Rosario Bonaccorso: „Senza far Rumore“ Peter Füssl · Mär 2025 · CD-Tipp
„Es ist der Versuch, Einfachheit in Schönheit zu verwandeln, und um das zu erreichen, haben wir die Noten von allem Überflüssigen befreit und mit imaginären Pinseln suggestive Bilder in Musik gemalt. Wir wollen unsere Zuhörer auf eine reine Art und Weise erreichen, nur das zeigen, was wir im Inneren sind“, schreibt der in Lochau lebende, renommierte italienische Kontrabassist Rosario Bonaccorso in den Liner Notes zu „Senza far Rumore“. Tatsächlich sind die zwölf Eigenkompositionen von eingängigen Melodien, wunderschönen Harmonien und vielfach auch einem gefangennehmenden Latin Touch geprägt, der dem Faible Bonaccorsos für brasilianische Musik geschuldet ist. Aber der 67-Jährige, der auf rund 70 Alben mitwirkte und neben der italienischen Crème de la Crème auch mit US-Legenden wie Elvin Jones, Michael Brecker, Pat Metheny, Joe Lovano oder Mark Turner kooperierte, präsentiert hier erstmals auch seine Singer-Songwriter-Seite.
„Il Sogno“ und „Il Vento della Serra“ sind dem Gedenken an seinen vor dreißig Jahren jung verstorbenen Bruder Giuseppe, genannt „Naco“, gewidmet, der als Drummer und Perkussionist zu den frühen Musizierpartnern Bonaccorsos zählte. Die poetischen, zwischen Himmel, Wolken, Meer und Wind angesiedelten Metaphern-reichen Lyrics weben eine Stimmung sehnsuchtsvoller Erinnerungen und sonnenbeschienener Wiedersehens-Träume. Bonaccorsos angenehme Gesangsstimme potentiert ihre emotionale Stärke in der Zurückhaltung, der brasilianische Gitarrist Roberto Taufic und der italienische Akkordeon-Virtuose Fausto Beccalossi liefern den traumhaft schönen, perfekten Soundtrack dazu. Zu „Agosto“ steuert Bonaccorso seinen warmen Bass-Sound bei, überlässt den melancholischen Love-Song aber der Stuttgarter Pianistin und Sängerin Olivia Trummer, deren Tastenkunst gleichermaßen emotionsgeladen ist wie ihr ausdrucksstarker Gesang. Gemeinsam singen sie den flotten Mutmach-Song „Faccio un pó come mi pare“, und es ist hoch an der Zeit, hier auch den fünften im Bunde, den erstklassigen Trompeter und Flügelhornisten Fulvio Sigurtà vorzustellen, der mit seinen geschmeidigen, warmen und wunderschön melodischen Linien das gesamte Album hindurch das wohl mit „Saudade“ am besten zu beschreibende Lebensgefühl wesentlich mitprägt.
Das Quintett hat – möglicherweise, weil einzelne Mitglieder auch schon früher miteinander gespielt hatten – in den drei Jahren seines Bestehens zu einem bestechenden Band-Sound gefunden und vermag mit lyrischen Passagen ebenso zu verzaubern, wie mit dynamisch zupackenden. Schöne Beispiele für Letzteres sind der Bonaccorsos Sohn Matteo gewidmete „Song for Mat“ mit den Vocalese-Parts des Gesangs-Duos, oder das beschwingte „A little bit like that“. Zwei Fremdkompositionen, die von Bonaccorso passend arrangiert wurden, fügen sich perfekt ins musikalische Gefüge ein. Den vom italienischen Crooner Fred Buscaglione in den 1950-er Jahren bekannt gemachten Schmacht-Fetzen „Guarda che Luna“ beraubte er jeglicher Macho-Anwandlungen. Zehn Jahre jünger und brasilianischen Ursprungs ist „Samba in Preludio“ von Sergio Bardotti, Vinicius de Moraes und Baden Powell – das Stück liefert hier die perfekte Vorlage für ein stimmungsvolles Duett zwischen Bonaccorso und Trummer. Auch wundervolle Stimmungsbilder wie „Il Canto del Mare“ oder „Pure Love“ entführen zuverlässig aus der Trostlosigkeit einer gerade ganz besonders aus den Fugen geratenen Welt, mit der es sich fassungslos herumzuschlagen gilt. Eskapismus mittels Musik? Auf diesem Niveau - ja, bitte!
(Jando Music)
Dieser Artikel ist bereits in der Print-Ausgabe der „KULTUR" März 2025 erschienen. Hier geht es zum E-Paper.
Konzert-Tipps: Dieses Quintett spielt am 23.5. am Spielboden in Dornbirn. Und am 14.6. ist dann das Dado Moroni/Rosario Bonaccorso Trio im Vorarlberg Museum zu Gast.
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