Happy Tubas
Jack Ströher feierte seinen 60. Geburtstag mit einem originellen Konzert am Freitagabend im Pförtnerhaus Feldkirch.
Michael Löbl · Jän 2024 · Musik

Am ehemaligen Landeskonservatorium, jetzt Stella Privathochschule, bleibt derzeit kein Stein auf dem anderen. Bewährte und beliebte Schwerpunktfächer, zum Beispiel im Bereich Jazz- und Popularmusik, hat man ersatzlos gestrichen, zahlreiche neue Aktivitäten – vor allem Gremien, Ausschüsse aber auch musikwissenschaftliche Forschung zu Themen wie „Entwicklung und Erschließung der Künste“ – wurden installiert. Ob das wirklich der optimale Weg ist, um den Fortbestand des Vorarlberger Musikschulwesens zu sichern und die zukünftig dort tätigen Lehrerinnen und Lehrer bestmöglich auf ihre Aufgaben in der Praxis vorzubereiten?

Aber es gibt sie noch, die Urgesteine aus alten Kons-Zeiten, nicht mehr viele, aber doch einige, die den Ruf dieses Hauses über viele Jahre entscheidend mitgeprägt haben. Jakob „Jack“ Ströher, seit fast 40 Jahren Professor (diese Bezeichnung ist vermutlich nicht mehr ganz korrekt) für Tuba, Tenorhorn, Jazzpiano, Jazzgeschichte und Popularmusik, ist einer von ihnen. Unzählige Musiker (inklusive Kirill Petrenko) und Musikerinnen hat er in diesen Fächern ausgebildet, alle schwärmen von seiner seltenen Gabe, junge Leute zu motivieren und ihnen den Musikerberuf schmackhaft zu machen. Jeweils zu runden Geburtstagen veranstaltet er ein großes Konzert mit Freunden, Schülern und Kollegen.  

Instrument des Jahres

Nun war es wieder soweit. Jack Ströher wurde sechzig und die sehr gut besuchte Veranstaltung stand diesmal unter dem Motto „Happy Tubas Forever“. Dazu hat er wieder zahlreiche Mitstreiter, Studenten und Absolventen eingeladen, um gemeinsam mit ihm ein musikalisches Fest der tiefen Blasinstrumente zu feiern. Der Zeitpunkt war perfekt, gerade erst war die Tuba in Deutschland zum „Instrument des Jahres“ gewählt worden, und auch in den Rahmen „Hundertjähriges Jubiläum des Vorarlberger Blasmusikverbandes“ fügte sich dieses Konzert passend ein.
Und alle kamen nach Feldkirch, einige nahmen eine weite Anreise auf sich, und die eigens für diesen Anlass gegründete „Bari-Tuba-Bigband“ aus Tenorhörnern und Tuben war mit 22 tiefen Blechbläsern groß und prominent besetzt. Viele Tubisten lassen sich zusätzlich auf dem Tenorhorn ausbilden, um im Unterricht eine breitere Palette an Instrumenten anbieten zu können. Auf dem Programm standen Ohrwürmer wie „Remember when“ von Bert Kaempfert, Glenn Millers „Moonlight Serenade“ oder der Marsch „Stars and Stripes Forever“, alle von Jack Ströher eigens für die Bari-Tuba-Bigband arrangiert, aber auch kleinere Ensemblestücke vom Tuba-Duett bis zum voluminösen Tuba-Chor. Einen ganzen Programmteil bestritt das originelle Quartett Fat Lips.
Sowohl im Symphonieorchester als auch in der Blasmusik hat die Tuba ihren unbestrittenen festen Platz als Bassinstrument, sie liefert das solide Fundament für die Blechbläserkollegen an den Posaunen, Trompeten und Hörnern. Dass sie auch als Melodieinstrument funktioniert, wird zwar immer wieder behauptet, den endgültigen Beweis dafür blieb man auch an diesem Abend schuldig. Den Klang des „Bari-Tuba Ensembles“ kann man ohne Wenn und Aber als sensationell bezeichnen, auch was die stilistische Vielfalt betrifft. Wenn man – ohne eine einzige Probe! – einerseits swingende Bigband-Nummern aber auch Anton Bruckners für Chor a cappella geschriebene Motette „Locus iste“ mit perfekter Intonation und dynamisch derart differenziert gestalten kann, ist das schon etwas Besonderes. Die Fassung einer Flötensonate von J.S. Bach für Tuba und Cembalo hingegen mag vielleicht Freaks des tiefen Blechs überzeugen, Normalsterblichen bleibt der Sinn einer derartigen Bearbeitung allerdings verwehrt.

Neue Welten

Neben den Blechbläsern trugen aber noch weitere Musikerinnen und Musiker zum Erfolg dieses Konzertes bei, unter anderem Wakako Tani-Banfield am Flügel oder die hervorragende Sängerin Susi Lucas. Jack Ströher selbst nahm kein Blechblasinstrument zur Hand, sondern betätigte sich abwechselnd als Dirigent, Bandleader, Pianist und Akkordeonspieler. Sollte es – in zehn Jahren womöglich – ein weiteres Konzert dieser Art geben, könnte man vielleicht ein paar Kleinigkeiten optimieren. So sollte der wichtigste Mann des Abends Schuhe tragen, die nicht aussehen, als hätte er es gerade noch rechtzeitig vom Stall auf die Bühne geschafft. Außerdem sollte man ein Konzert nie mit Sprache beenden, sondern immer mit Musik. 
Alles in allem war der Abend im Pförtnerhaus äußerst kurzweilig, erschloss den Zuhörenden neue Welten im Kosmos „Tiefe Blechbläser“ und beeindruckte durch die Vielzahl an hervorragenden Musikern und Musikerinnen aus unterschiedlichsten Bereichen. Anschließend an das Konzert gab es noch Freigetränke an der Bar, wo man sich ganz locker unterhalten konnte. Es ist leider zu befürchten, dass die Bari-Tuba-Bigband aus zeitlich-organisatorischen Gründen ein „One-Hit-Wonder“ bleibt. Das wäre allerdings wirklich schade.

https://stella-musikhochschule.ac.at/

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