„Mich interessiert der Sound der Welt“
PeterLicht begeistert in der Kammgarn
Thorsten Bayer ·
Mai 2025 · Musik
PeterLicht spielte am Samstagabend in der Kammgarn – und hatte sehr viel mehr zu bieten als seine Top-Hits „Sonnendeck“ und „Das absolute Glück“: Charme, Charisma, sehr intelligente Texte und eine angenehme Portion Selbstironie. Die beiden Musiker hatten sichtlich Freude an ihrem Auftritt, das Publikum ebenso. Im sympathischen Interview zuvor hatte er unter anderem von seinem neuen Album „Alles klar“, der Marke PeterLicht und den Inkarnations-Stufen als Bürostuhl und Kartoffel gesprochen.
„Ich stand an der Wand und trank aus dem Tischmülleimer /
Und das war nur ein Beispiel /
Oooh! Oooh! Oooh! /
Von geringem Ausmaß /
Aber trotzdem emotional /
Falsche Einschätzung der Situation“
Wenn ein Konzert so startet – mit Zeilen aus dem Song „Candy Käsemann“ – , dann kann nicht mehr viel schiefgehen. PeterLicht wünscht entsprechend einen „schönen problematischen Abend. Willkommen zum Käse“. Gleich im Anschluss folgt mit „Das absolute Glück“ einer seiner größten Hits von einem seiner bekanntesten Alben: „Lieder vom Ende des Kapitalismus“. Im Laufe der folgenden zwei Stunden gelingt dem Kölner und seinem musikalischen Begleiter, der Gitarre, Bass und Synthesizer bedient, ein begeisterndes Konzert. PeterLicht hat Charme, Charisma, sehr intelligente Texte – und nimmt sich selbst nicht zu ernst. Die beiden haben sichtlich Freude an ihrem Auftritt, das Publikum ebenso.
Vom Bürostuhl zur Kartoffel
Im Interview vor dem Konzert sagt PeterLicht, dessen bürgerlicher Name Meinrad Jungblut auch alles andere als austauschbar ist: „Ich bin als Projektionsfläche unterwegs.“ Seit Beginn seiner Künstler-Karriere hat er viel Spaß an Dada: Der Protagonist seines Videos „Sonnendeck“ – dem Song, mit dem ihm 2001 der Durchbruch gelang – war ein Bürostuhl, der durch die Gegend fährt und am Ende sogar fliegt. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete der studierte Jurist PeterLicht als Texter in einer avantgardistischen Designagentur. Musiker wurde er auf autodidaktischem Weg. „Die nächste PeterLicht-Inkarnationsstufe nach dem Bürostuhl war eine Kartoffel, die ich versendet habe: Bausätze für Kartoffelmännchen, frei nach dem Motto „Bau dir deinen eigenen Popstar, hier kommt er“.
Musik, Romane, Theaterstücke, Kolumnen
Zur etablierten Marke – „PeterLicht ist der Typ, der sich nicht zeigt“ – gehörte folgerichtigerweise, dass es bei Auftritten keine Bilder von ihm gab. Neben Musik war und ist er als Autor von Romanen, Theaterstücken und Kolumnen tätig. Im Jahr 2007 beispielsweise erhielt er beim Ingeborg-Bachmann-Preis den Publikumspreis, ließ sich aber bei der Lesung nur von hinten filmen und bei der Preisverleihung vertreten. Der ORF was not amused. Irgendwann fand er: „Jetzt ist das Konzept durchdekliniert. Nur wer sich ändert, bleibt sich treu. Jetzt gibt es auch ein Gesicht dazu.“
Neues Album „Alles klar“
Dieses Gesicht lächelt in der gut gefüllten Kammgarn in Hard häufig, aus gutem Grund. Zwar sind die Themen, von denen er singt, nicht immer die lustigsten – beispielsweise dreht sich der Song „Der böse Mann“ um den ehemaligen rumänischen Diktator Ceaușescu –, aber wie er Themen wie diese verhandelt, ist einmalig. So auch, wenn er vom „Mann mit der Bombe vom Al-Qaida-Ortsverein“ (aus dem Song „Es bleibt uns der Wind“) singt. „Der Klang von Sprache ist mein Thema. Mich interessiert der Sound der Welt“, sagt er. Die Fragilität der Welt sei das Thema des aktuellen Albums „Alles klar“. Dabei schaue er nicht aus einer apokalyptischen Sicht etwa auf die Klimakrise – „aber diese Dinge finden ja alle gerade statt. Deswegen ist es wichtig, ihnen einen Klang zu geben.“