Portrait-Festival: „Best of Helbock” zum 40. Geburtstag
David Helbocks feiert seinen Vierziger an drei Abenden im Wiener Porgy&Bess
Peter Füssl · Jän 2024 · Musik

Der aus Koblach stammende Pianist David Helbock genießt dank einer Vielzahl spannender Projekte längst auch international als gleichermaßen kreativer wie virtuoser Musiker und Komponist ein ausgezeichnetes Renommee. In seinem reichhaltigen Oeuvre finden sich über zwanzig Alben, die unter seinem Namen erschienen sind, die letzten sechs davon beim renommierten Münchner Jazz-Label ACT – und sie alle haben ihm die Türen zu unzähligen Jazzclubs und wichtigen Festivals aufgestoßen. Dementsprechend begeistert zeigt sich auch ACT-Gründer und -Mastermind Siggi Loch: „David Helbock gehört für mich zu den besten und vielseitigsten Pianisten seiner Generation. Und es ist beispiellos, wie unermüdlich er seine vielen Projekte als Bandleader vorantreibt und so ein stetig wachsendes Publikum begeistert. Herzlichen Glückwunsch zum 40sten ...“ Denn am 28. Jänner steht David Helbocks 40. Geburtstag ins Haus, den er mit einem dreitägigen Portrait-Festival im Wiener Jazzclub Porgy&Bess, Österreichs einzigem Jazzclub mit internationalem Format, feiert. Auf dem Programm finden sich zahlreiche Stars und alte Weggefährten, ein unglaublich buntes Programm, das dieser schillernden Musikerpersönlichkeit mit Sicherheit gerecht werden wird.

Random/Control – ein großes Experimentierfeld

Peter Füßl: Den Auftakt zu deiner dreitägigen musikalischen Geburtstagsparty bestreitest du mit dem Trio Random/Control, mit dem du vor einigen Monaten im Vorarlberg Museum das 15 Jahre-Jubiläum gefeiert hast. Johannes Bär und Andreas Broger zählen also zu deinen Langzeit-Weggefährten. Was macht für dich den offenbar nicht nachlassenden Reiz dieses Trios aus? Kann man sich nach 15 Jahren noch wechselseitig überraschen?

David Helbock: Ja, wir haben uns in den nun mittlerweile fast 16 Jahren Bandgeschichte ständig weiterentwickelt. Jeder für sich, aber natürlich auch als Band. Das Konzept ist geblieben – also viele Instrumente und zum Teil auch schnelle Instrumentenwechsel. Sehr freie Teile, wo wir fast filmmusikmäßig Stimmungen erzeugen, wechseln sich mit sehr durchkomponierten Teilen ab. Aber es gibt auch Änderungen über die Jahre. Johannes ist mittlerweile fast ein virtuoser „Alleinunterhalter“, er spielt Schlagzeug, Tuba, Beatbox, Didgeridoo, Alphorn usw. – und das nun wirklich manchmal alles gleichzeitig. Für mich ist die Band auch ein großes Experimentierfeld. Es muss nicht immer perfekt sein, sondern wir wollen uns weiterentwickeln und neue Sachen ausprobieren. Als z. B. Andreas gesagt hat, dass er gerne auch etwas singen würde, oder als Johannes mit seinem Drumset gekommen ist, war das anfangs noch verbesserungswürdig, aber mittlerweile kann sich das sehen lassen. Wir entwickeln uns quasi vor Publikum weiter, und ja, wir überraschen uns immer noch.

Humor soll witzig sein

Füßl: Bei Random/Control begeistert natürlich die breite Soundpalette, die manchmal durchaus spektakuläre Züge annimmt, wenn etwa deine Mitmusiker zwei Instrumente gleichzeitig blasen. Ständig präsent ist aber auch ein feines Gespür für musikalischen Humor. Wie wichtig ist dieser für dein Schaffen, und kannst du ihn mit Random/Control besonders gut realisieren?

