Eine letzte Show
„Sonny Boys“ von Neil Simon feierte Premiere im Theater Kosmos
Manuela Cibulka ·
Nov 2024 · Theater
Mit einer Komödie beschließt das Theater Kosmos die diesjährige Saison. 1972 am Broadway uraufgeführt, hält das Erfolgsstück von Neil Simon über die „Sonny Boys“ nun Einzug in Bregenz. Unter der Regie von Augustin Jagg setzen sich Hubert Dragaschnig und Bernd Sračnik in den Titelrollen mit den Themen Freundschaft, Alter und Vergänglichkeit des Ruhms auseinander.
„Es wird nie wieder einen Komiker geben wie ihn! Kein zweiter konnte eine Pointe so gut im richtigen Augenblick abschießen wie er. Keiner konnte einen Satz so aussprechen wie er. Ich kannte seine Gedanken, er kannte meine Gedanken. Ein einziger Mensch. Das waren wir beide.“ Die beiden, das sind Al Lewis und Willie Clark. Vormals bekannt als Komikerduo Sonny Boys, haben sie ihre Rollen im Dreamteam bereits seit Jahren abgelegt und auf Grund eines Vorfalles keinen Kontakt mehr. Lebt der eine zurückgezogen in einem schäbigen Hotelzimmer, ist der andere bei seiner Tochter untergekommen. Abgestellt als altes Eisen leiden sie an ihrem sozialen Abstieg und Vereinsamung – der Ruf, als Sonny Boys für eine Nostalgiesendung über die große Zeit der amerikanischen Komödie wiederaufzuerstehen, kommt demnach wie gerufen, und auch wenn beide versichern, dagegen zu sein, können die Proben beginnen.
Die Sonny Boys von Bregenz
Soweit zum Inhalt, dessen weiterer Verlauf und Ausgang nicht schwer zu erraten sind. Auch dürfte der und dem einen oder anderen eine der Verfilmungen zum Beispiel mit Walter Matthau und George Burns als „Sunny Boys“ oder Woody Allen und Peter Falk als „Sunshine Boys“ bestens bekannt sein. Das bietet dem Vergnügen aber keinen Abbruch, denn an diesem Abend stehen nicht unerwartete Handlungssprünge oder dramatische Wendungen im Zentrum, gesetzt wird auf pointenreichen Wortwitz und gezielten Schlagabtausch, und dank der schauspielerischen Leistungen geht dieses Rezept auch auf.
Sowohl im Bühnenbild (Stefan Pfeistlinger) mit den im Vintage-Stil tapezierten Zimmerwände mit vorhangverhangenen Fenstern, die recht traditionell, aber effektvoll das eine und andere Mal Licht einfallen lassen, als auch in der Ausstattung stand nicht das Experimentelle im Vordergrund. Ebenso setzte auch die Dramaturgie nicht auf Innovation, und so waren einige Witze 1972 sicher noch charmanter als heute: wenn zum Beispiel von der unverständlichen Sprache der Schwarzen, dem eigenartigen Namen von Kartoffelchips, den mal wohl nur in Mexiko verstehe oder von der Blondine mit den Golden-Delicious-Äpfeln gesprochen wird. Alles verpackt in einen über 2 Stunden und 30 Minuten dauernden Abend – gespielt mit Pause, was früher auch selbstverständlicher war als heute – ist das geschnürte Konzept aber wirklich ein stimmiges.
Ironie hoch zwei
Wenn dann nach der Pause noch eine Schippe draufgelegt wird und der „beste Sketch aller Zeiten: Herr Doktor lässt bitten“ auf der Bühne in der Bühne (sehr schön gelöst) geübt wird, bleibt im Publikum kein Auge trocken. Jetzt wird auch bei den Kostümen (hier zeichnete Nicole Wehinger verantwortlich) aus dem Vollen geschöpft und der für den Ton verantwortliche Herwig Hammerl scheut sich nicht, hemmungslose Lacher à la Sitcom einzuspielen. Spätestens jetzt weiß man, dass dieses Überzeichnen mehr als nur dem Lachen geschuldet ist, und die Nähe, die man sich als Publikum zu den Figuren wünscht, ist geschaffen.
Ausschlaggebend dafür ist allen voran Hubert Dragaschnig, der die Rolle des übellaunigen und verkannten New-Yorker-Künstlers, dem Dialoge ohne Spitze gar nicht möglich zu sein scheinen, völlig verinnerlicht hat und über die gesamte Dauer des Abends alle glauben macht, dass er kein anderer als der einzig wahre Willie Clark ist. Ebenso überzeugend Bernd Sračnik als sein Gegenpart. Durch und durch feiner Herr, wenn er den Sessel zurechtrückt und säubert, seinen 18-Dollar-Hut ablegt oder an die Türe pocht, ist die Rolle bis ins kleinste Detail angelegt. In der Regie von Augustin Jagg sind auch Anwar Kashlan als Neffe und kurzzeitig als Aushilfs-Blondine, sowie Daniela Gaets und Leonard Graeber in den Nebenrollen gut aufgehoben und fügen sich ein in den Reigen der Komödiant:innen.
Als Unterhaltungstheater mit einem „Anflug von Wehmut und Nostalgie“ angekündigt, erfüllt der Abend in jenen Momenten, in denen die Sonny Boys nicht nur im Witz, sondern vielmehr in ihrer eigenen Sturheit verfangen sind und man als Zuschauende:r nicht mehr nur über sie lachen möchte, sondern ihnen Verbundenheit und Ernsthaftigkeit wünscht, dieses Versprechen.
Der Klassiker scheint ein ideales Stück für die Weihnachts- und Neujahrszeit zu sein, findet doch beinahe zeitgleich auch im Theater in der Josefstadt in Wien eine Premiere dazu statt. Herbert Föttinger und Robert Meyer werden dort die Sonny Boys geben und bei der Bregenzer Vorgabe sei ihnen geraten, sich warm anzuziehen
Theater Kosmos: „Sonny Boys“ von Neil Simon
weitere Vorstellungen: 30./1./6./12.24 sowie 9./10./11./16./17./18.1.25 jeweils 20 Uhr; 8.12.24 sowie 12./19.1.25 jeweils 17 Uhr
Theater Kosmos, Bregenz
www.theaterkosmos.at