Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 08. Jän 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (9.1. - 15.1. 2012)

Sanfte Kost von großen Meistern steht diese Woche in den Filmclubs auf dem Programm. Nanni Moretti erzählt in „Habemus Papam“ (Takino Schaan, Kino Madlen/Heerbrugg) höchst unterhaltsam von einem Papst wider Willen und David Lynch schickt im Roadmovie „The Straight Story“ (Takino Schaan) einen 73-Jährigen auf eine lange Reise mit einem motorisierten Rasenmäher.

Habemus Papam: Wenn der italienische Atheist Nanni Moretti eine Satire über den Papst und die Katholische Kirche ankündigt, darf oder muss man Bissiges erwarten. Überraschend sanft ist nun aber „Habemus Papam“ ausgefallen, spart die heißen Eisen der Kirche aus, zeichnet dafür ein sehr warmherziges und menschliches Porträt eines Papstes, der sich überhaupt nicht in der Lage sieht, die Aufgabe zu bewältigen, die ihm übertragen wird. So erleidet er im ersten Schock über seine Wahl einen Nervenzusammenbruch und nützt dann die erstbeste Gelegenheit aus dem Vatikan abzuhauen, durch Rom zu streifen und seiner längst verschütteten Leidenschaft des Theaterspiels nachzugehen.
So geht es in „Habemus Papam“ auf mehreren Ebenen um Rollen, die der Mensch spielen muss oder soll, auch wenn sie überhaupt nicht seinen Wünschen entsprechen. Doch selten hat einer den Mut wie in diesem Fall Papst Melville nein zu dem zu sagen, was ihm aufgetragen wird.
Die TV-Moderatoren müssen die Rolle der stets Topinformierten spielen, bis sie schließlich doch zugeben müssen, dass sie im Grunde überhaupt nicht wissen, was im Vatikan vorgeht. Der von Nanni Moretti gespielte Psychoanalytiker, der eigentlich den Papst heilen sollte, entwickelt sich nach Verschwinden seines Patienten zum Freizeitgestalter für die greisen Kardinäle, mit denen er ein Volleyballturnier organisiert. Freude an seiner Rolle entwickelt aber nur ein Schweizer Gardist, der für die Öffentlichkeit als Schatten hinter den Vorhängen der päpstlichen Gemächer den Papst mimen soll.
Bestens unterhält „Habemus Papam“ mit vielen gelungenen Scherzchen, präsentiert einen hinreißenden Michel Piccoli als Papst wider Willen, bleibt im fehlenden Biss und dem unentschlossenen Pendeln zwischen dem Geschehen im Vatikan und den Erkundungen des Papstes aber auch beliebig und ohne große Nachwirkung.
Takino Schaan: Mo 9.1. + Di 10.1. – jeweils 20 Uhr
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo 9.1., 20.15 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 29.2., 20 Uhr; Fr 2.3., 22 Uhr


The Straight Story: Der 73jährige Alvin Straight fährt mit seinem Rasenmäher 500 Meilen von Iowa nach Wisconsin, um seinen Bruder zu besuchen.
Diese wahre Geschichte erzählt David Lynch völlig überraschend auch als gerade (straight) Geschichte. Auf Sex und Gewalt - Elemente, die dieser Regisseur in "Blue Velvet" oder Wild at Heart" zelebrierte - wird völlig verzichtet: es gibt nicht einmal einen Kuss; nur ein Rasenmäher wird erschossen. „The Straight Story“ handelt zuerst von dem, was er zeigt: vom weiten Himmel und endlosen Getreidefeldern, von Wetterumschwüngen und dem Wechsel der Jahreszeiten und von den gewaltigen Entfernungen zwischen Orten und Menschen und der Zeit, die nötig ist, um diese Distanzen zu überwinden. Die wunderschöne Musik von Angelo Badalamenti und die grandiose Kameraarbeit von Freddie Francis unterstreichen mit den langsamen Überblendungen den traumhaft ruhigen Rhythmus des Films.
Aber dieses Road-Movie erzählt auch von der Reise in den Tod - der Mississippi als Grenze -, die auch eine Reise in die Erinnerungen ist. Blickrichtungen bestimmen den Film: Wie Alvin Straight in den Sternenhimmel blickt ("Was kommt nach dem Tod?"), so nähert sich die Kamera immer wieder vom Himmel - wie ein gütiger Gott - liebevoll dieser Figur.
Vieles gäbe es noch über die herrlichen Typen, denen Straight auf seiner Reise begegnet, oder über die Detailverliebtheit dieses zutiefst menschlichen, ebenso einfachen wie bewegenden Films zu sagen, den der radikale Verzicht auf alles Sensationelle selbst zur Sensation macht.
Takino Schaan: Mi 13.1., 20 Uhr