In vielfarbig schillernde Tongebilde hineinhören
Das Ensemble plus setzte Schwingungsverhältnisse von Tönen in Szene
Silvia Thurner · Apr 2023 · Musik

Das Ensemble plus ermöglicht Hörerlebnisse, die sonst in Vorarlberg niemand bietet. Spitze Ohren machten die Musiker:innen beim ersten Sul palco Konzert der Saison in der Bludenzer Fabrik Klarenbrunn. Werke von Alexander Moosbrugger, Samuel Andreyev und James Tenney stellten an die Ensemblemitglieder und an die Hörer:innen zwar hohe Anforderungen, doch die Werkdeutungen öffneten faszinierende Welten in den inneren Kosmos von Tönen und Klängen.

An den Beginn stellte das Ensemble Alexander Moosbruggers Streichquartett „restaurer qc.“. Der Werktitel spiegelt den Inhalt wider, den Michaela Girardi und Anita Martinek (Violine), Guy Speyers (Viola) und Jessica Kuhn (Violoncello) in einem aufmerksamen Miteinander herauskristallisierten. In jeweils unterschiedlich konzipierten Abschnitten stellten sie musikalische „Zustandsbeschreibungen“ her. Höchste Konzentration verlangte die exakte Tonhöhendifferenzierung sowie die durchwegs in leisen Tönen sich entfaltende Musik. Der Fokus wurde auf unterschiedlichste Tonqualitäten gelenkt, sodass sich ein fein gewirktes Tongeflecht entfaltete. Besonders in Erinnerung blieben im Pianissimo gezupfte Tonwiederholungen, die wie Morsezeichen Kommunikationsmuster zwischen den Instrumenten ausbildeten. In einer anderen Passage wurden verschiedene Grade von Spannungsverhältnissen zwischen den Zusammenklängen ausgereizt. Der große Raum und die gute Akustik in der Fabrik Klarenbrunn boten hervorragende Bedingungen zur Entfaltung der fein austarierten Musik.

Eine gute Abwechslung bot das Werk „Cinq Pièces“ für Flöte und Perkussion von Samuel Andreyev. Anja Nowotny-Baldauf an der Flöte und Bertram Brugger am Schlagwerk spielten das vielseitig angelegte Werk in mehreren Duett-Konstellationen, zuerst mit Flöte und Becken, sodann mit Tenorflöte und Trommeln und schließlich mit Flöte und „singenden Weingläsern“. Die Musik verströmte eine große Sogwirkung, weil die Wechselspiele der Flöte und Perkussionsinstrumente unterschiedliche Charaktere ausformten. Besonders im zweiten Teil zog ein gut in Szene gesetztes Glöckchen die Aufmerksamkeit auf sich. Den Höhepunkt bildete der Schlussteil, in dem die Weingläser und die Flöte in einen faszinierenden Dialog zwischen Schwebungen und Angleichungen traten.

James Tenney ist einer der einflussreichsten Komponisten den 20. Jahrhunderts. Von ihm spielten die Streicher:innen des Ensemble plus und der Kontrabassist Nikolaus Feinig das Werk „Quintext“. Auch in diesem Werk ging es darum, kaleidoskopartig hintereinander gereihte und geschichtete Tongebilde aus matten und schillernden Klangfarben wahrzunehmen und ihnen nachzuspüren. Aufgeraute Texturen, filigrane Tonballungen, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten driftende Glissandi und rein gestimmte Obertonreihen bildeten dabei faszinierende Klanggebilde aus.

https://www.ensembleplus.at/

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