Standing Ovations für ein Meisterwerk
„The perfekt Moment“ von Tobias Fend feiert eine glänzende Uraufführung am Vorarlberger Landestheater
Dagmar Ullmann-Bautz ·
Jun 2024 · Theater
Mit „The perfekt Moment“ von Tobias Fend feierte das Vorarlberger Landestheater am gestrigen Samstag nicht nur eine beeindruckende Uraufführung, sondern auch den perfekten Abschluss der Spielsaison 2023/24. Die Auftragsarbeit an den Autor Tobias Fend und die Regisseurin Danielle Fend-Strahm wurde vom Premierenpublikum mit minutenlangen Standing Ovations gefeiert.
Über die Liebe und die Hingabe zur Kunst
„The perfekt Moment“ ist ein Theaterstück mit Musik, das die Geschichte von Patti Smith und Robert Mapplethorpe erzählt: ihr Kennenlernen, ihre Liebe, ihre künstlerische Entwicklung, ihr Erfolg als Lyrikerin und Rockmusikerin beziehungsweise als Fotograf. Patti Smith, 1946 geboren und in bescheidenen Verhältnissen in New Jersey aufgewachsen, zieht mit knapp 20 Jahren nach New York, um Künstlerin zu werden. Schon bald lernt sie den jungen Robert Mapplethorpe kennen und lieben. Auch er, wohlbehütet in konservativen Verhältnissen aufgewachsen, strebte seit jungen Jahren danach, ein anerkannter Künstler zu werden. Das Paar zieht zusammen, kämpft mittellos und oft Hunger leidend, angetrieben von ihrer unerschöpflichen Energie und Hingabe zur Kunst. Beide sind sich gegenseitig Motor und Halt und gemeinsam erreichen sie, wovon sie immer geträumt haben. Als ihre Beziehung sich wandelt, Robert sich als homosexuell outet und Patti den Gitarristen Fred „Sonic“ Smith heiratet und mit ihm zwei Kinder bekommt, bleibt ihre Verbindung und Liebe zueinander weiterhin bestehen. Patti Smith avanciert zur „Godmother of Punk“, etabliert sich als Ikone der Frauenbewegung und füllt noch heute Konzerthallen. Robert Mapplethorpe entwickelt sich vom bildenden Künstler zu einem der gefragtesten Kunstfotografen seiner Zeit. Er lebt ein exzessives Leben und stirbt mit gerade einmal 42 Jahren an AIDS.
Perfekt funktionierender Text und einfühlsame Regie
Tobias Fend hat diese Geschichte in ein perfekt funktionierendes und unterhaltsames Stück verpackt, berührende wie auch humorvolle Szenen hineingeschrieben und Songs der Zeit dazugemischt, sodass der intensive Weg und die besondere Beziehung der Künstlerpaars anschaulich und differenziert nachgezeichnet wurde. Der einfühlsamen, liebevollen und äußerst genauen Arbeit von Regisseurin Danielle Fend-Strahm ist es zu verdanken, dass die Geschichte auch auf der Bühne ihre volle Wirkung entfaltet. Im sehr einfachen, zweckmäßigen und doch wunderschönen Bühnenbild von Matthias Strahm, großartig, punktgenau und strahlend ausgeleuchtet von Simon Prantner, erlebt das Publikum einen Abend voller mitreißender Emotionen.
Großartige, mitreißende Musik
Die Band auf der Bühne begeistert! Unter der musikalischen Leitung von Oliver Rath beeindrucken Yenisey Rodriguez am Cello, Marcello Girardelli am Bass, Martin Grabher am Schlagzeug, Hanno Ölz am Keyboard und Oliver Rath selbst an der Gitarre. Bekannte Songs der 68er von The Byrds, Bob Dylan, The Rolling Stones, MC5, The Velvet Underground & Nico, Harry Nilsson und natürlich von Patti Smith werden zum Besten gegeben, großartig arrangiert und interpretiert von den Musiker:innen, hin- und mitreißend gesungen von den Schauspieler:innen.
Wunderbares und überzeugendes Ensemble
Das gesamte Ensemble überzeugt auf ganzer Linie. Isabella Campestrini setzt Körper und Stimme perfekt ein, begeistert hinterm Mikrofon ebenso wie in den vielen kleinen Rollen, an denen man sich kaum sattsehen kann. Auch Nurettin Kalfa ist ein wahres Verwandlungstalent, immer mit vollem körperlichem und stimmlichem Einsatz. Das Trio vervollständigt Nico Raschner mit seiner wunderbaren Bühnenpräsenz, stimmlichen Stärke und Intensität.
Und dann sind da noch Jeanne Devos und Luzian Hirzel auf der Bühne, die in und mit ihren Figuren – Patti Smith und Robert Mapplethorpe – aufgehen und verschmelzen. Jede Sekunde ihres Spiels ist ein „perfekter Moment“! Wenn Luzian Hirzel als Robert lächelt, lächelt man mit, wenn er leidet, leidet man mit, wenn er singt, hält man den Atem an. Wenn Jeanne Devos als Patti erzählt, spitzt man die Ohren, wenn sie Gedichte rezitiert, wünscht man sich, dass sie nie aufhört, und wenn sie singt, hört und sieht man Patti Smith selbst.
Einmal sehen ist zu wenig!
Nach diesem Abend will man mehr! Ein Kollege meinte nach der Vorstellung im Foyer: „Können wir nicht nochmal reingehen und mehr davon bekommen!“ Ein großes Dankeschön an die Intendanz für die Idee, diesen Auftrag zu vergeben, und ein Bravo und Chapeau dem gesamten Team und Ensemble!
Vorarlberger Landestheater: „The perfect Moment“ von Tobias Fend
weitere Vorstellungen: 21./23./25./27./29.6. jeweils 19.30 Uhr
Theater am Kornmarkt, Bregenz
https://landestheater.org/spielplan/detail/the-perfect-moment/