Neu in den Kinos: „The Fall Guy“ Michael Pekler · Apr 2024 · Film

Pflaster pflastern seinen Weg: Die Stuntman-Fernsehserie aus den Achtzigern kehrt mit Staraufgebot als Blockbuster auf die Leinwand zurück: Ryan Gosling erobert als „Colt für alle Fälle“ das Herz von Emily Blunt. Der Weg ist hart umkämpft, Zeit für Komödie und Romanze bleibt trotzdem.

Wenn eine Regisseurin auf ihren Stuntman sauer ist, dann lässt sie ihn leiden. Das ist zwar eigentlich ohnehin sein Beruf, doch ein halbes Dutzend Mal angezündet und als lebende Fackel gegen einen Felsen geschleudert werden, tut dann halt doch weh. Aber die ehemalige Kamerafrau Jody Moreno (Emily Blunt), die eben ihren ersten Action-Blockbuster dreht, hat mit Colt Seavers (Ryan Gosling) eine Rechnung offen. Vor eineinhalb Jahren, als die beiden noch ein Paar waren, erlitt Seavers einen schweren Unfall am Set, als er sich in die Tiefe stürzte. Die folgende Berufspause war notwendig, die Sinnkrise mit Zottelbart verständlich, aber die einseitige Aufkündigung der Liebesbeziehung unverzeihlich. Weshalb der reuige Heimkehrer nun büßen muss. Doch zum Glück ist Colt härter als Stein, hat Jody in Wahrheit kein Herz aus solchem und sind zwei funktionierende Megafone in Reichweite. Es könnte also wieder alles gut sein, doch dann wären die restlichen eineinhalb Stunden von „The Fall Guy“ nicht nötig.

Keine Kopfarbeit

Wer in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts aufgewachsen ist und sich dabei obendrein männlich fühlte, mag sich noch an die gleichnamige Fernsehserie erinnern, hierzulande besser bekannt unter dem formidablen Titel „Ein Colt für alle Fälle“. Sie hatte mit Lee Majors einen Helden, wie es ihn nur im amerikanischen Serienfernsehen gab und der mit einer wasserstoffblonden Kollegin an seiner Seite, wenn er nicht als Hollywood-Stuntman im Einsatz war, nebenberuflich Verbrecher jagte.
Warum ausgerechnet dieser Stoff und ausgerechnet mit Ryan Gosling in der Hauptrolle nun zu einer Actionkomödie wurde, mag verschiedene Gründe haben. Ideenarmut in Hollywoods Blockbuster-Schmiede könnte einer davon sein, als gesichert darf betrachtet werden, dass es sich bei „The Fall Guy“ um ein Lieblingsprojekt von Regisseur und Produzent David Leitch handelt. Dieser ist nämlich selbst ehemaliger Stuntman, war mehrmaliges Double für Brad Pitt, Co-Regisseur von „John Wick“ und alleinverantwortlich für Actionfilme wie „Atomic Blonde“ und „Bullet Train“, in denen Probleme nicht unbedingt mit Kopfarbeit gelöst werden. 

Kinetische Körper

Weil aber selbst die beste Aneinanderreihung perfekt choreografierter Stunts im Kino so etwas ähnliches wie eine Geschichte braucht, gibt es auch in „The Fall Guy“ ein Problem: Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson), der Actionstar von Jodys Film, ist auf mysteriöse Weise verschwunden. Worauf Seavers bei seiner Suche nach Ryder, die aus einem bestimmten Grund nur er und nicht die Polizei durchführen kann, bald einer ausgemachten Verschwörung auf die Spur kommt. Dass er früher Ryder als Double ersetzt hat und sich der Star recht bald als rechter Kotzbrocken erweist, macht die Aufgabe nicht einfacher. Als gelernter Stuntman löst Seavers diese auf seine Art, für Fans von choreografiertem Körpereinsatz und beeindruckender Kinetik garantiert das großen Schauwert. Und weil die Dreharbeiten zu „Metalstorm“, Jodys sündteurem Sci-Fi-Western, in dem sich Aliens und Space Cowboys die Köpfe einschlagen, in Australien stattfinden, steht dabei im Hintergrund sehr oft das Opernhaus von Sydney herum.
Wie vermutlich in „Metalstorm“ geht sich auch in „The Fall Guy“ eine sinnstiftende Handlung nicht aus. Dass man in dieser Hinsicht jedoch Nachsicht übt, liegt in erster Linie an der durchaus gelungenen Mischung von Action, Komödie und Romanze. Eine Zeit lang muss Seavers seine handfesten Ermittlungen in einem neongelben Anzug durchführen und hat, weil ihm etwas Böses in den Drink gemixt wurde, ein fabelhaftes Tier als Begleiter. Das kann man auch lustig finden. Am Ende gibt es jedenfalls zur Belohnung die echten Stunts dieses Stuntman-Films zu sehen und „The Unknown Stuntman“ von Lee Majors zu hören. Und wer möchte beziehungsweise überhaupt noch kann, darf dann in nostalgischen Erinnerungen schwelgen.

ab 30.4., Kino Bludenz, Cineplexx Hohemems (auch OF), Kinothek Lustenau, Metro Kino Bregenz
ab 1.5., Cineplexx Lauterach

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