Neu in den Kinos: „The Amateur“ Michael Pekler · Apr 2025 · Film

Weil seine Frau bei einem Terroranschlag ums Leben kommt, macht sich Rami Malek als IT-Experte der CIA auf die Jagd nach ihren Mördern – und wird dabei selbst zu einem. Ein Rachethriller alter Schule, der sich vor allem darauf konzentriert, seinem labilen Helden wenig moralischen Schaden zuzufügen.

Wenn sich Charlie Heller (Rami Malek) auf den Weg zur Arbeit nach Langley macht, sieht er nicht aus wie ein Amateur. Im Gegenteil wirkt alles an ihm sehr professionell. Sogar der Morgenkaffee, den er kurz zuvor seiner selbstverständlich schönen Frau (Rachel Brosnahan) noch vor ihrer Abreise serviert hat, schmeckte ihr wie immer vorzüglich. Leider konnte er sie schon wieder nicht zu ihrem Kongress nach London begleiten. Nun sitzt Heller an seinem Arbeitsplatz im Hauptgebäude der CIA und widmet sich seinem täglichen Brot als Kryptograf des US-Geheimdienstes. Eine besonders kompliziert verschlüsselte Nachricht eines Informanten verlangt seine ganze Aufmerksamkeit. Für seine Frau am Telefon hat er deshalb nur kurz Zeit, immerhin ist sie gut angekommen. Wenig später hat Heller die Nachricht entschlüsselt – und wird seine Frau beinahe gleichzeitig erschossen.
„The Amateur“ legt sich zumindest anfänglich als Spionagethriller mächtig ins Zeug. Woher stammen die von Heller dechiffrierten Informationen über eine US-Militäraktion, die seinen unmittelbaren Vorgesetzten schwer belasten? Wer sind die Terroristen, die in London ausgerechnet jenes Hotel stürmten, in dem Hellers Frau abgestiegen war? War sie tatsächlich nur zur falschen Zeit am falschen Ort? Und was hat es mit dem Kollegen auf sich, von dem es heißt, Heller hätte ihm einmal das Leben gerettet? Fragen, die der unscheinbare Kryptograf nach einer kurzen Trauerphase und einer Therapiesitzung gerne beantwortet hätte, doch der Chef winkt ab: keine voreiligen Schlüsse und Schüsse. Worauf Heller beschließt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. 

Blutiger Anfänger

Die Weichen für einen Thriller nach klassischem Muster sind also gestellt. Heller ist ein Durchschnittstyp, der sein professionelles, aber sicheres Terrain – Bildschirme und Zahlen – gegen ein neues, aber gefährliches Aufgabengebiet – Versteckspiel und Menschenjagd – tauscht, um Rache an den Mördern seiner Frau zu üben. Was früher als Stoff für schlanke B-Movies taugte, dafür braucht der britische Fernsehregisseur James Hawes („One Life“) in seinem ersten Blockbuster mehr als zwei Stunden, zumal sich in „The Amateur“ die Bösewichte in Paris, Madrid, Istanbul und Russland verstecken. Und Heller eben blutiger Amateur ist und keinen Killerinstinkt besitzt, wie ihm von seinem CIA-Ausbildner (Laurence Fishburne) attestiert wird, dessen Crashkurs er kurzfristig abbrechen muss. Dass er im Laufe seines Feldzugs dann doch als einfallsreicher Bombenbastler glänzt, macht ihn als Figur allerdings nicht wesentlich interessanter.

Keine Chance auf Charisma

„The Amateur“ basiert zwar auf einem Roman von Robert Littell – und ist das Remake des gleichnamigen kanadischen Thrillers von 1981 mit John Savage in der Hauptrolle –, wirkt nach einem vielversprechenden Beginn dennoch wie das Ergebnis eines einschlägigen Drehbuchseminars für Genrekino. Hellers unsympathischer Vorgesetzter ist kein Mann des Vertrauens, der Geheimdienst als Organisation wird zu jener Gefahr, vor der er seine Bürgerinnen und Bürger eigentlich schützen sollte, und der noch ungeübte Serienkiller muss sich nach seinem ersten Mord zunächst einmal übergeben. Schwerer noch wiegt allerdings der Umstand, dass dieser traumatisierte Racheengel bei Rami Malek – wie schon bei dessen Darstellung als jüngster Bond-Bösewicht – keine Chance auf Charisma hat: Obwohl es einige Zeit dauert, bis sich Heller an seine Rolle als heimtückischer Vollstrecker gewöhnt, ist dieser Figur keine Entwicklung vergönnt. Zumindest die Antwort auf die alte Frage nach der Selbstjustiz umschifft dieser Film so geschickt wie viele seiner Vorgänger. Das moralische Dilemma währt kürzer als die Entschlüsselung eines geheimen Dokuments.

ab 10.4., Cineplexx Lauterach, Cineplexx Hohenems (OF am 16.4., 19.15 Uhr)

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