Neu in den Kinos: „Der phönizische Meisterstreich“ Michael Pekler · Mai 2025 · Film
Benicio Del Toro macht sich als superreicher Tycoon in der Begleitung einer Nonne und eines Insektenforschers auf den Weg, sein Familienerbe zu retten. Das klingt so durchgeknallt wie es ist, und wenig überraschend sieht der neue Film von Wes Anderson auch so aus wie die bisherigen. Das kann man mögen oder nicht – als luxuriöses Lustspiel erweist sich „Der phönizische Meisterstreich“ jedenfalls.
„Myself I feel very safe.“ Der Geschäftsmann Zsa-Zsa Korda (Benicio Del Toro) fühlt sich sicher. Auch wenn in seinem Privatflugzeug eine Bombe explodiert und er seinen Piloten kurz vor dem Absturz eigenhändig per Schleudersitz entlässt. Korda ist in einem Maisfeld wieder einmal buchstäblich mit einem blauen Auge davongekommen. Allerdings hat der Mann mit dem klingenden Namen die ständigen Attentate mittlerweile satt, weshalb die Thronfolge dringend geregelt werden muss. Für den reichsten Mann Europas steht fest: Seine Tochter, die er seit vielen Jahren nicht gesehen hat, soll das millionenschwere Erbe antreten. Falls sie einwilligt, denn Liesl (Mia Threapleton) ist Nonne, verzieht keine Miene und verzeiht dem Vater nur schwer. Vor allem die ungeklärten Tode seiner Ex-Frauen.
Kordas titelgebender Meisterstreich im fiktiven Staat Phönizien ist so simpel gedacht wie schwierig umsetzbar: In exakt neun hübschen Kartons liegen seine Baupläne zur alleinigen Herrschaft, die er als Tycoon mittels gigantischer Infrastrukturprojekte zu erreichen trachtet. Als Stolpersteine bei deren Umsetzung erweisen sich allerdings nicht nur die heimtückische Konkurrenz, sondern auch die offizielle Finanzbürokratie, die seine Börsenkurse manipuliert. Weshalb Korda, Liesl und sein neuer Sekretär, der schrullige norwegische Insektenkundler Bjorn (Michael Cera), sich auf den Weg machen, die Finanzierung der verschiedenen Baustellen – Tunnel, Eisenbahn und Kraftwerke sehen typisch für Wes Anderson aus wie Spielzeugwelten in einem Kinderzimmer – neu auszuverhandeln. Liesl stellt als Bedingung für ihre Begleitung allerdings die Abschaffung der Sklavenarbeit und die effiziente Bekämpfung von Hungersnot.
Abwechslung und Abnützung
Die kunstvollen Filme von Wes Anderson auf den ersten Blick zu erkennen ist keine Kunst. Der Wiedererkennungseffekt ist sogar so groß, dass Andersons bunte Retroästhetik vor zwei Jahren als Social-Media-Trend die Smartphones eroberte. Ob das mehr Fluch oder Segen bedeutet, sei dahingestellt. Andersons luxuriös stilisierte Arbeiten sind im Laufe der Jahrzehnte jedenfalls zu einem Markenzeichen des gebürtigen Texaners geworden, ebenso wie die Liste von Schauspielstars, die sich selbst zu Kurzauftritten gerne bereit erklären. So geben sich auch diesmal Tom Hanks, Scarlett Johansson und Bryan Cranston in Nebenrollen die Ehre. Bill Murray genügen gar wenige Sekunden als Gott.
„Der phönizische Meisterstreich“ („The Phoenician Scheme“) ist, anders als sein in einem Wüstenkaff stationierter Vorgänger „Asteroid City“, wieder ein Stationendrama. Das sorgt zwar für ein wenig Abwechslung und ausreichend Situationskomik, etwa wenn Tom Hanks und Bryan Cranston als Eisenbahnunternehmer zum unterirdischen Basketballturnier herausfordern, zugleich machen sich aber auch Abnützungserscheinungen bemerkbar. Bald wirken selbst die sorgfältigst arrangierten Tableaus austauschbar, und der Schauwert verpufft schneller als üblich, auch wenn Anderson die einzelnen Szenen besser gelingen als der ohnehin vernachlässigte Spannungsbogen.
Starre Schönheit
„Kritische Stimmen behaupten, dass Wes Anderson immer denselben Film drehen würde“, war vergangenes Jahr an dieser Stelle über „Asteroid City“ zu lesen. „Tatsächlich jedoch dreht er immer wieder einen neuen Film zum selben Thema.“ Das gilt besonders für „Der phönizische Meisterstreich“, bei dem man das Gefühl nicht loswird, diesen Film zu kennen, ohne ihn gesehen zu haben: als manieristisches Lustspiel, als pastellfarbene Familiensatire, und als perfektes Arrangement von Texturen und Kulissen. Jede Szene gerät zur Anekdote, der Film zur überspannten Nummernrevue. Am Ende erstarrt der jüngste Meisterstreich des derzeit wichtigsten Schöpfers extravaganter Komödien möglicherweise gerade aufgrund seiner Detailversessenheit in seiner eigenen Schönheit.
Ab 29.5., Cinema Dornbirn, SKINO Schaan (OmU)