Eine Abschieds-Saison der Superklasse
Nach zehn Jahren an der Spitze des TAK Theater Liechtenstein verabschiedet sich Intendant Thomas Spieckermann mit einer hochkarätigen letzten Spielzeit.
Anita Grüneis ·
Jun 2025 · Aktuell
Seine letzte Saison ist voller Überraschungen. So finden sich beispielsweise im Schauspiel-Abonnement zwei Uraufführungen und bei den Weltklassik-Konzerten kommt noch einmal die phänomenale Martha Argerich auf die Bühne des TAK. Das Motto der Saison 2025/26 – „Unter Menschen ist alle Wonne und aller Schmerz“ – stammt aus einem Briefroman von Friedrich Hölderlin.
Begonnen hat es im Jahr 2015 mit dem Motto „Von Mensch und Wurzeln“. Dabei wurde im TAK Programm ein Blick darauf geworfen, was den Menschen ursprünglich und zeitübergreifend ausmacht. Viele Stücke setzten sich mit fundamentalen Fragen der menschlichen Existenz auseinander, nun wurde das Thema „Unter Menschen ist alle Wonne und aller Schmerz“ gewählt. Dazu Thomas Spieckermann: „Friedrich Schiller legte seinem Don Karlos eine ähnliche Idee in den Mund ,Ein Augenblick, gelebt im Paradiese / wird nicht zu teuer mit dem Tod gebüßt‘. Zwischen Sturm und Drang, Ideendrama und der Romantik ist viel Raum für Extreme im Denken und Fühlen“.
Und so beginnt seine letzte Saison mit „Zeiten des Aufruhrs“ von Richard Yates, einem Roman, den Spieckermann selbst für die Bühne adaptierte. Einigen mag die Geschichte durch die Verfilmung („Revolutionary Road“) mit Kate Winslet und Leonardo di Caprio bekannt sein. Die Uraufführung der neuen Bühnenfassung wird Oliver Vorwerk inszenieren. Auch bei Schillers „Don Karlos“, das im Januar auf der TAK-Bühne gezeigt wird, wird Oliver Vorwerk Regie führen. Und auch dieses Stück hat eine neue musikalische Fassung bekommen, die vom Intendanten selbst und der Sängerin Karin Ospelt stammt. Im April folgt eine weitere Uraufführung: „A Single Man“ nach dem Roman von Christopher Isherwood, ebenfalls in einer neuen Bühnenfassung von Thomas Spieckermann und von Oliver Vorwerk inszeniert.
Aus Liechtenstein nach Wien und zurück
Neben diesen drei Eigenproduktionen zeigt die Liechtensteiner Schauspielerin Sarah Viktoria Frick (seit 2009 Ensemblemitglied des Burgtheaters) zum Abschluss der Saison zwei Gastspiele, die sie gemeinsam mit ihrem Mann Martin Vischer erarbeitete. Über das Stück „Das Boot – Männer mit Tiefgang“ schrieb der „Der Standard“: „In ihrer klaustrophobischen Komödie zeigen sie, was mit Männern passiert, wenn sie unter Druck geraten, wenn zu viel Nähe, übersteigerte Männlichkeit, Machtgehabe und Körpersäfte die Nerven sprengen.“ Das zweite Werk „Terminator – Jugdement Play“ haben Frick und Vischer selbst geschrieben. Es thematisiert den Traum der Menschheit vom Roboter als Freund und Helfer. Dazu schreibt Stefan Weiss: „Wie bereits in ,Das Boot‘ arbeitet das Regieduo mit altbewährten Methoden des Slapstick-Humors wie der absurden Wiederholung immer gleicher Szenen.“
Des Weiteren wird im November in einer Kooperation mit der Universität St. Gallen „Oleanna. Ein Machtspiel“ von David Mamet gezeigt. Das Burgtheater Wien gastiert im Februar mit „Schachnovelle“ in einer Inszenierung von Nils Strunk und Lukas Schrenk. In einer Kooperation mit dem Théâtre National du Luxembourg kommt „Anna Karenina“ und das Theater Basel zeigt im Mai seine packende Inszenierung des Stücks „Die Krume Brot“ von Regisseur Antú Romero Nunes.
