Im Spielen Kontrapunkte lernen
Das Trio El Gabinete de Música gab ein aufschlussreiches Konzert
Silvia Thurner ·
Sep 2024 · Musik
Auch abseits der großen Bühnen finden in Vorarlberg zahlreiche Konzerte statt, die aufhorchen lassen und inspirieren. Das Streichtrio El Gabinete de Música (Lukas Hamberger, Barockvioline; Soko Yoshida, Barockviola; Carlos Leal Cardín, Barockcello) präsentierte im Kapuzinerkloster in Feldkirch kontrapunktisch angelegte Werke. Im Zentrum standen Fugenkompositionen von Mozart, Albrechtsberger und Beethoven, die allesamt Bezug auf Johann Sebastian Bach nahmen. Im feinsinnigen Ambiente der Klosterkirche hinterließen die Werkdeutungen einen großen Eindruck.
Für (fast) alle Komponist:innen war und ist Johann Sebastian Bach ein Lehrer im Hinblick auf die kontrapunktische Satztechnik. Auch für W.A. Mozart war es reizvoll und selbstverständlich, sich mit der Musik des großen Meisters und auch seiner Söhne auseinanderzusetzen. Zu diesem Zweck fand sich Mozart regelmäßig bei seinem Freund ein, dem Baron van Swieten. Dort sangen sie mit anderen gemeinsam kirchenmusikalische Werke und studierten Fugen. Um die kontrapunktische Satztechnik aktiv begreifbar zu machen, schuf Mozart sechs Fugenkompositionen für Streichtrio, denen er jeweils einen langsamen Satz als Einstimmung, voranstellte.
Die Nummern 3, 5 und 2 aus dem KV 404 musizierten Lukas Hamberger, Soko Yoshida und Carlos Leal Cardín miteinander. In einer gut austarierten Stimmbalance kristallisierten sie in den langsamen Sätzen vor allem die Leittöne heraus. Im Largo zeichneten sie melancholisch sinkende Linie nach. Mitunter nahm in diesem Abschnitt jedoch das Violoncello eine allzu dominante Rolle ein. Beeindruckend wurden im g-Moll Adagio die Chromatik und die Harmonik in einer hervorragend abgestimmten Intonation ausgeführt.
Spannend waren Mozarts Fugenkompositionen, die auf den Bachwerken (BWV 882, 526 und 883) beruhten. In der ersten Fuge intonierte die Bratsche das Ausgangsthema, das sodann durch die Stimmen geführt wurde. Jedes Instrument erhielt dabei den ihm gebührenden Raum, sodass das kompositorische Gewebe trotz der etwas halligen Akustik transparent zum Ausdruck kam. In der Fuge Nummer 5 entwickelte sich ein mitreißender Drive und besonders die dynamische Gestaltung zwischen den hohen Streichern lockerte den musikalischen Fluss auf. In der Fuge Nr. 2 betonte das Trio besonders die signalartigen Spitzentöne des Themas, die dem Werk einen originellen Charakter verliehen.
Johann Georg Albrechtsberger war ein Freund Mozarts. Sowohl als Lehrer, Musiker und Komponist wurde er zu seinen Lebzeiten hochgeschätzt. Der kontrapunktische Satz galt Albrechtsberger als Quintessenz der Kompositionskunst. Etwas verhaspelt leitete das Ensemble El Gabinete de Música das Streichtrio op. 9/2 ein. Der Unterschied zu den vorher erklungenen Mozart-Fugen wirkte groß. Doch rasch bündelten die überraschenden harmonischen Wendungen im Eröffnungssatz, das mit einem gemeinsamen Atem ausgestaltete Adagio und die volksmusikalischen Themenfindungen im Menuetto die Aufmerksamkeit. Die Musikerin und die Musiker musizierten schwungvoll und mit schönen dynamischen Kontrasten, allerdings erklangen ein paar Spitzentöne intonatorisch leicht getrübt.
Ludwig van Beethoven war Kompositionsschüler bei Johann Georg Albrechtsberger und dieser apostrophierte seinem Schüler, „dass er nie was Ordentliches“ machen werde ...
Beethovens Adagio e Fuga in e-Moll (Hess 29) verströmte einen poetischen Charakter. Die drei Stimmen wurden feinsinnig kanonisierend ineinander verwoben. Chromatisch differenziert wurde das Ausgangsthema der Fuge vorgestellt und sodann energiegeladen ausgebreitet. Mit einem massiven Forte beendete das Trio den Satz und deutete damit an, dass das Werk unvollendet geblieben war.
Für den herzlichen Applaus dankte das Ensemble Le Gabinete di Música mit dem Bach-Choral „Komm süßer Tod“.