Neu in den Kinos: „Warfare“ Michael Pekler · Apr 2025 · Film

Ein Platoon junger US-Soldaten besetzt das Haus einer irakischen Familie und gerät wenige Stunden später unter Beschuss. Alex Garland hat einen Kriegsfilm nach den Erinnerungen des Veteranen Ray Mendoza gedreht. Ein Kriegsspektakel, das alles zeigt, was das Genre in den letzten zwanzig Jahren gelernt hat.

Als vor zwanzig Jahren mit Ridley Scotts „Black Hawk Down“ über die sogenannte Schlacht von Mogadischu der Kriegsfilm eine Renaissance erlebte, änderte sich damit auch maßgeblich das Bild vom Krieg im Kino. Zwar hatte Steven Spielberg bereits zuvor mit seiner berühmt gewordenen Eröffnungssequenz am Omaha Beach in „Saving Private Ryan“ zu zeigen versucht, wie sich soldatisches Sterben im Kinosaal in Echtzeit anfühlen soll, doch mit den Kriegen in Afghanistan und Irak sowie diversen „Spezialeinsätzen“ der US-Armee nach 9/11 übernahm ein neues Bild vom asymmetrischen Krieg die Vorherrschaft auf der Leinwand: Die im geopolitischen Niemandsland – also in Mogadischu, Bagdad oder Kandahar – in Bedrängnis geratene und gegen einen unsichtbaren Feind und eigene Verluste kämpfende Einheit wurde zum bestimmenden Merkmal des modernen Kriegsfilms.

Pures Chaos

Alex Garland, der erst vergangenes Jahr mit „Civil War“ einen nochmaligen amerikanischen Bürgerkrieg in der Zukunft ausmalte, bringt nun in „Warfare“ (engl. „Kriegsführung“) dieses Bild auf den Punkt. Während der Besetzung des Irak durch US-Truppen im Jahr 2006 bezieht eine Einheit Navy Seals mitten in der Nacht Stellung in einem Wohnhaus. Die irakische Familie wird in einem Zimmer festgehalten und im ersten Stock ein operativer Stützpunkt eingerichtet. Der Scharfschütze beobachtet das gegenüberliegende Haus, verdächtige Bewegungen werden protokolliert und über Funk weitergegeben. Ein weiterer Tag im Krieg ohne Front. Selbst als die Soldaten unter Beschuss geraten, läuft noch alles nach Plan. Die Befehlskette funktioniert, ein das Wohnviertel erschütternder Überflug eines Kampfjets wird angeordnet, und als sich die Situation zunehmend brenzlig entwickelt, wird um Evakuierung durch gepanzerte Fahrzeuge angesucht. Doch als diese endlich vorfahren, entwickelt sich das erwartbare Szenario: pures Chaos. Und um dieses auch im Kinosaal nahezu körperlich spürbar zu machen, setzt Garland auf die im Genre bewährten Mittel: Die hypermobile Kamera sorgt für Desorientierung und suggeriert absolute Hektik, Wortfetzen und unverständliche Kommandosprüche machen die nervenaufreibende Anspannung noch größer, und als sich nach einer Granatenexplosion der Staub schließlich gelegt hat, bleibt in den simulierten tauben Ohren nur ein dumpfes Rauschen zurück. Der Krieg ist einmal mehr ultimatives Spektakel und sinnliche Erfahrung zugleich.

Keiner bleibt zurück

An jenem Novembertag im Einsatz war der Kriegsveteran Ray Mendoza, der Garland bereits bei „Civil War“ als militärischer Berater unterstützte und nun in „Warfare“ als Co-Regisseur fungiert. Für den politischen Hintergrund interessiert sich dieser Film in keinster Weise, im Gegenteil schafft die räumliche und zeitliche Verdichtung – komprimiert auf eine Länge von eineinhalb Stunden – eine bewusste Distanz zu den Vorgängen im Hauptquartier oder zu höherrangigen militärischen oder politischen Entscheidungsträgern. Nicht der ohnehin fragwürdige Heldenmut des Einzelnen steht im Vordergrund, sondern die Dynamik innerhalb der Truppe. Das unterscheidet „Warfare“ auch wesentlich von vergleichbaren starbesetzten Arbeiten wie Kathryn Bigelows „The Hurt Locker“ oder Guy Ritchies „The Covenant“: Weil die jungen Männer versuchen, dem unumstößlichen Credo „Leave no man behind“ gehorchend keinen sterbenden Kameraden zurückzulassen – der Feind bleibt wie gewohnt gesichtslos –, zählt das Kollektiv mehr als das Schicksal des Einzelnen. Erstaunlich an diesem Film ist dementsprechend weniger seine Inszenierung als der Zeitpunkt seiner Veröffentlichung. Nach vielen Jahren und ebenso vielen gleichartigen Filmen mutet das unablässige Schießen und individuelle Sterben mittlerweile nahezu konventionell an. Die Bilder und kurzen Videos der echten Veteranen, mit denen „Warfare“ schließt, führen ein letztes Mal vor Augen, wovon dieser Film, ganz seinem Titel entsprechend, erzählen will: Selbst in der modernsten Kriegsführung geht es am Ende um Leben und Tod.

ab 17.4., Cineplexx Hohenems

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