Spätromantische Leidenschaften
Ensemble Louise Farrenc inspirierte mit selten zu hörenden Werken
Silvia Thurner · Jun 2025 · Musik

Französische Kammermusik bot das Ensemble Louise Farrenc den Zuhörenden beim vierten Pforte-Abonnementkonzert im Feldkircher Pförtnerhaus. Marina Grauman und Raul Campos (Violine), Klaus Christa (Viola), Mathias Johansen (Violoncello) sowie Katya Apekisheva (Klavier) interpretierten das vierte Klavierquartett, op. 124 von Melanie Bonis sowie das Klavierquintett in f-Moll von César Franck. Mit ihrer intensiven Spielart reizten sie die musikalisch aufgewühlten Gefühlslagen in beiden Werken mitreißend aus. Das Publikum dankte für die temperamentvollen und ausdrucksstarken Werkdeutungen mit jubelndem Applaus.

Der renommierte Organist und Komponist César Franck war vom außergewöhnlichen Talent der Pianistin und Komponistin Mélanie Bonis fasziniert. Nach Kräften unterstützte er die junge Künstlerin, sodass die Hochbegabte als einzige Frau ins Pariser Conservatoire aufgenommen wurde. Mélanie Bonis wiederum verehrte ihren Mentor, sie war begeistert von seiner Musik und betrachtete ihn als großes künstlerisches Vorbild. Das im Rahmen des Pforte-Konzertes dargebotene Klavierquartett, op. 124 machte diese Wertschätzung deutlich. Die beiden sowohl für die Musiker:innen als auch für die Zuhörenden höchst anspruchsvollen Kompositionen waren somit hervorragend aufeinander abgestimmt und ermöglichten spannende Hörerlebnisse.
César Francks Klavierquintett in f-Moll ist ein Monumentalwerk. Darin changiert der Komponist mit ausgeprägten Gegensätzen zwischen dramatischen Ausbrüchen, unruhigen Steigerungen und lyrisch verklärten Klanginseln. Genau diese Charakteristika kristallisierte das Ensemble Farrenc mit seiner intensiven Spielart heraus. Emotional aufgeladen erklangen die Ecksätze, in denen sich Marina Grauman und Raul Campos (Violine), Klaus Christa (Viola) sowie Mathias Johansen (Violoncello) von der Pianistin Katya Apekisheva in den schubartig aufgebauten Passagen mitreißen ließen.
Die Polarität der Themencharaktere lotete Marina Grauman an der ersten Violine mit zurückhaltender Pianokultur aus. Mitunter agierte sie aber in ihrer Position als Primgeigerin etwas zu zurückhaltend. Allerdings wirkten genau dadurch die Steigerungen zu leidenschaftlichen Aufschwüngen umso dramatischer und die Musik nahm orchestrale Züge an. Lyrisch und ebenso von der feinsinnig phrasierenden ersten Geige geprägt, erklang das Lento. Etwas forcierter formten die Partner an den Streichinstrumenten die musikalischen Verläufe und verwoben die melodischen Linien in einem kommunikativen Zusammenwirken. Besonders in Erinnerung blieb eine ganz spezielle Passage: Die Musiker:innen entfalteten pulsierende Klangflächen und dazu tschilpte ein erregter Spatz, der durch die geöffneten Fenster zu hören war.

Am Orgelklang orientierte Klangfarben

Vor allem flächige Klanggebilde erinnerten auch daran, dass César Franck seine Musik weitgehend als Organist anlegte und instrumentierte. Er baute Töne in Schichten aufeinander und erzielte damit einen fulminanten Klangfluss. All diese Qualitäten kristallisierten die Musiker:innen mit flirrenden Tonbewegungen, spannungsgeladen, mit intensiven Bogenstrichen sowie einem stark kontrastierenden Klavierpart profiliert heraus. Begeisterung löste auch die quirlig ausgeformte, rhythmische Straffung am Schluss aus.

Dicht verwobene Linien

Dass Mélanie Bonis von der Satztechnik ihres Mentors César Franck maßgeblich inspiriert wurde, war in der Interpretation des Klavierquartetts, op. 124 gut nachzuvollziehen. Die Komponistin selbst bezeichnete das wenige Jahre vor ihrem Tod entstandene Werk als ihr künstlerisches Testament. Vor allem die Rolle des Klavierparts in Verbindung mit parallel geführten Streicherlinien sowie flächige Klangfarbenwirkungen deuteten auf Anleihen an ihr Vorbild hin.
Mit viel Chromatik, unruhigen, sich ständig ineinander verzahnenden Imitationen und Themenabspaltungen schuf Mélanie Bonis in den Ecksätzen dicht verwobene Themenstränge, denen mitunter das Ziel fehlte. Die Streicher:innen agierten weitgehend im Klangvordergrund, während der Klavierpart den musikalischen Duktus durch markante Gegenbewegungen zusätzlich aufwühlte. 
Trotz der engagierten Spielart der Musiker:innen wirkte die Musik teilweise verworren. Aufhorchen ließen die für die damalige Zeit innovativen Klangfarbenspiele, die primär dem Allegretto einen impressionistischen Touch verliehen. Das Lento gestaltete das Ensemble atmosphärisch und mit viel Kontakt zueinander.
Dem Klavierquartett vorgelagert erklang Mélanie Bonis' stimmungsvolles Nocturne, op. 16. Katya Apekisheva tupfte am Klavier die musikalischen Bögen hin, über die Marina Grauman, Klaus Christa und Mathias Johansen poesievolle Melodien entfaltete.

Kunst mit allen Sinnen erleben

Zum Pforte-Abonnement gehört auch ein wunderbar aufbereitetes Buffet, das alle Sinne anspricht und zur Begegnung einlädt. Die Konzertbesucher:innen nahmen es mit Freude an und so wurden die inspirierenden, aber auch anspruchsvollen Musikerlebnisse ideal abgerundet.

 

https://www.pforte.at

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