"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Dagmar Ullmann-Bautz · 22. Feb 2019 · Theater

Grotesk schräge Theatershow – UNPOP mit „Der große Marsch“ von Wolfram Lotz

Ist ein unmögliches Theater möglich? Laut Autor Wolfram Lotz: „Ja.“ - Und man sollte ihm das glauben, auch wenn es keinen Grund dafür gibt. Wolfram Lotz, 1981 in Hamburg geboren und im Schwarzwald aufgewachsen, gewann mit seinem ersten Stück „Der große Marsch“ den Kleistförderpreis sowie den Publikumspreis des Berliner Stückemarktes und wurde zum „Nachwuchsdramatiker des Jahres“ gekürt. Nachdem das Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung, kurz UNPOP, mit den Stücken „Die lächerliche Finsternis“ und „Einige Nachrichten aus dem All“, beide von Wolfram Lotz, große Erfolge feiern konnten, bringen die jungen Theatermacher nun auch sein Stück „Der große Marsch“ zur Aufführung. Die bejubelte Premiere fand gestern auf der Hinterbühne des Dornbirner Kulturhauses statt.

Besonderer Humor

Unter dem Motto „Je schräger umso besser!“ lieferten die Theatermacher Stephan Kasimir (Regie) und Caro Stark (Ausstattung) mit „Der große Marsch“ ein weiteres Mal den Beweis, dass das Duo mit außergewöhnlichen Texten ganz wunderbar umgehen kann. Und, dass ihr Humor, von dem sie eine ganze Menge haben, ein besonderer ist!
Gespielt von einem spannenden Schauspielensemble, beschert „Der große Marsch“, einen Theaterabend, der entwirrt werden will wie ein buntes Weihnachtsbeleuchtungsbündel und doch als Ganzes nicht fassbar und tatsächlich ein großer Marsch voller Überraschungen bleibt.

Glanz und Glitter

Niemals wird es langweilig, ständig ist man aufs Neue gefordert, man erlebt großartige SchauspielerInnen, hört tolle Musik, wird von Glanz und Glitter fast geblendet. „Der große Marsch“ gerät zur Theatershow, zur Revue, moderiert von einer fantastischen Christina Scherrer, die vom Anfang bis zum Ende alle Register menschlicher Emotionen zieht. Eine Show, die absolut verrückt ist, wahnsinnig unterhaltsam, manchmal voll peinlich, immer hart an der Grenze, berührend, aufwühlend, anregend und vieles mehr.
Was das Stück nicht tut, es erzählt keine große Story und dennoch viele kleine und kleinste Geschichten, wie die von Patrick S., der seine Schwester liebt, mit ihr Kinder hat und dafür im Gefängnis war oder die Geschichte über den Autor selbst, der sich mit aller Energie am Theater abarbeitet. Beide Figuren wurden von Anwar Kashlan gespielt, großartig und ergreifend.

Schlange und Meerjungfrau

Der achtjährige Taiyo Marquez Suitner eröffnet den Theaterabend mit seinem Prolog und dies bemerkenswert souverän. Jens Ole Schmieder als Josef Ackermann amüsiert köstlich, bewegt auch als in den Rollstuhl gefesselter Lyriker. Maria Fliri beweist ihre enorme Vielseitigkeit und Verwandlungskunst nicht zum ersten Mal. Auch der Regisseur wurde vom Autor ins Stück geschrieben und so darf sich Luis Lüps an dieser Herausforderung abarbeiten und überzeugt auch als verzweifelter Prometheus auf der ganzen Linie. Auch die Figur der Mutter des Stückeautors darf in diesem Wahnsinnsreigen nicht fehlen, super gespielt von Helga Pedross, deren akustische Darstellung der Schlange, die vom Theaterhimmel herunterzüngelt, ein weiteres Highlight war. Und Robert Kahrs singende Meerjungfrau wird man wohl kaum so schnell vergessen!

Kostüm- und Maskenschlacht

Man darf den SchauspielerInnen nicht nur für ihre Darstellungen auf der Bühne gratulieren, sondern auch für die zu bewältigende Kostüm- und Maskenschlacht dahinter. Dass vorne das glitzernde Bühnenbild von Caro Stark so richtig erstrahlte und zur Geltung kam, dafür sorgte Andreas „Phoenix“ Hofer großartig mit seinen gekonnt eingesetzten Lichtspielen.
Das Publikum bejubelte die Premiere ausgiebig, diskutierte schon beim Rausgehen und noch lange danach.

Weitere Vorstellungen:
23./24./26./27./28.2., jeweils um 20 Uhr
Kulturhaus Dornbirn