„Out of Control – Was die digitale Welt über Dich weiß“ - Ausstellung im Magazin 4, Bregenz Peter Niedermair · Sep 2019 · Gesellschaft

Die in einer Kooperation zwischen dem Kulturamt der Stadt Bregenz, Frau Dieing, und Ars Electronica Solutions Linz, Michael Modria, eingerichtete Ausstellung mit einer begleitenden Veranstaltungsreihe wird heute um 19 Uhr eröffnet. Vor 50 Jahren begann eine Entwicklung, die eine Fülle an Fragen von der persönlichen Nutzung, den Möglichkeiten, Chancen und Risiken, bis hin zum Demokratieverständnis aufwirft. Viele Leute leben heute mit den „electronic arms“ (Laurie Anderson in „Oh Superman) und den Alexas dieser Welt und begreifen mit der existierenden Fülle an Daten mehr oder weniger – 90 % aller Daten wurden in den letzten zwei Jahren produziert – wie sich der kommunikative Alltag zum Teil radikal verändert hat. Die Ausstellung, die bis 27. Oktober dauert, bietet ein Forum zur Auseinandersetzung, will Standorte und Perspektiven aufzeigen und richtet sich, ohne pädagogische Zuspitzung, an ein breites Publikum. Ein zentraler Aspekt ist es, in einem qualitativ hochwertigen Schritt Partizipation und kritisches Denken anzuregen. Die Ausstellung ist für alle Altersgruppen eingerichtet und mit einer Fülle an Beispielen gut verständlich.

Big Data

Der Diskurs zu Big Data ist in seinen inhaltlich gesellschaftspolitischen Dimensionen am Puls der Zeit, sehr aktuell und brisant. Man fragt nach den Motiven und Hintergründen, was die Popularität der Social Media ausmacht, bzw. weshalb so viele Nutzer ihre persönlichen Daten freiwillig in Plattformen einpflegen und kommunizieren. Als am 29. Oktober 1969 die ersten Daten im ARPANET (Advanced Research Projects Agency Network) übertragen wurden, war dieser Schritt bahnbrechend neu für die Entwicklung hin zum Internet, wie es heute bekannt ist. In einer übersichtlich gestalteten Time line in der Ausstellung sind quantitativ und qualitativ die wesentlichen Entwicklungsschritte dargestellt; u.a. kommt 1978 die Nintendo Konsole als „Color TV-Game 6“ in Japan auf den Markt, bei dem mit Hilfe von Drehknöpfen zwei SpielerInnen gleichzeitig in einem virtuellen Tennisspiel spielen. Diese Time line ist ein grundlegend wichtiges Tool, sich einen Überblick zu verschaffen. Kooperationspartner für diese Ausstellung in Bregenz ist das im September 1979 eingerichtete erste Ars Electronica Festival in Linz. Dieses entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem weltweit beachteten Festival. „Kunst, Technologie und Gesellschaft“ lautet bis heute die Philosophie dieser einzigartigen Plattform.

Aspekte der Digitalisierung

Im Zentrum stehen Fragen der Digitalisierung, die aus einer gegenwärtigen Perspektive aufbereitet sind. Zum 40-jährigen Jubiläum geht die Ars Electronica in dieser Ausstellung mit der Stadt Bregenz Aspekten zu Neuen Technologien nach und fragt, wie diese die Menschen und die Gesellschaft in der Lebenspraxis verändern, bzw. welche Chancen und Risiken im Kontext anzutreffen sind und im Außen wirksam werden. Gerade, wenn man das Medienverhalten primär von Kindern und Jugendlichen dialogisch präsentiert, wird spürbar, warum Partizipation mit dem Ziel, den offenen, kritischen Umgang zu fördern, wichtig ist. Die interaktive Ausstellung bietet dazu eine Fülle von Praxisbeispielen. Mündigkeit und Auseinandersetzung mit Demokratie und Demokratieverständnis sind zentrale Anliegen dieses Projekts.

Das 2004 begonnene Facebook Projekt rangiert heute unter den Top 7 Playern der Welt. Die Cyberwelt ist allgegenwärtig. Nicht auf Facebook zu sein, kann durchaus schräge Blicke nach sich ziehen. Derzeit gibt es laut Michael Modria von der Ars Electronica 125 Milliarden Geräte, die mit dem Internet zu tun haben. „Out of Control – Was die digitale Welt über dich weiß“ widmet sich dem Leben in dieser digital vernetzten Welt, vom Smartphone bis zum PC und der smarten Uhr am Handgelenk. Wir nutzen das Netz und hinterlassen und hinterlassen eine Fülle an Datenspuren im Internet, in den allermeisten Anwendungen freiwillig. Die Ausstellung will den kritischen Umgang mit der digitalen Präsenz anregen und diskutieren, was die Preisgabe der Privatsphäre bedeutet. Neben der Geschichte des Internets zeigt die Ausstellung Installationen wie „Europe vs. Facebook“ oder Big Data. Die Bandbreite der interaktiven Exponate reicht vom Passworthacker und einem Live-Ticker zur Stimmungslage der Twitter-Nutzerinnen und –Nutzer, bis hin zu einer Installation, die zeigt, wie einfach lückenlose Überwachung funktioniert.

Ausstellung und Begleitprogramm

Dauer: Fr, 6. Sept. bis So, 27. Okt. 2019    
Öffnungszeiten: Di bis So, 14 bis 18 Uhr. Begleitet wird die Ausstellung von einem Programm, das neben Führungen auch Workshops, Vorträge, einen Film und eine Podiumsdiskussion umfasst:

Führungen zur Ausstellung: So, 15. Sept., 16.30 Uhr Do, 26. Sept., 18.30 Uhr Sa, 5. Okt., 18.30 Uhr, 19.30 Uhr und 20.30 Uhr, So, 20. Okt., 16.30 Uhr Do, 24. Okt., 18.30 Uhr So, 27. Okt., 16.30  Uhr
Führungen für Frauen und Mädchen: Donnerstag, 19. September, 18.30 Uhr, Freitag, 11. Oktober, 15.00 Uhr (Weltmädchentag) Donnerstag, 17. Oktober, 18.30 Uhr.

Vortrag von Ingrid Brodnig, Expertin für Netzpolitik; „Übermacht im Netz – Warum wir für ein gerechteres Internet kämpfen müssen“, Di, 1. Okt, 19.30 Uhr in der Filiale der Stadtbücherei, Rheinstraße 53.

Vortrag von Sabrina Weithaler – „Social Media & Co, Gesundheitsförderung und Prävention. Faszination Digitale Welt“, Do, 3. Okt., 19.30 Uhr im Magazin 4 (EG)

Filmdoku: „Welcome to Sodom“, Dokumentarfilm, 2018. In ihrer Dokumentation zeigen die Regisseure Florian Weigensamer und Christian Krönes, was mit den nicht mehr benötigten Handys, TVs und Computern aus Europa passiert. Ein Großteil dieses Elektroschrotts landet in Accra in afrikanischen Ghana, wo die entsorgten Geräte von Erwachsenen und Kindern auseinandergenommen werden, die dabei giftigem Rauch ausgesetzt sind. Die Müllhalde Agbogbloshie trägt deshalb bei den dort lebenden Menschen den Namen Sodom.

Informationen zum ausführlichen Programm – besonders auch die Kooperationsangebote für Schulen – gibt es auf www.bregenz.gv.at bzw. 05574-410-1521 (Thomas Schiretz)

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