Sinikka Langeland: „Wind And Sun“ Peter Füssl · Okt 2023 · CD-Tipp

Freunde nordischer Folklore haben die norwegische Sängerin, Kantele-Virtuosin und Musikwissenschafterin Sinikka Langeland schon lange auf dem Radar, nicht zuletzt auch weil sie für ihren gleichermaßen archaisch wie zeitlos wirkenden Mix aus traditioneller Musik und Jazz-Elementen immer ganz hervorragende Ensemble um sich schart. So auch anlässlich eines Jubiläumskonzertes zu ihrem 60. Geburtstag vor zwei Jahren, mit ihrem Langzeit-Weggefährten Trygve Seim an Tenor- und Sopransaxophon, dem Trompeter Mathias Eick, Kontrabassist Mats Eilertsen und Thomas Strønen an den Drums.

Mit diesem norwegischen All-Star-Ensemble hat sie nun auch ihr siebtes ECM-Album „Wind And Sun“ aufgenommen, auf dem sie wieder tief in die musikalische Welt ihres kleinen regionalen Universums – dem Finnskogen („Wald der Finnen“) an der Grenze zwischen Norwegen und Schweden – eintaucht. Das ewige Wechselspiel zwischen den Menschen, der Natur mit ihren Tieren und Pflanzen und einer mystischen, spirituellen Welt ist ihr Thema, das sie in der zeitgenössischen Lyrik ihres auch mit Romanen, vor allem aber als Dramatiker bekannt gewordenen Landsmannes Jon Fosse wiederfindet. „In Fosses Gedichten gibt es soviel Raum und nur ganz selten einschränkende Begriffe und Bezüge. Er schafft es, auf etwas Berührendes hinzuweisen“, zeigt sich Langeland von den in Nynorsk verfassten Texten begeistert. Auch ihren Leib-Fotografen Dag Alveng hat sie zur visuellen Aufbereitung des Themas wieder ins Projekt miteinbezogen. Mit den zwölf bis zu neun Minuten langen Stücken – jedes für sich eine faszinierende Klanglandschaft – lässt sich einmal mehr tief in diese fremden und dank Langelands Schaffen doch so vertrauten, magischen Sphären eintauchen. Ihre Kompositionen liefern den genialen Soundtrack für diesen außergewöhnlichen Trip – mit ihrer klaren, ausdrucksstarken, von ätherischen Kantilene-Tönen umspielten Stimme im Zentrum und viel Platz für expressive, herzerwärmende Improvisationen von Trygve Seim und Mathias Eick.

(ECM/Universal)

Dieser Artikel ist bereits in der Print-Ausgabe der KULTUR Oktober 2023 erschienen.

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