Helbock:  Ich will Spaß auf der Bühne haben. Wenn es zu ernst wird, wird mir sehr schnell langweilig, und so ein Projekt überlebt bei mir auch nicht lange. Es gibt natürlich verschiedene Arten von Humor, und ich finde, wir haben mit Random/Control eine gute Mischung gefunden. Mir war immer wichtig, dass die vielen Instrumentenwechsel nicht zum Sport ausarten und immer der Musik dienen. Auch der Humor der Band soll witzig sein und Spaß machen, aber eigentlich nie zu einem Zirkus werden.

Zum Quartett erweitert mit Fola Dada

Füßl: Vom oben erwähnten Konzert sind besonders auch die von dir vertonten und von Broger und Bär gesungenen lyrischen Werke aus der Feder des englischen Dichters und Naturmystikers William Blake und aus jener der unkonventionellen US-Amerikanerin Emily Dickinson in Erinnerung geblieben. Gibt es Pläne für ein neues Album?

Helbock: Für dieses Konzert jetzt im Porgy habe ich mir Fola Dada eingeladen. Sie wird also die ganzen Gedichte, die ich vertont habe, singen. Andreas konzentriert sich wieder mehr auf seine Instrumente. Fola ist eine tolle Sängerin, hat z. B. 2022 den deutschen Jazzpreis gewonnen. Wir hatten schon Proben, und ich freue mich sehr darauf, das Trio eigentlich erstmals zum Quartett zu erweitern. Wir haben auch schon ein paar Folgekonzerte mit diesem Quartett geplant, mal schauen, was daraus wird. Pläne und Ideen für neue Alben gibt es viele, wirklich viele. Ich hätte sofort 10 neue Ideen für Alben, aber das ist nicht so einfach. Man kann nicht 5 Alben im Jahr machen, obwohl ich das gerne würde – das kann ich mir auch gar nicht leisten. Ein Album kostet ja von der Idee bis zum fertigen Produkt sehr viel Geld, das kommt dann erst wieder über Konzerte rein. Ich habe mir immer vorgenommen, wenn ich ein Album mache, dann richtig – also mit langer Tour, guter Promotion und viel Probenarbeit und Aufwand davor. Und das muss wohl überlegt sein, weil das dann immer mehr als ein Jahr Arbeit bedeutet, in dem ich quasi fast nichts nebenher machen kann und mich 150 % auf ein Projekt konzentriere. Also mal schauen, was es dann wirklich wird.

Mit Iiro Rantala auf zwei Faziolis

Füßl: Den zweiten Abend bestreitest du im Duo mit deinem finnischen Label-Kollegen Iiro Rantala, mit dem du neben Einfallsreichtum und Fingerfertigkeit vor allem auch den Witz zu teilen scheinst. Ist das der Grund, weswegen du aus einem Dutzend exzellenter ACT-Pianisten genau ihn eingeladen hast? Welche Erfahrungen hast du denn bisher mit Iiro gemacht?

Helbock: Ich habe mit Iiro wirklich schon lange Kontakt. Noch bevor ich zu ACT gekommen bin hatte er mich einmal zu seinem Pianofestival damals nach Helsinki eingeladen, das war, glaub ich, so 2014. Wir haben auch schon öfters miteinander gespielt. Das erste Mal hat uns Carine Zuber, damals noch Programmchefin vom Moods in Zürich, eingeladen. Das war während der Corona-Pandemie, und im Moods hatten sie gerade zwei Klaviere und Streaming-Equipment. Das ist ja gar nicht so einfach, außer den großen Konzerthäusern haben die wenigsten Clubs zwei Flügel. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass wir im Porgy auf zwei Faziolis spielen werden, wobei einer davon geliehen sein wird. In der Berliner Philharmonie haben wir auch schon gemeinsam gespielt – damals sogar an drei Klavieren zusammen mit Michael Wollny. Aber ja, ich verstehe mich mit Iiro sehr gut, vor allem auch menschlich, was sehr wichtig ist. Die meisten Pianoduos spielen zu viele Noten – wir können ja beide leicht alle Stücke auch solo spielen, aber es macht sehr viel Spaß, aufeinander zu hören und aufeinander einzugehen und es fordert mich auch sehr.

Füßl: Wie wird denn das Programm aussehen, das ihr spielen werdet? Gibt es gemeinsame Vorlieben? Habt ihr euch schon auf Stücke geeinigt, oder wird das spontan beschlossen?

