Compagnia Baccalà: „Pss Pss“ - Clown- & Circustheater im Freudenhaus Peter Niedermair · Sep 2020 · Kleinkunst,Zirkus

Compagnia Baccalà sind zwei Artisten, er: Simone Fassari und sie: Camilla Pessi. Sie beide verließen 2004 das traditionelle Zirkusterrain und schufen ihr erstes international gefeiertes Programm „Pss Pss“, das aktuell mittlerweile 800-mal in über 50 Ländern auf 5 Kontinenten aufgeführt wurde. Baccalà wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet, eine Show, so einzigartig wie lustig, virtuos und äußerst charmant – eine Show, wie man sie hier im Land schon zwei- oder gar dreimal gesehen hat. Im Freudenhaus.

Mit Jonglage, Hand-auf-Hand-Akrobatik, atemberaubendem Slapstick am Trapez und ungewöhnlichen und doch eingängigen Musiknummern erzählen sie eine bezaubernde Geschichte über die Freundschaft. Es war ein bisschen mehr als eine Stunde pure „Lust an der Freud“, eine wortlose, witzige, herzliche Liebesgeschichte eines Paares, das das Publikum in den Olymp der Clownkunst entführte. Die Artistik der beiden Clowns kommt so leichtfüßig ernst und heiter, akrobatisch, brillant, fesselnd, phantasievoll, komisch und voller dramatischer Momente auf die Bühne, dass – mir zumindest – bei manchen Passagen die Luft stehen blieb. Simone Fassari / Camilla Pessi gelingt es, in diesen 65 Minuten, das Publikum, Junge, Junggebliebene und ein paar ganz Junge  an das clowneske Geschehen und einzelne Geschichten aus dieser Tradition zu fesseln. Wiederholt kommt die Erzählung zu einem Still und das Paar umarmt sich in epischer Breite. Dann wird es ganz still im Freudenhaus. In „Pss Pss“ erobern zwei eigensinnig-eigenwillige Mimen mit ihrer großen Ausdruckskraft und in dialogischer Bezogenheit  die Bühne, um mit höchst amüsanten Gesten und Blicken einen fesselnden Pas de Deux aufzuführen. Das ist poetisch und ernst, ein optischer Augenschmaus. Unter den bedeutenden Auszeichnungen entdeckt man unter anderem: Den Cirque du Soleil Preis des Festival du Cirque du Demain 2009, den Fringe Review Winner of Outstanding Shows 2014 und den Schweizer Kleinkunstpreis 2016.

Die ungewöhnliche Erfolgsgeschichte der Baccalà

Wir haben die Compagnia Baccalà Mitte Juli 2011 in Avignon beim Theaterfestival im Theatre des Lucioles gesehen, damals auf dem Weg nach Molitg-les-Baines, im Département Pyrénées-Orientales der Region Okzitanien, wo der katalanische Cellist Pau Casals während der Franco Diktatur im Exil war. Die Bilder Baccalàs reisten nach der Aufführung ständig mit und tauchten im Repertoire täglicher, aber nicht alltäglicher Erinnerungen auf. Regie in „Pss Pss“ führt Louis Spagna, künstlerische Begleitung und Technik besorgt Valerio Fassari, das Beleuchtungsdesign stammt von Christoph Siegenthaler. Louis Spagna lebt in Belgien als Regisseur, Musiker, Akkordeonbauer, Lehrer, Schauspieler und Clown, er ist studierter Philologe und war auf der ersten Tournee des Cirque du Soleil 1984 dabei. Seit 1995 schreibt und inszeniert er zeitgenössischen Zirkus und hat bei verschiedenen internationalen Produktionen – unter anderem Argonauts, OkidOk and Baccalà – Regie geführt. Seine Stücke leben von der Reduktion auf das Wesentliche, der verdichteten Abfolge von Bewegungen. Die Company besteht, wie gesagt, aus Camilla Pessi und Simone Fassari; sie lernten sich während ihrer Ausbildung an der Scuola Teatro Dimitri  im Tessin kennen. Jahrelang traten sie unabhängig voneinander in Zirkussen und Varietes in verschiedenen Ländern auf. Bis eines Tages, im Jahr 2004, als Simone Camilla bat für seine weggelaufene Akrobatikpartnerin einzuspringen. So sahen sie sich wieder. Beide entdeckten ihre künstlerische und menschliche Seelenverwandtschaft, verfeinerten ihre Clownfiguren und bereisten die Welt. „Pss Pss“ entstand 2010, war 2011 im London International Mime Festival zu sehen und gehörte jahrelang zu den sell-out shows beim Avignon Festival in Südfrankreich sowie am Edinburgh Fringe. Die Aufführung im ausverkauften Lustenauer Freudenhaus letzten Freitag begeisterte ein sichtlich vergnügtes Publikum. Den Freudenhaus Nachfolgern Willi Pramstallers, Roman Zöhrer und Lisa-Marie Berkmann, möchte man empfehlen, die Baccalà wieder hierher einzuladen. Es war ein wunderbarer Abend, es hat uns sehr gefreut.

In der restlichen, wenn auch sehr verkürzten Freudenhaus-Saison, sind diesen Herbst zu sehen:

Omar Sarsam - 23. Oktober 2020

Fritz Karl & Streichquartett Sonare - 27. November 2020

Roland Düringer - 28. November 2020

Marie Spaemann - 12. Dezember 2020

Michael Lerchenberg & Jost-H. Hecker - 16. Dezember 2020

www.freudenhaus.or.at

Teilen: Facebook · E-Mail