Lebensthemen im Lied nachempfunden
Konstantin Krimmel und Ammiel Bushakevitz machten die Faszination der Liedkunst erfahrbar
Silvia Thurner · Sep 2024 · Musik

Der Bariton Konstantin Krimmel und der Pianist Ammiel Bushakevitz zogen bei der Schubertiade Schwarzenberg die Zuhörenden mit Liedern von Schumann, Brahms und Mandyczewski in ihren Bann. Ihre große musikalische Ausdruckskraft machte die Faszination, die von der Schubertiade Schwarzenberg ausgeht, einmal mehr erlebbar. Als gleichwertige, sich hervorragend ergänzende musikalische Partner formten die Musiker Lieder rund um das Leben, die Liebe und die Vergänglichkeit. Vor allem die detailreiche musikalische Zeitgestaltung des Pianisten und des Sängers verlieh jedem Lied, das sie an diesem Abend zelebrierten, eine große Aussagekraft.

Schumanns Liederkreis, op. 39 stellt neben Schuberts „Schöne Müllerin“ und der „Winterreise“ einen Gipfelpunkt der Liedkunst dar. Die Gedichte von Joseph von Eichendorff und die Musik von Robert Schumann gehen dabei kongeniale Verbindungen ein und spiegeln die Quintessenz der romantischen Weltbetrachtung wider. Ständig changieren die einzelnen Lieder zwischen den Polen einer ungestillten Sehnsucht und Erfüllung, die in musikalischen Naturbildern und Themengestalten ausgedeutet werden.
Mit großer Ruhe und Abgeklärtheit leitete Konstantin Krimmel den Liederkreis ein, führte seine samtweiche Stimme mit Zurückhaltung und brachte dadurch feinste stimmliche Färbungen textdeutend zur Geltung. Im „Waldesgespräch“ wirkten die Qualitäten von Konstantin Krimmel und Ammiel Bushakevitz sehr präsent: Sie gestalteten energisch, leidenschaftlich psychologisierend und zugleich gespenstisch zurückhaltend, mit überraschenden Wendungen. 
Spätestens in der „Mondnacht“ wurde wohl allen im Saal aufs Neue bewusst, was das kollektive Hören im Auditorium und authentische Künstler auf der Bühne so besonders und eindrücklich macht. Mucksmäuschen still hörten alle zu. Das feinsinnige Gestalten des Sängers und des Pianisten hoben dabei das Zeit- und Raumgefühl auf.
Während Ammiel Bushakevitz zu Beginn mitunter etwas zu dominant agierte, fanden die beiden Musiker rasch zueinander und setzten im Lied „In der Fremde“ und in „Zwielicht“ mit der durchdachten Deutung der harmonischen und melodischen Farben weitere Höhepunkte. Robert Schumann beendete den Liederkreis mit der fröhlich inspirierten „Frühlingsnacht“. Doch Konstantin Krimmel und Ammiel Bushakevitz verliehen dem Liederkreis eine andere Note. Sie fügten das Lied „Der Einsiedler“ hinzu und verstärkten damit die romantisch-psychologische Metapher des Waldes. Der Wald, der einesteils Schutz und Geborgenheit bietet und gleichzeitig dunkel, düster und unheimlich wirkt.

Brahms und Mandyczewski – zwei Freunde

Die Liedauswahl setzten Konstantin Krimmel und Ammiel Bushakevitz mit Brahms und Eusebius Mandyczewski fort. Die beiden Komponisten waren eng befreundet. Mandyczewski setzte sich maßgeblich für die Publikation der Werke von Johannes Brahms und dessen Gesamtausgabe ein. Der aus der Ukraine stammende Komponist studierte bei Eduard Hanslick in Wien. Er wurde als Leiter der Wiener Singakademie und Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde hochgeachtet. Neben orthodoxen Messen hinterließ er zahlreiche rumänische Lieder.
Werke genau dieses Komponisten neben Lieder von Johannes Brahms zu stellen, bot spannende Einblicke in unterschiedliche kompositorische Wirkgeschichten. Unterhaltsam gestalteten Konstantin Krimmel und Ammiel Bushakevitz ausgewählte „Rumänische Lieder“, op. 7 aus. Funkelnd spritzige Klavierbegleitungen unterstrichen die humorvollen Lieder hervorragend, in denen oft fantasiereiche Verführungskünste geschildert wurden. Einen zugleich genießerischen und humorvollen Touch verlieh Konstantin Krimmel den Liedern durch seine bewundernswerte Imaginationskraft.
Selbstverständlich waren die Lieder von Johannes Brahms in der kompositorischen Ausgestaltung weit komplexer und vieldeutiger angelegt als diejenigen von Eusebius Mandyzewski. Dies wurde sogleich mit dem ersten Lied, „Meerfahrt“, op. 96/4 deutlich.
In den Sog der romantischen Liedgestaltung, in der das Meer als Sinnbild für die Weltverlorenheit steht, zogen Konstantin Krimmel und Ammiel Bushakevitz die Zuhörenden. Die harmonischen Farben schillerten, markante Intervalle und der motivische Bewegungsverlauf versinnbildlichten den Text von Heinrich Heine exzellent. Das Pendant zu Schumanns „Mondnacht“ bildete die „Feldeinsamkeit“ von Johannes Brahms. Auch hier begeisterten die nuancierte Stimmführung und die musikalisch deutenden Felder im Klavierpart. In Erinnerung blieb überdies „Auf dem Kirchhofe“, denn auch in dieser Werkdeutung brachten die Musiker die Quintessenz der Liedkunst auf den Punkt. Und als ob das nicht genug des Guten gewesen wäre, bescherten die beiden sympathischen Künstler den Zuhörenden mit Schumanns „Belsatzar“, op. 57 eine durch Mark und Bein gehende Zugabe.

https://www.schubertiade.at

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