Neu in den Kinos: „Konklave“ Michael Pekler · Nov 2024 · Film
Etwas ist faul im Staate Vatikan: Eine Papstwahl steht an, und natürlich verfolgen die nach Rom gereisten Kardinäle vorrangig eigene Interessen. Weshalb Ralph Fiennes als zuständiger Leiter des Konklaves alles tun muss, damit die Intrigen und Packeleien aufgedeckt werden. Kompakter Kirchenkrimi vom neuen deutschen Starregisseur Edward Berger.
Was hat der Papst am Totenbett mit seinem Kardinal in buchstäblich letzter Minute besprochen? Welche dunklen Pläne verfolgt der Patriarch von Venedig? Und welches Geheimnis versucht der aus Nigeria angereiste Kardinal zu verbergen? Lügen, Betrug und Intrigen bei der anstehenden Wahl des neuen Oberhauptes der katholischen Kirche im Vatikan bilden das recht profane Fundament dieses Verschwörungsthrillers, den der britischen Bestsellerautor Robert Harris vor acht Jahren unter dem Titel „Konklave“ vorgelegt hat.
Weil Kirchenkrimis aber auch im Kino als Dauerbrenner funktionieren, hat es keine Ewigkeit gedauert, bis der Stoff mit Starbesetzung für die Leinwand adaptiert wurde. Erstaunlicherweise wurde aus der einfach durchschaubaren Story, in der beinahe jeder Würdenträger oft mehr als nur die eigenen Absichten zu verbergen hat, in der gleichnamigen Verfilmung ein durchaus kompakter Thriller. Denn unter der Regie von Edward Berger, der zuletzt mit der Adaption des Remarque-Klassikers „Im Westen nichts Neues“ einen Netflix-Hit landete und dafür einen Oscar einheimste, geht es zwar auch darum, der – oder wenigstens einer – Wahrheit zum Sieg zu verhelfen; doch wesentlich spannender als die internen Machtkämpfe und obligaten Lagerbildungen vor den einzelnen Wahldurchgängen ist der Blick des Films auf scheinbar Nebensächliches.
Deus ex machina
Während der Score des ebenfalls oscargekrönten Experimentalmusikers Volker Bertelmann, von Berger abermals zur Unterstützung einberufen, von Beginn an eine nervöse Atmosphäre generiert und es allerorten disharmonisch dröhnt und knarzt, widersetzt sich das Drehbuch von Peter Straughan („Dame, König, As, Spion“) wiederholt mit bissigem Humor einer konventionellen Spannungsdramaturgie: Mit einer Autokolonne werden die Kardinäle wie Staatsgäste abends zurück in das Hotel kutschiert, öffnen sich bei feinem Regen plötzlich Dutzende Schirme wie bei Jacques Demy in Cherbourg, und häufen sich während der Abstimmungen wie bei Halbstarken im Pausenhof die Zigarettenstummel auf dem Steinboden. Die ebenfalls aus aller Welt angereisten Nonnen sind derweil unter der Leitung von Schwester Agnes (Isabella Rossellini in einer undankbaren Nebenrolle) im Akkord in der Küche für das männliche Wohl zuständig. Was wesentlich zu einer der Intrigen beiträgt.
Die Fans auf dem Petersplatz warten also auf den weißen Rauch, während vor allem Ralph Fiennes als Kardinal Lawrence und die Veranstaltung leitender Dekan alle Hände voll zu tun hat, die unterschiedlichen politischen Vorstellungen über die Zukunft der katholischen Kirche unter ein Scheitelkäppchen zu bringen. Was ihm natürlich nicht gelingt, denn während die liberale Fraktion unter der Führung seines Freundes Bellini (Stanley Tucci) zusehends an Boden verliert, spitzt sich das Rennen zwischen dem scheinbar progressiven Nigerianer Adeyemi (Lucian Msamati), dem pragmatischen Kanadier Tremblay (John Lithgow) und dem erzkonservativen Italiener Tedesco (Sergio Castellitto) zu. Damit hat Lawrence natürlich vorab gerechnet, als überraschend auch für ihn erweist sich allerdings das plötzliche Auftauchen eines unbekannten Kardinals aus Afghanistan, den der Papst in letzter Minute in das Konklave einberufen hat.
Günstlinge mit Geheimnis
Lawrence dient auf konventionelle Weise als Identifikationsfigur und Enthüller. Ein rechtschaffener Mann alter Schule, der sich nicht in Versuchung hat führen lassen und auf die Erlösung von dem Bösen hofft. Er zweifelt nicht an Gott, sondern am Zustand seiner Kirche. Doch er hat den Auftrag erhalten, das Konklave nach bestem Wissen und Gewissen abzuhalten, und deshalb führt er Einzelgespräche und leitet Gruppensitzungen, stöbert hinter dem Sterbebett des Papstes und legt den Kardinälen anschließend braune Kuverts als Morgengabe auf den Frühstückstisch.
Denn dass im Vatikan nur an das Menschenwohl gedacht wird, glauben nicht einmal die Gläubigen. Und nach Filmen wie „The Da Vinci-Code – Sakrileg“ und „Die zwei Päpste“ zumindest im Kino schon gar niemand mehr. Von Korruption, Günstlingswirtschaft und Machtmissbrauch zeugten zuletzt spätestens die Gerichtsprozesse rund um die sogenannten „Vatileaks“. Doch wer Geheimnisse an die Öffentlichkeit bringen möchte, sollte auch als Kardinal das nötige technische Knowhow mitbringen: Zum Glück ist Lawrence nicht auf göttliche Hilfe angewiesen, wenn er vor dem Kopiergerät verzweifelt.
ab 21.11., Cinema Dornbirn, Cineplexx Lauterach, Cineplexx Hohenems (alle DF)