Helbock: Ja, wir haben schon ein umfangreiches Repertoire. Eigene Stücke von Iiro und mir sind dabei, aber auch viele Standards – Stücke von Keith Jarrett oder Chick Corea, Werke von Hermeto Pascoal oder Thelonious Monk. Und wahrscheinlich werden wir auch Stücke von Beethoven und Jimi Hendrix integrieren.

Überblick über die Projekte der letzten Jahre

Füßl: Der dritte Abend, der dann ja auch tatsächlich auf deinen 40. Geburtstag fällt, lässt vom Abwechslungsreichtum mit Sicherheit keinerlei Wünsche mehr offen, präsentierst du dich doch solo, in Duos mit der Sängerin Camille Bertault und dem Trompeter Lorenz Raab, und mit zwei Trios, nämlich mit Random/Control und mit jenem mit Raphael Preuschl und Reinhold Schmölzer, mit denen du 2016 das hervorragende Album „Into The Mystic“ produziert hast. Soll dieser dritte Abend irgendwie ein Gesamtbild der Musikerpersönlichkeit David Helbock abgegeben – zumal mit dem Austrian Syndicate ja auch noch das aktuell gerade heißeste Eisen im Feuer aufspielen wird?

Helbock: Der letzte Abend soll einfach nur Spaß machen. Solo werde ich weniger spielen, da sich so viele talentierte Musikerinnen angekündigt haben. Ich werde direkt zu den Duos, Trios und dann den größeren Bands wechseln. Der Ablauf wird so sein, dass ich im ersten Set einen Überblick über die Projekte der letzten Jahre geben werde, mit ganz unterschiedlichen Formationen. Im zweiten Set wird dann das Austrian Syndicate spielen, jedoch mit ganz unterschiedlichen Gastmusiker:nnen.

Füßl: Werden diese drei Abende mitgeschnitten? Wäre das nicht eine schöne Möglichkeit für das erste Live-Triple-Album des David Helbock?

Helbock: Ja, das ist eigentlich der Plan. Ob daraus wirklich ein Album entsteht, weiß ich natürlich erst im Nachhinein. Ich denke eher an eine Best-Of-Platte live aus dem Porgy, oder vielleicht sogar ein Doppelalbum. Das fände ich sehr schön. Ein so schönes Portrait-Festival kommt ja nicht so schnell wieder, denke ich, und es ist etwas sehr Besonderes für mich und sicher auch für das Publikum - wahrscheinlich dann erst wieder zum 50sten.

Viele Pläne – viel unterwegs

Füßl: Wird es nach diesem Riesen-Event gleich zu Jahresbeginn 2024 noch weitere besondere Projekte geben?

Helbock: Ich bin auch im Frühjahr immer wieder unterwegs, vor allem mit dem Syndicate in wirklich tollen, internationalen Clubs, wie dem Ronnie Scott's in London oder dem Bimhuis in Amsterdam. Auch in Vorarlberg werden wir wieder spielen – am 2.3. in der Remise Bludenz und am 20.4. in meiner Heimatgemeinde Koblach. Auch mit Camille bin ich unterwegs, zum Beispiel am 30.4. in Lindau. Ebenso kuratiere ich wieder das „Encuentro“ Festival in St. Gerold – das wird Ende Mai mit einem spannenden Programm stattfinden. Neue Projekte sind ebenfalls geplant – ich plane zum Beispiel etwas für „150 Jahre Schönberg“ dieses Jahr, allerdings wohl erst im Herbst.

Füßl: Dann wünsche ich dir schon im Vorhinein alles Gute zum Vierziger und toi, toi, toi für das Portait-Festival im Porgy!

Portrait-Festival David Helbock
im Porgy & Bess, Wien

David Helbocks Random/Control feat. Fola Dada
Fr, 26.1.24, 20.30 Uhr

Iiro Rantala/David Helbock Duo
Sa, 27.1.24, 20.30 Uhr

David Helbock Solo/Duos/Trios/Austrian Syndicate
So, 28.1.24, 20.30 Uhr

www.porgy.at

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