Pointenreich und musikalisch vielfältig: Die drei Friseure sind mit ihrem neuen Programm „Working Class Heroes“ unterwegs Walter Gasperi · Okt 2022 · Kleinkunst,Kabarett

Nach der Premiere im Frühjahr im Feldkircher Theater am Saumarkt starteten Die drei Friseure am Samstag im mit über 300 Besucher:innen nahezu ausverkauften Vereinshaussaal der Götzner Kulturbühne AMBACH ihre Herbst-Auftritte: Mit sprühendem Wortwitz und musikalischer Vielfalt rissen sie das Publikum mit und boten zwei Stunden beste Unterhaltung.

"Working Class Heroes" nennen Die drei Friseure ihr neues Programm, doch schon beim ersten Lied machen sie klar, dass Arbeit zwar wichtig sei, sie dieser aber doch lieber aus dem Weg gehen und stattdessen ein Lied singen. Nie merkt man auch, dass hinter so einem zweistündigen Kabarett-Programm enorme Arbeit steckt. Ganz locker und leicht kommen die Nummern herüber, wirken professioneller und nicht mehr so improvisiert wie früher, haben gleichwohl nichts von ihrer Frische verloren. Denn nie wirkt der Auftritt in Routine erstarrt, sondern immer verbreiten Dr. Love (Stefan Beer), Mc Katz (Daniel Amann) und Barbasacco (Bernhard Widerin), die längst bestens aufeinander eingespielt sind, perfekt harmonieren und aufeinander reagieren, eine ansteckende Spielfreude.

Sprühender Wortwitz

Spätestens wenn beim zweiten Song das Publikum - und speziell die "Gerti aus der 11. Reihe" – ins Programm einbezogen wird, gibt es kaum mehr ein Halten: Da wird mitgesungen, mitgeklatscht - und vor allem viel gelacht.
Zu verdanken ist dies vor allem der perfekten Mischung aus vor Wortwitz sprühenden Einführungen und unglaublich vielfältigen Musiknummern. Zurückgenommen sind zwar weitgehend Bemerkungen zur aktuellen Situation, denn Corona ist ziemlich ausgelaugt, Teuerung und Ukraine-Krieg sind zu ernst für so ein Spaßprogramm. Doch Alltagsbeobachtungen bieten genug Möglichkeiten für trockenen Witz und auch auf den einen oder anderen politisch unkorrekten Seitenhiebe zum Gendern wird nicht verzichtet.

Thematisch vielfältig

Stärker als auf ihr "Friseurgeschäft", auf das eine Trockenhaube auf der Bühne verweist, bezieht sich das Trio in seinem neuen Programm auf seine Anfänge als Straßenmusikanten im Wien der Jahrtausendwende. So gibt es einen Song auf das harte Los einer "lebenden Statue" ebenso wie einen "Lobgesang" auf die Pizza.
Nicht fehlen darf angesichts des Titels aber auch das Thema Arbeit. Da wird nicht nur an den sowjetischen Arbeitshelden Alexei Stachanov erinnert, sondern vor allem an Elon Musk, dessen Arbeitsleistung aufgrund seines Einkommens doch millionenfach höher sein muss als das eines durchschnittlichen Österreichers.
Humoristisch verpackt und nie schwergewichtig werden so doch auch ernste Themen wie soziale Ungleichheit, aber auch das Geschäft mit Billigflügen, bei denen man nicht nur Gepäck, sondern auch für jeden Toilettengang extra zahlt, oder das Verschwinden der klassischen Rentner angesprochen.

Vom Schlager bis zum Kirchenlied

Zur inhaltlichen Vielfalt kommt dabei auch eine musikalische. Denn gespielt wird hier nicht nur auf Gitarre, E-Gitarre, Ukulele, Mundharmonika und Keyboard, sondern Barbasacco greift auch mal zu Querflöte und Flöte, während Dr. Love seine Geigenkünste demonstriert. Mal orientiert sich die Musik am Schlager, dann gibt es jazzige Einflüsse, auch ein Wienerlied fehlt nicht und Mc Katz adaptiert das Kirchenlied "Alles, was ich hab‘ und alles was ich bin, alles mein Gott, leg ich vor dich hin" zur sakral-fiskalischen Auseinandersetzung mit einem Bankbetreuer, der keinen Kredit gewähren will.

Fulminante Flamenco- und Opernparodie

Zu einem Flamenco legt Dr. Love einen fulminanten Tanz hin und zu einem Höhepunkt des Abends entwickelt sich eine furiose Opernparodie. Hinreißende Pantomime und Operngesang tritt hier an die Stelle des Wortwitzes, wenn sich in einem mittelalterlichen Friseursalon eine klassische Operntragödie mit Eifersucht und Mord entwickelt. Das passt nicht nur bestens zur im Hauptsaal der Götzner Kulturbühne parallel laufenden Vorstellung von "Die Zauberflöte", sondern bereitet auch unabhängig davon ganz großes Vergnügen.
Selbst mit dem Procedere der Zugaben, denen sich die drei Musikkabarettisten angesichts des frenetischen Applauses nicht entziehen können, wird hier gespielt. Nochmals wird dabei zum Abschluss dieses mitreißenden Programms mit "Wir sind der Hammer und der Stahl" die Arbeiterthematik aufgegriffen und eingestreut wird auch der Hinweis auf den CD-Verkauf, für den Sophie Dubois (Fabienne Gilet), die auch als Fotografin fungierte, am Ausgang sorgte.

Weitere Infos zu "Die Drei Friseure" und Termine aller Auftritte: http://www.dreifriseure.com/

Nächste Auftritte in Vorarlberg:
Fr 28.10.22: Remise Bludenz
Sa 29.10.22 Vereinshaus Lauterach
Fr 25.11.22 Conrad Sohm, Dornbirn
Sa 15.04.23 Thalsaal, Thal bei Sulzberg
Sa 30.09.23 Lampenfieber, Bludesch

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