Ingo Lenßen im TAK: mit Recht ein kurzweiliger und amüsanter Abend Anita Grüneis · Nov 2020 · Kleinkunst,Kabarett

Die meisten TAK-Besucherinnen und -Besucher kannten ihn von seiner TV-Sendung «Lenßen und Partner», in der er sechs Jahre lang fiktive Fälle löste, davor spielte er in der Sendung «Richter Alexander Hold» den Strafverteidiger. Heute kümmert sich der Strafverteidiger Ingo Lenßen um echte Fälle und beantwortet im TV die Fragen von Telefonanrufern. Da kann es schon mal passieren, dass ihn jemand wegen eines Grabes anruft und wissen will, wie das so ist, mit dem Grabrecht. Und so nannte er sein Programm auch «Zwischen Taufe und Grab».

Die andere Seite sehen

Das Gastspiel von Ingo Lenßen war keine Lesung, sondern eher ein Entertainment-Abend. Der Jurist mit seinem markanten Zwirbelbart brauchte nur einen kleinen hohen runden Bartisch, auf dem er sich manchmal abstützte. Die meiste Zeit aber wanderte von links nach rechts und umgekehrt und erzählte dabei von seinen interessanten Gerichtsfällen. Er wusste sowohl seine Mandanten spielerisch zu schildern als auch sich selbst. Dabei half ihm seine TV-Erfahrung und die Tatsache, dass er für das Recht zu brennen scheint. Denn für Ingo Lenßen ist die Verteidigung eines Menschen immer auch eine Möglichkeit, die andere Seite einer Sache zu sehen. Und so meinte er denn auch, dass die Welt der Verbrechen im normalen Alltag eine fremde Welt sei, mit der niemand etwas zu tun haben wolle, die ängstige und zugleich fasziniere.

Wann ist ein Mann ein Mörder?

Wie so etwas aussehen kann, schilderte er in einem Fall, bei dem ein Mann eines Nachts im Nebel nachhause fuhr, als ihm etwas ans Auto prallte. Der Mann fuhr weiter und nach rund zwei Kilometern wurde ihm plötzlich bewusst, dass er vielleicht jemanden angefahren haben könnte. Er kehrte um und fuhr zurück. Als er zur Kollisionsstelle kam, sah er bereits Polizei und Rettungswagen stehen, erschrak und fuhr davon. Später stellte sich heraus, dass bei diesem Unfall ein Kind starb, ein weiteres verletzt worden war. Ist dieser Mann nun ein Mörder? Wie lässt sich so jemand verteidigen? Als Strafverteidiger fand Ingo Lenßen eine humane Komponente, mit der er den Mann vor Gericht vertreten konnte. 

Das Recht hat kuriose Seiten

Neben diesem ernsten Fall schilderte er auch durchaus kuriose Fälle – so fragte ihn jemand am Telefon, ob das Autofahren «unten ohne» erlaubt sei. Dabei stellte sich heraus, dass es eine Gruppe von Autofahrern gab, die bevorzugt «unten ohne» durch die Gegend fahren und sich dann in einem Waldstück treffen. Ein weiteres Kuriosum war das Problem einer Frau, die nach ihrem Tod im Familiengrab liegen wollte, in dem aber schon ihr Schwager und ihr Mann nebeneinander lagen. Im Verlauf des Gesprächs bemerkte Ingo Lenßen, dass die Frau sich vor allem ärgerte, weil sich die Familie des Schwagers nicht an der Grabpflege beteiligte. Viel zu lachen gab es in einem weiteren Fall, bei dem ein Chinese nicht fassen konnte, dass er als hübscher Mann mit einer sehr hübschen Frau hässliche Kinder hatte. Er ließ einen Vaterschaftstest machen, der ihn als Vater bestätigte, fand dann aber heraus, dass seine Frau schon acht Schönheitsoperationen hatte machen lassen. Der Mann klagte tatsächlich auf Schadensersatz. 

Ingo Lenßen ist ein wunderbarer Geschichtenerzähler, der, ganz nebenbei, auch Informationen weitergibt, so wies er darauf hin, dass die häufigste Mordwaffe in USA die Schusswaffe sei, in Deutschland das Messer, in Russland die Axt – die hat man dort eben noch im Haus. Und dass in der Scharia die Todesstrafe durch Steinigung zu erfolgen hat und dass dabei sogar die Größe der Steine vorgeschrieben sei. Das Recht kann manchmal doch auch perverse Seiten haben. 

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