Musikalische Sinnlichkeit bei der Pforte Silvia Thurner · Jun 2023 · Musik

„Geh bis an deiner Sehnsucht Rand“, unter diesem Leitgedanken wartete das intensiv musizierende Streichsextett mit Pawel Zalejski, SongHa Choi (Vl), Klaus Christa, Guy Speyers (Va), Mathias Johansen und Kajana Pačko (Vc) im Feldkircher Pförtnerhaus auf. Eine Uraufführung von Baran Mohammadbeigi, eine Rarität der Wiener Komponistin Vilma von Webenau sowie Schönbergs „Verklärte Nacht“ op.4 versinnbildlichten das Konzertmotto hervorragend.

Baran Mohammadbeigi studiert an der Stella Privathochschule Violoncello. Seit ihrer Jugend komponiert die aus dem Iran stammende Musikerin. Im Auftrag von Musik in der Pforte komponierte sie ihr erstes Streichsextett das im schönen Ambiente von „Pforte um 7“ erstmals gespielt wurde. Das Werk lenkte den Blick musikalisch in den südlichen Kulturkreis. In gut proportionierten Abschnitten erklangen feinsinnig verwobene, an mediterrane bzw. arabische Volksmusik angelehnte Melodien. Die Musiker:innen boten die themenbildenden Melodien transparent und gut durchhörbar dar und reichten sie zwischen den Instrumentalfarben hin- und her. Die Art, wie die volksmusikalischen Melodien in unterschiedliche klangliche Texturen aus minimalistischen Patterns hineingewoben, über Liegetönen und satten Bordunklängen geführt sowie in choralartige Passagen eingebettet wurden, machten den Reiz dieses Werkes aus. Zudem boten einige Passagen reizvolle Reminiszenzen an das arabische Instrument, die Tar.
Gut fügten sich die „Sommerlieder“ für Streichquartett und Rezitation von Vilma von Webenau in die Werkauswahl ein. Sie war Anfang des 20. Jahrhunderts die erste Kompositionsschülerin von Arnold Schönberg. Ihr Nachlass umfasst etwa 100 Werke, die in der österreichischen Nationalbibliothek liegen. Erst allmählich werden die Kompositionen wieder entdeckt und so gesehen war die Aufführung der „Sommerlieder“ wie die vorangegangene Uraufführung ein besonderes Ereignis. In einer spätromantischen, teilweise auch impressionistisch anmutenden Klangsprache porträtierte Vilma von Webenau in ihrem Werk die sechs Blumenarten Rittersporn, Roter Mohn, Vergissmeinnicht, Kornblumen, Jasmin und Rosen. Die Musiker:innen präsentierten die reizvollen Charakterstücke mit einem gemeinsamen Atem und einem geistreichen Austausch miteinander. Vor allem „Vergissmeinnicht“, in dem das Ensemble den wunderbar klangfarbenreichen musikalischen Fluss feinfühlig entfaltete, blieb in Erinnerung. Das Spiel mit optischen Vorstellungen der Blumenarten, damit verbundenen Erwartungen und die klanglichen Charakterisierungen boten ein anregendes Erlebnis.
„Verklärte Nacht“ op. 4 von Arnold Schönberg bildete einen intensiven Abschluss. Eindrücklich und transparent interpretierten die Musiker:innen das spätromantische Werk, das sich durch stets wandelnde Motivvariationen und sinnstiftende melodische Klammern in einem dichten Satz und vielgestaltigen Klangfarbenspielen entfaltete. Mit viel Bedacht aufeinander und ausdrucksstarken Soli von Pawel Zalejski an der ersten Violine wurden die emotional düstere Dramatik am Beginn und die allmähliche Aufhellung am Schluss intensiv nachempfunden.

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