Klassik-Nahversorger des Landes
Das Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) stellte am Montag im Casino Bregenz das Programm der nächsten Saison vor – die erste unter der Geschäftsführung von Gerald Mair.
Michael Löbl ·
Mai 2025 · Musik
„Wir möchten dem Anspruch, ‚Klassik-Nahversorger‘ des Landes zu sein, besser gerecht werden – und abseits der Spielorte unserer Abo-Konzerte noch präsenter sein“, erklärte Gerald Mair. Die Abonnement-Reihe im Montforthaus Feldkirch und im Festspielhaus Bregenz bleibt das Zentrum des Schaffens.
Doch der Radius wird größer. Auch außerhalb der bekannten Spielorte möchte das SOV die Bevölkerung erreichen: Beim Format „SOV Outreach“ gehen im Sommer 2026 kleine Ensembles für kurze Gastspiele auf Vorarlberg-Tour. Dazu sollen moderierte Konzerte mit klassischer Kammermusik und bekannten Stücken an öffentlichen Orten dienen. Der Zeitraum ist mit Mai/Juni 2026 umrissen, Details folgen.
Symbolische Staffelübergabe
Gerald Mair, seit dem 1. November 2024 im Amt, arbeitet in Abstimmung mit Leo McFall bereits an den folgenden Spielzeiten. 2025/2026 ist noch in wesentlichen Teilen von seinem Vorgänger Sebastian Hazod konzipiert worden. Hazod wurde zum Jahresbeginn Direktor des Musikkollegiums Winterthur. Mit einer charmanten Idee stellt sich eine Verbindung zwischen den beiden Geschäftsführern her: Da beide aktive Kontrabassisten sind bzw. waren, wurde ein Kontrabasskonzert im Abonnement-Programm 2 als symbolische Staffelübergabe auf das Programm gesetzt.
Um nahe am Publikum zu sein, setzt das SOV weiterhin stark auf Vernetzung: Partnerschaften mit Institutionen in Vorarlberg sind dem Geschäftsführer wichtig. Drei Beispiele sind die Bregenzer Festspiele, bei denen das SOV die Festmesse, die Orchestermatinee (unter der Leitung von Chefdirigent Leo McFall) sowie die Aufführungen des Opernstudios spielt. Mit dem Landestheater kooperiert das SOV bei Béla Bartóks Oper „Herzog Blaubarts Burg“, außerdem ist es ein Partner beim Festival texte & töne im ORF Landesstudio. Weitere wertvolle Partnerschaften bestehen mit der Schubertiade bei einem Chorkonzert in Hohenems und der Pfarre Lustenau, wo das Mozart-Requiem mit dem international gefragten Vorarlberger Dirigenten Manfred Honeck aufgeführt wird.
Das erfolgreiche Konzept des Symphonieorchesters Vorarlberg bleibt erhalten: Bekannte Werke der Orchesterliteratur werden mit unbekannten verbunden. „Klassiker kommen bei den Menschen bestens an. Aber auch neue Werke stoßen auf großes Interesse. Wir beobachten, dass sie nach den Konzerten für intensiven Austausch sorgen“, sagt Gerald Mair.
Saisonbeginn in der Kirche
Für das Symphonieorchester Vorarlberg startet die Saison nicht wie allgemein üblich zu Schulbeginn im Herbst, sondern mit den Bregenzer Festspielen. Die Festmesse am 13. Juli in der Pfarrkirche St. Gallus ist der erste Auftritt der Saison 2025/26. Einen Monat und viele Proben später, am 12. August, sitzt das SOV im Orchestergraben des Theaters am Kornmarkt, um unter der Leitung des jungen finnischen Dirigenten Kaapo Ijas die Premiere von Gioachino Rossinis genialer Oper „La Cenerentola“ zu spielen. Am 17. August, dem letzten Tag der Festspiele, findet dann die traditionelle Orchestermatinee unter der Leitung von Chefdirigent Leo McFall statt, mit Werken von Oskar Fried, Alma Mahler und der 4. Symphonie ihres Ehemannes Gustav Mahler. Vier Jahre nach der letzten Mahler-Aufführung mit Kirill Petrenko wagt man sich also wieder an diesen Komponisten heran.
Abo-Start im September
Zum Start in die neue Abonnement-Saison am 27. und 28. September leitet Lorenza Borrani das Konzert 1 im Play-and-conduct-Format und präsentiert ein Violinkonzert, das ihr die Schweizer Komponistin Ursina Maria Braun auf den Leib geschrieben hat. Lorenza Borrani ist unter anderem Konzertmeisterin des Chamber Orchestra of Europe und somit eine Nachfolgerin des ehemaligen SOV-Chefdirigenten Gérard Korsten, der diese Konzertmeisterposition ebenfalls viele Jahre innehatte. Nach dem erwähnten Kontrabasskonzert (Solist: Marc André) im zweiten Abonnement-Programm am 25. Und 26. Oktober, das von Francesco Angelico, dem ehemaligen GMD des Tiroler Landestheaters, dirigiert wird, folgt am 8. November, außerhalb des Abo-Kalenders, das Festival texte & töne. Wobei der Name „Festival“ für ein halbtägiges Event vielleicht doch falsche Erwartungen wecken könnte. Im ORF-Landesstudio Vorarlberg werden unter anderem ein Werk von HK Gruber sowie „Parabeln nach Franz Kafka“ des Wiener Komponisten Carl Tertio Druml zu hören sein, ein Auftragswerk des SOV.
Das dritte Abonnement-Programm (29./30. November) leitet wieder Chefdirigent Leo McFall mit Werken von Benjamin Britten, W.A. Mozart und Antonín Dvořáks dunkler Symphonie Nr. 7. Als Solist in Mozarts letztem Klavierkonzert konnte der englische Starpianist Steven Osborne gewonnen werden.
