Tobias Hoffmann Jazz Orchestra: „Innuendo“ Peter Füssl · Nov 2024 · CD-Tipp

„Die fließende und sich ständig weiterentwickelnde musikalische Landschaft, die Tobias Hoffmann geschaffen hat, führt den Hörer auf eine Reise voller Wunder und Überraschungen. Die Kompositionen sind unglaublich gut durchdacht und von einer tiefen Kenntnis der Sprache des zeitgenössischen Großensemble-Jazz geprägt. Die ausgezeichneten Arrangements fügen Schichten von gewundenen Gegenmelodien und rhythmischen Drive hinzu, und die eleganten Orchestrierungen fügen dieser unglaublich lebendigen Musik eine Fülle von farbigen Texturen und Klangfarben hinzu.“

Diesem Lob aus dem Munde des bei uns vor allem als Posaunist des Vienna Art Orchestra bekannt gewordenen Amerikaners Ed Partyka, der an der Uni Graz Jazztheorie, Komposition und Arrangement unterrichtet, die Jazzorchester von Zürich und Helsinki leitet und als Schüler des legendären Bob Brookmeyer zu den absoluten Fachleuten in diesem Bereich zählt, sagt eigentlich schon alles über das zweite Orchester-Album „Innuendo“ seines Meisterschülers, des erst 36-jährigen Tobias Hoffmann, aus. Das fast zehnminütige Titelstück wurde heuer beim Downbeat Student Music Award als „Best Composition“ für Großensembles ausgezeichnet und ist Hoffmanns fulminante Hommage an die legendäre Rock-Band Queen. Von der stilistischen Vielfalt, den raffinierten Arrangements, dem expressiven Altsax-Solo von Florian Trübsbach und der soundmäßigen Farbenpracht des 18-köpfigen Orchesters wäre Herr Mercury sicher begeistert gewesen. Auch die folgenden sieben Eigenkompositionen des aus Göppingen stammenden und in Graz lebenden Saxophonisten, Komponisten und Arrangeurs sind durch einen perfekten Mix aus Sophistication und gehörgefälliger Experimentierlust geprägt. Vom energievollen „No Way Back“, das ganz schön tricky mit unerwarteten Wendungen und ungewohnten, öfters wechselnden Metren verblüfft, bis zu den gefühlvollen, eher nach klassischer Jazzorchester-Literatur klingenden Balladen „Sanctuary“ und „The Lake“ – letztere gibt ein winterliches Stimmungsbild vom Attersee wieder. Mit „Convictions“ führt Hoffmann eine Übung Bob Brookmeyers, nämlich einer Komposition eine nur auf weißen Tasten gespielte Melodie zugrunde zu legen, zur Perfektion. Um nichts weniger spannend klingt auch der gut 12-minütige, unterschiedlichste musikalische Entwicklungen durchlaufende Closer „Perseverance“. Der exzellente Band-Sound wird durch ebensolche Soli – unter anderem von Altsaxophonist Patrick Dunst, den Trompetern Jakob Helling, Gerhard Ornig und Florian Menzel oder von Posaunist Robert Bachner – imposant veredelt. Ein Hörvergnügen, nicht nur für Fans des großorchestralen Jazz!

(Mons Records)

 Dieser Artikel ist bereits in der Print-Ausgabe der KULTUR November 2024 erschienen.

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