Hochschulkonzerte der Stella Vorarlberg
Ein Mittagskonzert im Montforthaus und die Sommersoirée im Festsaal der Privathochschule für Musik
Michael Löbl · Mai 2023 · Musik

Die Mittagskonzerte der Stella Privathochschule für Musik im Foyer des Montforthauses sind erstaunlich gut besucht. Trotz des eher ungewöhnlichen Termins am Dienstag um 12.15 Uhr hat sich da eine treue Fangemeinde gebildet, die den jungen Musiker:innen eine schöne Kulisse bietet. Der Eintritt ist frei, darum ist es auch nicht notwendig, verkaufsfördernde Komponisten wie Bach, Mozart oder Tschaikowsky auf das Programm zu setzen. Diesmal waren die Klassen Heidrun Wirth-Metzler (Fagott) und Nolwenn Bargin (Flöte) an der Reihe, die jungen Musiker:innen spielten Werke von F. Castil-Blaze, C. Chaminade, A. Tansman, E. Bourdeau und als Finale das Sextett für Bläser und Klavier von Francis Poulenc.

Das Fagott ist weiblich

Trotz der etwas problematischen Akustik ist diese Initiative eine schöne Möglichkeit, um Studenten der Stella Hochschule quasi barrierefrei kennenzulernen. Und für die jungen Musiker:innen ist jede Möglichkeit vor Publikum aufzutreten, eine willkommene Stufe in Richtung Berufsleben.
Das Niveau ist durchgehend sehr hoch. Technisch, musikalisch und klanglich gibt es wenig auszusetzen, was allerdings bei fast allen Mitwirkenden noch fehlt, ist Bühnenpräsenz, zumindest ein wenig Charisma und eine gewisse Überzeugungskraft. Lob für die instrumentalen Fähigkeiten, am Energie-Output muss aber noch gearbeitet werden. Ein Phänomen ist die Fagottklasse von Heidrun Wirth-Metzler. Die ganze Klasse ist ausschließlich weiblich besetzt, die Hälfte der Studentinnen kommt aus dem Bregenzerwald. Wobei Fagott ja nicht unbedingt die erste Idee ist, welche einem bei der Instrumentenwahl einfällt. Die Vorstellung, dass manche Orchester es sich vor nicht allzu langer Zeit noch erlauben konnten, keine Frauen aufzunehmen, wirkt heute irgendwie realitätsfremd. Ein kleiner Verbesserungsvorschlag für zukünftige Mittagskonzerte, to whom it may concern, Stella oder Montforthaus: Spendiert doch bitte den Dozent:innen eine kleine Box mit Mikro, damit ihre Informationen zum Programm nicht im Nirwana des hohen Raumes verschwinden oder vom Besteckgeklapper der Montforthaus-Gastronomie absorbiert werden.

Ein brillantes Orchester

Sechs Stunden später dann eine Sommersoirée im Festsaal der Stella Vorarlberg mit dem Hochschulorchester unter der Leitung von Benjamin Lack. Zwar machte der strömende Regen dem sommerlichen Flair einen Strich durch die Rechnung, die Atmosphäre war dennoch angenehm ungezwungen, die Vorfreude auf ein kurzes, kompaktes Konzert ohne Pause mit drei attraktiven Werken war groß. Und das Publikum wurde nicht enttäuscht. Schon die einleitende Ouvertüre zu Mozarts „Hochzeit des Figaro" zeigte auf, wohin die Reise geht. Modernes Instrumentarium, Trompeten und Pauken historisch, flotte Tempi, blitzende Akzente, alles sehr transparent und durchhörbar. Das Orchester spielt stehend, was der Interpretation zusätzlichen Schwung verleiht. Benjamin Lack hat seine Truppe überzeugend im Griff und findet die perfekte Balance zwischen historisch-informierter Aufführungspraxis und moderner Spielweise. In W.A. Mozarts „Prager Symphonie“ konnte man diesen Interpretationsansatz dann durchgehend genießen. Für den Mittelsatz wählt Benjamin Lack ein ungewöhnlich schnelles Tempo, das zunächst irritierend wirkt. Bald aber scheint die Tempowahl vollkommen logisch und überzeugend und man erinnert sich an Aufführungen, wo dieses Andante – weil viel zu langsam – kein Ende nehmen wollte. Ohne die Orchesterleistung schmälern zu wollen, wurde einem wieder einmal klar, dass Mozart den Musiker:innen in allen seinen Werken einige harte Nüsse zu knacken gibt, etwa die Einwürfe in der hohen Violinlage oder die ebenfalls sehr hoch gesetzten Hornstimmen. Ein Sonderlob für den Konzertmeister sowie für Erste Flöte und Erste Oboe.

Überzeugende Leistung des Solisten

Mozart bildete den Rahmen für den Solisten, den erst 16-jährigen rumänischen Oboisten George Barlean. Mit dem Oboenkonzert von Bohuslav Martinů hat er sich ein extrem virtuoses und auf mehreren Ebenen schwieriges Stück ausgesucht. Vertrackte Rhythmen, mehrere ausladende Kadenzen und dann wieder ganz schlichte und gesangliche Passagen wechseln einander ab. George Barlean sieht zwar deutlich älter aus, ist aber tatsächlich erst 16 Jahre alt. Auch abgesehen von seinem jugendlichen Alter bot er eine absolut beeindruckende Leistung. Die zahlreichen Hürden des Martinů-Konzertes meisterte er ohne Probleme, mit großem dynamischen Spektrum und überzeugender Bühnenpräsenz. Nur das Orchester im vollen Tutti klanglich zu überstrahlen, wie es der Komponist manchmal einfordert, das gelang nicht immer. Da fehlt es dem insgesamt sehr runden und ausdrucksvollen Ton noch an Kern und Fokus. Insgesamt aber ein starker Auftritt dieses jungen Künstlers.
Leider gab es vor und nach dem Konzert keinerlei gastronomisches Angebot. Das war doch früher immer nett, wenn man mit Freunden, Bekannten und Mitwirkenden bei einem Gläschen die Veranstaltung ausklingen lassen konnte. Am Dienstag entließ man das Publikum sang- und klanglos in die verregnete Wirklichkeit.

https://stella-musikhochschule.ac.at/de/

 

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