Weitere Uraufführung bei „SOV meets JOV“
Das Jazzorchester Vorarlberg wird 2026 zwanzig Jahre alt und feiert sein Jubiläum am 31. Januar und 1. Februar mit dem SOV. Benny Omerzell und Martin Eberle schreiben derzeit „SOV meets JOV – Insomniac Dreams“, das als Uraufführung auf die Bühne in Feldkirch und Bregenz kommt. Es ist dies eine Neuauflage eines ähnlichen Projektes im November 2017, ebenfalls mit dem Jazzorchester Vorarlberg. Damals schrieb der Südtiroler Gerd Hermann Ortler ein neues Stück für diese Besetzung. „Nur das große kreative Potential unserer Region macht ein solches Konzert möglich, und ich bin sicher, dass diese so besondere Kombination ein unvergessliches Konzertereignis schaffen wird“, kündigt der Chefdirigent an. Der Solist im vorletzten Abo-Konzert am 7. und 8. März ist Andrey Godik, Solo-Oboist der Münchner Philharmoniker. Als Schüler von François Leleux wird er dasselbe Werk spielen, mit dem sein Lehrer im Januar 2025 in Dornbirn zu hören war, nämlich das Oboenkonzert des Tschechen Bohuslav Martinů.
Doch wieder Oper
Wegen der großen Renovierung des Theaters am Kornmarkt würde man den geplanten Zweijahresrhythmus nicht einhalten können, darum gibt es jetzt 2026 doch noch eine Musiktheaterproduktion mit Béla Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“, allerdings außerhalb des Abonnements. Vermutlich weil das Publikum dieses Werk erst im Januar 2023 in einem Abo-Konzert gehört hat. Als Koproduktion mit dem Theater Biel Solothurn kommt zwischen 15. und 29. März eine reduzierte Fassung des Dirigenten Eberhard Kloke zur Aufführung.
Am 28. März steht das Mozart-Requiem mit Manfred Honeck im offiziellen SOV-Kalender. Das sieht zwar gut aus, ist aber ein kleiner Etikettenschwindel. Honeck hat das Mozart-Requiem in Vorarlberg mindestens schon zehn Mal dirigiert, zunächst an seinem Wohnort Altach, seit mehreren Jahren in der Erlöserkirche Rheindorf in Lustenau und es haben unter verschiedensten Bezeichnungen immer Vorarlberger Musiker:innen gespielt, natürlich auch viele Mitglieder des SOV. Manfred Honeck ist seit nunmehr 17 Jahren Music Director des Pittsburgh Symphony Orchestra. Ihn wieder einmal für ein Abonnement-Programm zu gewinnen, ist sicher schwierig, wäre allerdings eine kleine Sensation.
Der „Feuervogel“ als Finale
Der Cellist Maximilian Hornung, Solist im letzten Abonnement-Programm, feiert 2026 nicht nur seinen 40. Geburtstag sondern auch sein 20-jähriges Jubiläum in Vorarlberg. Im Dezember 2006 hat er mit Camille Saint-Saëns‘ erstem Cellokonzert beim SOV debütiert. Damals war er noch Student, inzwischen ist er nach einem kurzen Intermezzo am Landeskonservatorium Feldkirch Professor an der Musikhochschule München. Im September 2025 wird er zum ersten Mal als Solist mit den Berliner Philharmonikern auftreten. Die Abo-Saison schließt am 11. und 12. April mit Igor Strawinskys fulminanter „Feuervogel“-Suite unter der Leitung von Valentin Uryupin, der vielen sicher noch als Dirigent von P.I. Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“ mit dem SOV bei den Bregenzer Festspielen 2019 in bester Erinnerung geblieben ist.
Ein Auftritt bei der Schubertiade war nach vielen Jahren Pause fast schon überfällig. Am 1. Mai 2026 ist es nun soweit: Die Bläser:innen des SOV werden gemeinsam mit dem Kammerchor Feldkirch unter Benjamin Lack Franz Schuberts „Deutsche Messe“ D 872 im Markus-Sittikus-Saal in Hohenems zur Aufführung bringen. Zum Jubiläum „50 Jahre Schubertiade“ ist dieses Konzert eine Wiederaufführung eines Programmes der ersten Schubertiade 1976.
Hohe Eigenerlöse
Rund 1.500 Abonnent:innen zählt das SOV, 200 weniger als im Vorjahr. Die Auslastung der Konzerte liegt bei 80 Prozent. Das Budget beträgt 1,6 Millionen Euro: 610.000 Euro plus einer Sonderförderung „Chancenreiches Vorarlberg“ von 40.000 Euro fließen vom Land Vorarlberg, von der Stadt Bregenz 7.500 Euro. „Damit liegt der Eigendeckungsgrad bei 58 Prozent – einem wie in den Vorjahren erstaunlich hohen Wert, wenn man ihn mit ähnlichen Klangkörpern vergleicht“, erklärte SOV-Präsident Manfred Schnetzer. Die Preise bei Einzeltickets und Abonnements sind lediglich indexiert worden. Einzeltickets kosten je nach Kategorie zwischen 35 und 75 Euro, Abos von 184 bis 390 Euro.
Um die Zielgruppe und auch jüngeres Publikum zum Konzertbesuch zu animieren, können Abonnent:innen bei der Aktion „Bring a friend“ einmal pro Saison eine weitere Person mitbringen, die auf ihre Karte einen Rabatt von 30 Prozent erhält. Für „Young Listeners“ unter 30 Jahren gibt es am Konzerttag online Restkarten aller Kategorien für 20 Euro. Außerdem haben sie die Möglichkeiten zu Probenbesuchen und „Meet and Greet“ mit den Künstler:innen.
www.sov.at