Er ist immer noch da – Ein Abend mit Emil im TAK Anita Grüneis · Nov 2019 · Kleinkunst,Kabarett

Emil und die Bühne – das ist eine Liebesbeziehung, die bereits ihre goldene Hochzeit feiert. Und doch ist die Beziehung frisch wie eh und je – wie im TAK Theater Liechtenstein zu merken war. Zwei ausverkaufte Vorstellungen – ein Publikum, das nach fast drei Stunden beglückt von dannen zieht und ein 86-jähriger Emil Steinberger, der den Abend auf der Bühne ganz alleine trägt mit seinem Programm „Alles Emil, oder?!"

Der Titel ist zugleich Programm. Alles ist von Emil und durch Emil – ob er träumt wie in den siebziger Jahren, sich vor aller Augen in ein provisorisches Bett einnistet und dann doch nicht weiß wohin mit den Armen, ob er noch schnell nachschauen muss, was auf der Straße los ist, über das Auto des Nachbarn, einen „Citroääään“, grübelt oder sich die Ecke der Bettdecke um den Hals schlägt, als sei es ein Schal – Emil ist immer Emil. Der Bünzli-Schweizer. Manchmal streift er Themen nur, als würde er laut nachdenken, huscht weiter und man vermisst einen Seitenstich. Aber das war nie Emils Ding. Groß geworden mit der Einstellung: „Was denken wohl die Leute?“ hat er sich diese Leute genauestens angeschaut. Er kennt sie von innen und schlüpft auf der Bühne in ihre Persönlichkeiten.

Hugi fährt nun E-Bike

Da ist der Vater, der dem Sohn erklären will, warum ein Flugzeug fliegt, das doch selbst nicht so genau weiß, aber abenteuerliche Begründungen liefert, zum Beispiel, wie die Piloten nachts nach Paris finden: „Sie fliegen ein paarmal tagsüber, dann finden sie auch nachts den Weg.“ Ausführlich versetzt sich Emil in die Figur des „Hugi“, der Radrennfahrer werden will, eine Blutentnahme aber empört ablehnt mit dem Hinweis: „Ich geb’ doch denen nicht mein Blut, am Ende machen sie daraus mit einem Metzger noch eine Blutwurst.“ Hugi elektrifiziert sich, weil ihm „der Strom guttut“ und rast nur mit E-Bikes durch die Gegend, überlegt dann aber doch, Drohnenpilot zu werden, weil er da erblich vorbelastet sei: „Mein Großvater ist Imker gewesen, der hat immer von den Drohnen erzählt.“

Aufs Maul und in die Seele geschaut

Am besten ist Emil immer dann, wenn er jemandem aufs Maul und den restlichen Körper geschaut hat und das wortwörtlich wie auch mimisch wiedergibt. Wie bei seinem Selfmade-Manager, der voll Stolz und Herablassung von seiner Karriere erzählt – oder der Restaurant-Gast, der bedächtig Stück für Stück vom imaginären Steak abschneidet, es in den Mund schiebt, langsam kaut und dabei die Leute um sich beobachtet, um dann altkluge Tipps für andere Lokale zu geben. Kurz danach ist Emil der Kellner, der jedem Gast akribisch ein Mahl aufgrund seiner Anzahl erlaubter Kalorien ausrechnet. Da gibt es dann als Nachtisch den Styropor-Pudding zum Anschauen. Außerdem lässt Emil noch einmal die Mengenlehre aufleben, errechnet neue Schnittmengen, beispielsweise aus Buchseiten und Sportler = Seitensprünge oder Blut und Sportler = Spritzensportler. 

Hanf oder Tabak – Tod und Gras

Emil füllt mühsam das Steuerformular aus, versucht die aufgeklaubten Birnen seiner Frau als Einkommen unterzubringen, stellt sich vor, wie die „tödliche“ Zigaretten-Wand im Einkaufszentrum mit dem Wort „Gras“ ersetzt wird, weil alle nur noch Hanfzigaretten rauchen, und bemerkt trocken, was „Gras“ von hinten gelesen heißt. Da ist ihm der Lacher aus dem Publikum sicher. Er reflektiert übers „Z-wölfie“ statt dem „S-elfie“ – so etwas ist nur im Schweizerdeutsch möglich! – und beendet seinen Abend mit einer Nummer, die bereits 60 Jahre alt ist und immer noch funktioniert: Als Putzmann sucht er eine Frau übers Walkie-Talkie im Publikum! Doch damit nicht genug – er gibt auch noch eine Zugabe! Ein unglaublicher Mann, dieser Emil Steinberger, dem an diesen Abenden seine Frau Niccel hilfreich zur Seite stand und ihm die Bühne zu jedem Sketch passend herrichtete. Emil gehört zur Schweiz wie das Matterhorn, und auf die Bühne wie die Scheinwerfer. Ein 86-jähriger voller Schabernack und Lebenslust. 

Heute nochmal zu sehen:
8.11., 20.09 Uhr, TAK Schaan

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