Schöner Wohnen mit Uwe Jäntsch im Künstlerhaus Martina Pfeifer Steiner · Jul 2023 · Ausstellung

So haben wir das Palais Thurn und Taxis noch nie gesehen! Selbstverständlich hängen bei der Sommerausstellung in Bregenz viele, teils großformatige Malereien von Uwe Jäntsch an den Wänden, doch die faszinierende Atmosphäre des sensibel neugestalteten ehemaligen Herrschaftshauses bringt eine weitere glanzvolle Dimension ein. Ja klar, der Titel lautet: „Schöner Wohnen“. Abgesehen davon wird das ausgerufene Preisjassen lebendiger Teil der Ausstellung und ist künstlerische Kommunikationsform.

Betritt man das Foyer und wird am massiven Ladentisch von Constanza Lanza di Scalea, der Partnerin von Uwe Jäntsch, charmant begrüßt, will man sich an die übliche Ausstattung des Künstlerhauses gar nicht mehr erinnern. Hier ist freundlicher Dreh- und Angelpunkt, hier kauft man die handwerklich gemachten Kunsteditionen („Schöner Wohnen“ auf alten Druckmaschinen; „Closer to God“ mit Siebdruck-Buchdeckel“), die von Palermo und Waschmaschinen erzählen. Genauso wie damals beim „Bancomat“ an der Piazza Garraffello (siehe Artikel Kultur 07/08 „Uwe bewegt“). Das Ticketpult ist nun als angedeutete Bar in den Raum nebenan verschoben worden, davor stehen Rücken an Rücken die roten Sofas ... so schön, so anders!

Einladend öffnet sich im Erdgeschoß der „Heimatraum“ mit großer, grafischer Geste. Zu sehen sind vorerst nur zwei archaische Öfen, eigens gefertigt von Thomas Rösler (Karak-Keramikfliesen) mit Ofenbau Voppichler. Sie sind „ready“ für die gute Stube (und könnten dann gekauft werden). Symmetrisch angeordnet sind auch die Montafoner Tische mit dazu passenden Stühlchen, die beim Hotel Mondschein in Stuben ausgeliehen wurden. Hier wird zum großen Showdown bei der Finissage das Finale des Preisjassens ausgespielt. Der Hauptpreis, ein Toyota, steht auf der Raseninsel vor dem Palais. Im Dachgeschoß, dem „Labyrinth des schlechten Gewissens“, wird demonstriert wie unheimlich 120 Bierkästen sein können, die dem Gewinner des zweiten Preises in einem Schwung frei Haus geliefert werden. Und dann steht hier noch der dritte Preis, eine Luxuswaschmaschine. Wieder wird „umverteilt“: der Künstler setzt für die Gewinne neben den Sponsorengaben auch sein eigenes verdientes Geld ein.

Neue Raumerfahrungen sind im ersten Stock möglich. Wie wunderbar, dass die Villa ihr Fenster zum Park zurückbekommt. Der mittlere Raum war viel zu lange ein geschlossener, ein schwarzes Loch, und wurde wieder geöffnet, lässt Luft und Licht herein. „Rette deine Seele“ steht am Boden.

In dem einen „Palermoraum“, rechts, hängt ein Hauptwerk Uwes: „The whole Vucciria. Italian Gentrification Credit Fantasies“ (2006), und es war schon ein Kunststück, die neun Meter lange Malerei auf dem Verpackungskarton eines Smart-Autos, so wirkmächtig zu installieren. Die ökologischen (weil jedes Jahr wiederverwendeten) Christbäume fanden Uwe Jäntsch und Architekt Daniel Büchel ebenfalls in der großen Scheune in Stuben. Das Hotel Mondschein war sozusagen eine Fundgrube, denn auch die stimmigen Sessel im zweiten „Palermoraum“ stammen aus dem Kaminzimmer und die endlos lange Hakenleiste für die Bilder vom Kühlraum. Weitere wichtige Werke sind dort zu betrachten: Der „Apokalyptische Reiter“ (2016) vor der Kulisse der verfallenen Palazzi an der Piazza Garraffello, umringt von Uwes Lieblingsnachbarn wie dem Früchte-, Fisch-, Fenchel- und Pignolihändler im Portrait. Und ein sehr besonderes Bild der „Piazza Garraffello“ (2013) auf Aluminium-Wellblech mit dem bedeutungsvollen antiken Brunnen im Zentrum. Wer sich Zeit nimmt, wird geschichtenreich beschenkt und verfällt mitunter in eine wahre „Schöner Wohnen“-Stimmung.

Und im Keller – pure Action. Jeden Sonntag wird hier gejasst, bis zum großen Finale am 3. September. Dieses Setting überließ Uwe Jäntsch ganz und gar Daniel Büchel, der sich dort zwei Tage lang einsperrte, bis er die faszinierende Installation geschaffen hatte: stimmungsmäßig versetzt in eine illegale Spielhöhle bleiben die Jasserinnen und Jasser nicht nur Publikum, sondern werden Teil des Ganzen.

Uwe Jäntsch: „Schöner Wohnen“
bis 3.9.
Di – Fr 15 – 19 Uhr, Sa – So 10 – 18 Uhr
Palais Thurn und Taxis, Bregenz
www.bregenz.gv.at/kultur/sommerausstellung

 

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