Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Walter Gasperi · 08. Sep 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (9.9.. - 15.9. 2016)

Im TaSKino Feldkirch und bei den Walser Filmtagen wird diese Woche der herausragende estnische Film „Risttuules – In the Crosswind“ gezeigt. Ein Klassiker steht mit John Cassavetes´ „Faces“ im Kunstmuseum Liechtenstein auf dem Programm.

Risttuules – In the Crosswind: Der Este Martti Helde verzichtet in seinem Spielfilmdebüt ganz auf Dialoge und beschränkt sich auf das Voice-Over seiner Protagonistin Erna. Sie wurde wie über 40.000 weitere Balten 1941 auf Befehl Stalins nach Sibirien deportiert. In Briefen berichtet sie ihrem Mann, von dem sie bei der Deportation getrennt wurde, von der Deportation, dem harten Lagerleben, dem Tod der Tochter und dem Ende der Haft nach dem Tod Stalins, erinnert sich aber auch kurz an das glückliche Familienleben vor der Deportation.
Helde verzichtet auf dramatischen Handlungsaufbau, sondern lässt den Zuschauer vielmehr in langen, in brillantem Schwarzweiß gehaltenen Plansequenzen mit komplexen Kamerabewegungen in diese Zeit und die Erinnerungen Ernas eintauchen. Während sich die Menschen dabei in den in flirrendes Sommerlicht getauchten Erinnerungen an die Zeit vor der Deportation noch bewegen, verharren sie in den Tableaus der Deportation und Lagerhaft unbewegt, während die Kamera sie und die Räume langsam abfährt.
Erstarrt sind hier Mensch und Welt förmlich durch den Schrecken, jedes Leben scheint aus ihnen gewichen. – So entwickelt sich dieser höchst kunstvolle Film, der in der visuellen Gestaltung an die Filme Andrej Tarkowskijs erinnert, zum großen Klagegesang und ruft erschütternd das Verbrechen an den Balten, das eine Darstellung mit den Mitteln eines konventionellen Spielfilms nur verharmlosen würde, in Erinnerung.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Sa 10.9. bis Mi 16.9.
Walser Filmtage im Geroldhus, St. Gerold: Sa 10.9., 20.30 Uhr


Faces:
In seinem 1968 in unabhängiger Produktion entstandenen vierten Spielfilm widmet sich John Cassavetes nicht weniger und nicht mehr als einem Abend und einer Nacht im Leben des Geschäftsmannes Dickie und seiner Frau Maria. Nach der Arbeit geht Dickie zunächst zum Callgirl Jeannie, dann zu seiner Frau, der er die Scheidung ankündigt, um dann wieder Jeannie aufzusuchen. Dickies Frau reißt gleichzeitig in einer Bar wiederum einen wesentlich jüngeren Mann auf.
Der Blick liegt ganz auf dem Umgang der Menschen miteinander und schonungslos deckt Cassavetes Gemeinheiten, vor allem aber die Macht der Männer auf, die genüsslich Frauen demütigen. Intensität gewinnt „Faces“ durch das Spiel der Schauspieler, aus denen Cassavetes das Äußerste herausholt und denen die bewegliche Kamera hautnah folgt. Hier gibt es kein exakt gesetztes Licht, keine perfekte Kadrage, dafür den in seiner inszenierten Authentizität ungemein intensiven Ausdruck der Akteure. Dass es bei dieser Methode und diesem quasidokumentarischen Stil auch kein Happy-End geben kann, sondern der Film so offen endet wie das Leben eben ist, versteht sich fast von selbst.
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz: Do 15.9., 20 Uhr