Ensemble UNPOP „schlammland gewalt“: Felix Römer (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 29. Sep 2025 · Musik

Sympathische Ausstrahlung, zurückhaltender Ausdruck

Gedämpfte Stimmung beim ersten Abokonzert des Symphonieorchesters Vorarlberg

Einen eher fahlen Eindruck hinterließ das erste Konzert der neuen Abonnementsaison des Symphonieorchesters Vorarlberg. Zwar enthielt das Programm sogar die österreichische Erstaufführung des Violinkonzerts von Ursina Maria Braun, doch das feingliedrige Werk entpuppte sich als ungeeignet für die Aufführung im großen Saal des Bregenzer Festspielhauses. Vom Konzertmeisterpult aus leitete die Violinistin Lorenza Borrani das Orchester. Sie führte die Musiker:innen mit Esprit und motivierte sie zu sensiblen Spielarten in einem kammermusikalischen Geist. Dies verlieh Rossinis Ouvertüre „Il Barbiere di Siviglia“ und Schuberts fünfter Symphonie (D 485) zwar einige Raffinesse, insgesamt wirkten die Werkdeutungen jedoch zu sehr auf Sicherheit bedacht.

Ursina Maria Braun komponierte das Violinkonzert im Jahr 2023 für ihre Freundin, die Violinistin Lorenza Borrani. Das dreiteilig angelegte Werk wirkte ausdrucksvoll und passend für die Musikerin, gut nachvollziehbar kristallisierten sich unterschiedliche Kommunikationsmuster heraus. Mit resoluten Quinten forderte die Solistin ihre Mitmusizierenden heraus. Launig antwortete das Streichorchester und weckte damit die Neugier, wie sich der musikalische Dialog weiter entwickeln würde. Allmählich näherten sich die Solostimme und der Orchesterpart, die Einzelne und das Kollektiv, einander an. Dies geschah mit feinsinnigen Spieltechniken, wie Flageoletts, verschieden ausgeformten Pizziccati vor und hinter dem Steg, Tremoli sowie perkussiven Passagen, die besondere Aufmerksamkeit erregten. Mit einer humorvollen Geste pfiff die Solistin ihre Musikpartner:innen zurück.
Wie ein Schatten agierte das Streichorchester im Mittelteil, wo kleine Motive unterschiedliche Klangcharaktere annahmen. Abschnittsweise wirkte der musikalische Fluss etwas langatmig. Schließlich mündete das Violinkonzert in eine im Pianissimo geführte melodische Linie, die mit feinsten Liegetönen unterlegt war. Insbesondere dieser Abschnitt machte deutlich, dass das eher kammermusikalisch angelegte Werk nicht für eine derart große Bühne geschaffen ist. Die sich subtil verändernden Klangqualitäten waren auf Distanz kaum wahrnehmbar. Weil eine Saite gerissen war, musste Lorenza Borrani die Komposition mit dem Instrument einer Kollegin zu Ende führen. Und zudem mischte sich das Geräusch der Saallüftung sehr störend in das leise Klanggeschehen ein. Schade um die an sich reizvolle Komposition.

Mit Eigenverantwortung jeder und jedes Einzelnen

Das Prinzip des „Play and Conduct“ wird derzeit vielerorts praktiziert. Es bietet unter anderem zwei Vorteile: Die Orchestermusiker:innen können im gemeinsamen Spiel ihre Eigenverantwortung ausleben und orientieren sich eher an einer kammermusikalischen Musizierhaltung. Überdies sparen die Verantwortlichen die Kosten für das Dirigat. Allerdings birgt dieses Prinzip auch Risken, besonders im Hinblick auf die musikalische Kongruenz.
Das Symphonieorchester Vorarlberg und Lorenza Borrani eröffneten das Konzert mit der schwungvollen Ouvertüre „Il Barbiere di Siviglia“ von Giacchino Rossini. Doch gleich der Fortissimo-Eröffnungsakkord mit 1/16-Auftakt klang nicht „standhaft“ genug und verunsicherte wohl die Musiker:innen. In einem zurückhaltenden Duktus entfaltete das Orchester die langsame Einleitung mit viel Bedacht auf eine ausgewogene Pianokultur. So kam die anschließende Steigerung hin zum Allegro gut zur Geltung und die Ouvertüre entfaltete, gespickt mit schönen Soli der Holzbläser, ihre mitteilungsfreudige Wirkung.
Mit derselben Musizierhaltung interpretierten Lorenza Borrani und das SOV auch Franz Schuberts fünfte Symphonie. Transparente Themenführungen und dynamische Kontraste mit aufmerksamer Kommunikation zwischen den Stimmgruppen belebten das Werk. Die Schwierigkeit einer exakten Linienführung zeigte sich in den chromatischen Schüben des Andante con moto, wo die Bläser:innen den Streicher:innen „nachhinkten“, sowie in der eher diffus ausgeformten synkopierten Passage des Allegro vivace. Einige Feinheiten verliehen der Interpretation Schwung, doch der Funke zum Publikum sprang nicht über, wohl auch deshalb, weil die Musiker:innen zu sehr auf Sicherheit bedacht musizierten.