche nach den fünf Locations durch die Gassen Feldkirchs streiften.

Besuch im Schwurgericht

Nicht zum lauten Blosengelmarkt in der Fußgängerzone führte der erste Weg, sondern in die Gegenrichtung, zur Station Nummer Fünf, der Fidelis-Kapelle des Kapuzinerklosters bei der Bärenkreuzung. „Stille“ war dort das Thema. Der Raum war mit Sand bedeckt, eine Dame saß auf dem Boden und bediente eine Art Foucaultsches Pendel, eine Soundinstallation sorgte für meditative Stimmung.
Station Vier führte in ein Gewölbe in der Neustadt, wo ein Streichtrio spielte und Texte zum Thema „Freundschaft“ eine Wand bedeckten. Station Drei mit dem Titel „Liebe“ führte die Besucher:innen in die Jugendstil-Turnhalle des Pädagogischen Förderzentrums neben dem Montforthaus. In einer Rauminstallation in Form einer Studentenwohnung sang der englische Countertenor Rupert Enticknap mittelalterliche Liebeslieder in verschiedenen Settings. Station Zwei waren die Übungsräume im vierten Stock der Stella Hochschule bespielt mit Fenstertexten sowie über Kopfhörer mit Sounds von G.F. Händel. Schließlich die spektakuläre Station Eins, der für Normalsterbliche nicht zugängliche Schwurgerichtssaal des Landesgerichtes. Dort konnte das Publikum eine Selbsteinschätzung zu verschiedenen Begriffspaaren vornehmen, sich passend dazu im Saal platzieren und durch die Wahl der Platzierung die vorhandenen Soundflächen verändern.

Schwedische Schlüsselfidel

Zur Prime Time ging es dann in die Stella Musikhochschule, wo die Gewinner des diesjährigen Hugo-Wettbewerbes ihr Preisträgerkonzert zum Thema "Himmel und Hölle" präsentierten. Das Musik-Poesie-Ensemble Lingua:Lyra hatte sich im Finale gegen zwei andere Formationen durchgesetzt. Bereits damals beeindruckten Lingua:Lyra vor allem durch die Verwendung zweier Nyckelharpas, wirklich exotischen skandinavischen Instrumenten, denen man im traditionellen Konzertleben sonst nie begegnet. Was genau sind jetzt eigentlich Nyckelharpas? Es handelt sich um Streichinstrumente ähnlich einer Fidel, bei denen die Tonhöhe aber nicht mit den Fingern auf der Saite sondern durch Tasten verändert wird und deren zahlreiche Resonanzsaiten wie ein natürliches Hallgerät funktionieren. Der Gebrauch dieser Instrumente ist seit dem Mittelalter belegt, gespielt werden sie vor allem in Schweden aber auch in Italien oder Deutschland.
In einer Kombination aus Stimme, Trommel, Barockgitarre, Violine, Orgel präsentierte das Ensemble mit Jule Bauer, Laura Jörres und Johanna Kloser ihre Nyckelharpas mit Musik u. a. von Hildegard von Bingen, Hugo von Montfort und Johann Sebastian Bach bis zu George Gershwin. Im zweiten Teil wechselte man vom Festsaal in die Kapelle (Himmel – Hölle – oder umgekehrt?). Das Besondere an Lingua:Lyra ist neben des Instrumentariums die Einbindung der Spoken-Word-Künstlerin Katharina Wenty in das Ensemble. 

Musik und Spoken Word

Katharina Wenty aus Wien ist mittlerweile ein Star der deutschsprachigen Poetry-Slam-Szene; sie hat zahlreiche Wettbewerbe gewonnen und Auszeichnungen erhalten. In Vorarlberg war sie vor wenigen Monaten gemeinsam mit dem Kammerchor Vocale Neuburg unter Oskar Egle und dem Programm „STIMMEN für unsere ERDE“ am weltweiten Mother Earth Day zu erleben. In den Programmen von Lingua:Lyra geht es um die Vereinigung der Texte von Katharina Wenty zum Thema des Abends mit Musik aus verschiedenen Epochen und darum, musikalisch auf die Worte der Poetin und ihre Bedeutung zu reagieren. Das Publikum ließ sich auf dieses ungewöhnliche Konzertformat ein und reagierte mit Standing Ovations.

https://www.montforterzwischentoene.at
https://lingualyra.com/

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