Lola Marsh begeisterten mit „Best of“ inklusive Ausflug in die 1980-er Disco Peter Füssl · Mai 2023 · Musik

Die Sängerin Yael Soshana Cohen verbindet wehmütige Erinnerungen mit ihrem letzten Auftritt am Dornbirner Spielboden, der damals genauso vollgepropft mit begeisterten Besucher:innen aller Altersklassen war, wie der am letzten Aprilwochenende. Es war im Februar 2020, der Auftakt zu ihrer Welttournee und zugleich eines der letzten Konzerte, bevor die Corona-Pandemie jeglichen Konzertbetrieb gnadenlos in die Zwangspause schickte. Aber die Frontfrau der israelischen Band Lola Marsh ist sichtlich eine Frohnatur und blies jegliche schlimme Erinnerungen an den Lockdown-Wahnsinn gutgelaunt und ausgesprochen schwungvoll von der Bühne.

„Best of“ ...

Die ersten neun Songs der Set-List des Abends waren fast identisch mit jenen von vor zwei Jahren und enthielten die wesentlichen Highlights der ersten beiden Alben der 2011 vom musikalischen Mastermind und Gitarristen Gil Landau gemeinsam mit Cohen in Tel Aviv gegründeten Band. Der Opener „Hold On“, der vor drei Jahren wochenlang (nicht nur) in den FM4-Charts vertreten war, vereint die typischen Lola Marsh-Elemente – eingängige Melodie, angenehme Harmonien, griffige Hooklines – mit einer cineastischen Opulenz, die einen gleich mitten hinein ins Pop-Universum der sympathischen Israeli zieht. Er war ein Highlight des hervorragenden zweiten Albums „Someday Tomorrow Maybe“ (2020), ebenso wie das auf der Musikkonserve an Simon & Garfunkel erinnernde, folkige „Strangers On The Subway“ oder wie das poppig-muntere, über viel Ohrwurm-Qualität verfügende „Only For A Moment“. Live werden freilich viele Feinheiten weggewischt, die Mitsing- und Mitklatsch-Eignung wird in den Vordergrund gerückt, die Gitarren machen ein bisschen plakativer Stimmung und der Bass wird noch eine Etage tiefer in den Keller geschickt, um knallhart pochend jedermann und -frau den Rhythmus in die Magengrube zu jagen. Yael Soshana Cohens Stimme verfügt zwar über keine außerordentliche Bandbreite, ist aber unverwechselbar, kann nahezu hypnotisierend wirken und nimmt auf angenehme Weise gefangen. Dazu kommt, dass die Frontfrau ein echtes Kommunikationstalent ist, das die Zuhörer:innen im Nu um den Finger wickelt, permanent zum Interagieren animiert und bei bester Stimmung hält.
Darauf folgten drei exzellente Songs vom 2017-er Debütalbum „Remember Roses“: Das mit einem lässig gepfiffenen Intro Aufmerksamkeit erregende, zwischen Folk und Pop changierende „Wishing Girl“, die emotional opulente, verträumte Ballade „She’s A Rainbow“ und das auf Platte feinfühlig mit Akustikgitarre musizierte „Bluebird“, das sich auf der Bühne in stampfendem Charakter entlädt und in sphärische Dimensionen verabschiedet. Nach dem einschmeichelnden, folkigen „What Am I“ und dem kraftvollen, durchaus auch als „James Bond“-Song tauglichen „Darkest Hour“, die beide wiederum vom zweiten Album stammen, tauchte die im Quintett-Format auftretende Band schließlich in die Gegenwart ein.

... und ein Ausflug in die 1980-er Disco

Ende Oktober 2022 ist das dritte Lola Marsh-Album „Shot Shot Cherry“ erschienen, das neben den gewohnten Indie-Pop-Qualitäten der Israelis auch eine – vielleicht durch die Zwangsisolation zu Corona-Zeiten befeuerte – Tanzlust ins Zentrum rückt. So erschien es durchaus stimmig, dass man für das mit entsprechenden Synthie-Sounds verzierte Titelstück des Albums von der geschmackvollen, stimmungsvoll inszenierten Lightshow abrückte und verspiegelte Disco-Kugeln an der Spielboden-Decke rotieren ließ. In dieselbe 1980-er Jahre Kerbe schlägt auch der mit ins Publikum gerichteten Blinder-Schweinwerfern untermauerte Stampfer „Run Run Baby“. Dazu passte natürlich der ältere Handclap-Mitsing-Klassiker „Your’re Mine“ perfekt. Das reguläre Programm endete mit dem mitreißend coolen Pop-Song „Echoes“, der vor drei Jahren viral lief und damals auch für seine einfallsreich-witzige Videoversion viel Applaus erntete.

Gleich drei Zugaben

Das Publikum zeigte sich durchwegs begeistert, und die sichtlich gutgelaunte Band ließ sich nicht lange um Zugaben bitten. Mit dem im Duett von Cohen und Landau vorgetragenen, beschwingten „Never Grow Up“ und der wundervoll verträumten Piano-Ballade „Satellite“ machten sie nochmals auf das neueste Album aufmerksam, ehe sie die Zuhörer:innen mit dem entspannt startenden und zum Schluss noch hochdramatisch rockig explodierenden „Hometown“ in die Nacht entließen. Zwar mögen sich einige Qualitäten der Lola Marsh-Musik vom Tonträger genossen besser entfalten und der Hörgenuss ein differenzierterer sein, diese Band hat aber auch dieses Mal am Spielboden wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie über fulminante Live-Qualitäten verfügt, die einen Konzertbesuch jederzeit zu einem gelungenen Abend werden lassen.  

https://www.lolamarsh.com/

 

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