Tarkowski – Musik, Texte und Filmausschnitte zwischen Wunder und Wahrheit Silvia Thurner · Mär 2023 · Musik

Zahlreiche Film- und Musikinteressierte folgten der Einladung ins Dornbirner Kulturhaus zu einer Hommage für den Filmemacher Andrej Tarkowski. Dorthin lud das Duo Gazzana im Vorfeld der Vernissage zur Ausstellung „The Mirror of Memories“ im Flatz Museum. Der Sohn des Starregisseurs, Andrej A. Tarkowski, hatte die künstlerische Leitung der dichten Performance aus Musik, Film und Lesung inne. Kongenial zu den Kompositionen von Bach, Silvestrov, Pärt und Messiaen passend, wurden Filmsequenzen zugespielt. Durch die ruhige und stets transparente Spielart von Natascia Gazzana (Violine) und der Pianstin Raffaella Gazzana bildete sich ein inspirierendes, aber auch herausforderndes Gesamtwerk aus Ton, Bild und Sprache. Passagen aus Tarkowskis Buch „Die versiegelte Zeit“ las Robert Schneider und gewährte damit spannende Einblicke in die Filmästhetik.

Andrej Tarkowskis Filme leben allesamt von der Stille, in die die Betrachter:innen mit langsamer Kameraführung geleitet werden, und zugleich von der Musik, die bei der Bildbetrachtung eine große Wirkung verströmt. Besonders Werke von Johann Sebastian Bach dienten dem Regisseur dazu, szenisch dargestellte Denkwelten zu umreißen. So bildeten die langsamen Sätze aus den Sonaten Nr. 3 und Nr. 4 (BWV 1016 und BWV 1017) von Johann Sebastian Bach auch Grundpfeiler der Performance. In Erinnerung blieben Zitate aus den Filmen „Ivans Kindheit“ und „Opfer“, während Werke von Bach erklangen, denn vor allem zwischen ihnen stellte sich eine Kongruenz von Filmausschnitten und Themengestalten der Kompositionen ein.
Einen tiefen Eindruck hinterließen die Werke „Spiegel im Spiegel“ sowie „Fratres“ von Arvo Pärt. Die Klarheit des musikalischen Stils, die warme Tongebung der Violine und die Kraft des Klavierklanges standen in einer ausgewogenen Balance zu den Filmsequenzen. Konzentriert und sehr aufeinander bedacht, entfaltete das Duo Gazzana die Musik. Während die Violine und das Klavier in „Fratres“ die irisierenden Flächen und in sich ruhenden Flageolettpassagen in gutem Einverständnis miteinander entfalteten, lenkten die Heerscharen und das düstere Ambiente aus dem Film „Andrej Rubljow“ die Aufmerksamkeit auf sich. Genauso spannend und in guter Verbindung miteinander interpretierten Natascia und Raffaella Gazzana die „Hommage á J.S.B.“ von Valentin Silvestrov sowie Teile aus den „Variations“ von Olivier Messiaen. Zu diesen Werkdeutungen wurden Filmsequenzen aus Tarkowskis Filmen „Spiegel“, „Stalker“, „Solaris“ und „Opfer“ zugespielt.

(Zu)viel Information

Zwischen den Darbietungen las Robert Schneider Ausschnitte aus Tarkowskis Buch „Die versiegelte Zeit“. Darin hat der Regisseur die Gedanken seiner Filmästhetik sowie zahlreiche weitere philosophische, politische und religiöse Überlegungen niedergeschrieben. Die Ausführungen zur Wahrheitssuche und jene Passagen, in denen Tarkowski darlegte, in welcher Art ein Künstler das Leben selbst erschaffe, von der Liebe und der Opferbereitschaft, luden zum Weiterdenken ein. Teilweise waren die gelesenen Passagen allerdings zu ausführlich, so dass das Konzert den Charakter einer philosophisch kunstästhetischen Vorlesung annahm.
Tarkowski legte in seiner Schrift auch dar, dass er die Natur und das Naturgeschehen wie Regen und Wind nicht als Symbole, sondern in der unmittelbaren Schönheit abbilden wolle. Doch zwischen dem Gesagten, dem Gesehenen und dem Gehörten bildete sich eine eigenartige Diskrepanz.

Tipp
Tarkowski-Filme des Filmkulturclubs Dornbirn, Cinema 2000
Solaris, Mittwoch, 15.3., 18.00 Uhr | Donnerstag, 16.3-, 19.30 Uhr
Stalker, Mittwoch, 29.3., 18.00 Uhr | Donnerstag, 30.3., 19.30 Uhr
Nostalghia, Mittwoch, 19.4., 18.00 Uhr | Donnerstag, 20.4., 19.30 Uhr

Andrej Tarkowski: „The Mirror of Memories”
von 12.3. bis 13.5.23
Do 17 – 20, Fr 15 – 17, Sa 11 – 17 Uhr
Flatz Museum, Dornbirn

https://www.flatzmuseum.at/aktuelle-ausstellung

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