Weltklassik Konzerte mit Raritäten
Im musikalischen Sektor ist das Klassik Programm so ambitioniert wie das des Jazz. Den Auftakt macht das Sinfonieorchester Liechtenstein unter der Leitung von John Axelrod mit David Greilsammer am Klavier. Sie interpretieren Bela Bartoks 3. Klavierkonzert und das Stück „Die Planeten“ von Gustav Holst. Selten gehört ist diese siebenteilige Orchestersuite, komponiert während des ersten Weltkriegs, ein brillant orchestriertes und höchst wirkungsvolles Werk. Im November gastiert die norwegische Sängerin Rebekka Bakken mit einem Bigband-Jazz-Konzert im Vaduzer-Saal und am 2. Dezember darf sich das Publikum mit den Wiener Sängerknaben schon mal auf die Adventszeit einstimmen. Im Januar steht dann Wilhelm Tell im Zentrum des Swiss-Orchestra-Konzerts mit der brillanten Pianistin Olga Scheps. Neben Rossinis „Tell“-Ouvertüre und Hans Hubers „Tell“-Sinfonie erklingt Tschaikowskis 1. Klavierkonzert, dirigieren wird Lena-Lisa Wüstendörfer.
Pianospiel vom Feinsten
Auch die 84-jährige Martha Argerich hat sich noch einmal auf eine Abschiedstournee gemacht. Vor zwei Jahren gastierte sie in Vaduz und es gefiel ihr so gut, dass sie nun noch einmal kommt, wieder mit dem Orchester European Philharmonic of Switzerland, dirigiert von ihrem Ex-Mann Charles Dutoit. Gemeinsam mit der Pianistin Anastasia Voltchok wird sie das Konzert für zwei Klaviere von Francis Poulenc interpretieren. Opernfans dürfen sich auf den März freuen, dann singt die 30-jährige Sopranistin Chelsea Marilyn Zurflüh Arien, die ihr persönlich viel bedeuten, sie aber auch herausfordern. Die Bernerin mit einer Mutter aus den Seychellen ist auf dem besten Weg zu einer Weltkarriere. Konzerte im April und Mai mit dem Vancouver Symphony Orchestra und dem Geiger James Ehnes, dem Festival Strings Lucerne mit Daniel Dodds am Dirigentenpult und Anneleen Lenaerts an der Harfe sowie dem Münchener Kammerorchester mit Sebastian Bohren an der Violine runden diese Weltklassik Saison 2025/26 ab.
Und auch sonst viel los
Ein kurzer Blick auf das sonstige TAK-Musik-Programm: Das Alfredo Rodriguez Trio spielt im November seinen furiosen Jazz, im Chanson zuhause ist Meret Becker mit ihrem Programm „Nachtblau – Chanson für eine Abwesende“. Für schwarze Romantik sorgen im Dezember „The Beauty of Gemina“ mit dem Liechtensteiner Michael Sele und der Schauspielerin Katharina Thalbach, die Schauergeschichten und Märchen der schwarzen Romantik lesen wird. Eher heiter hingegen das Konzert mit dem Ukulele Orchestra of Great Britain, das im Februar gastiert. Dazu gibt es Afro-Jazz, Folk aus Bosnien, Scottish Folk, Kubanisches, Walzer mit Sophie Hunger und Mundart Rock aus Liechtenstein mit Rääs.
Ein reichhaltiges Kabarett- und Comedy Programm, unter anderem mit Patrizia Moresco, Christoph Sieber, Sarah Hakenberg, Josef Hader, Ursus und Nadeschkin sowie Lapsus bringen den Humor ins TAK, ein entsprechend üppiges Kinder- und Jugendprogramm, von den Kleinsten bis zu den Größten, sorgt schon mal für den Publikums-Nachwuchs im TAK Theater Liechtenstein.