Nora Gomringer zog bei der Konzertlesung in der Bludenzer Remise die Zuhörenden in ihren Bann.
Walter Gasperi · 03. Mai 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (4.5. - 10.5. 2012)

Mit „Die Summe meiner einzelnen Teile“ zeigt das Filmforum Bregenz diese Woche den neuen Film des Vorarlbergers Hans Weingartner. Ein fast 30 Jahre alter Film von Woody Allen steht dagegen mit „Zelig“ auf dem Programm der „Woody Allen“-Reihe am Spielboden Dornbirn.

Die Summe meiner einzelnen Teile: Martin wird aus der psychiatrischen Anstalt entlassen. Die Freundin ist weg, den alten Job will man ihm aufgrund seiner psychischen Labilität nicht mehr geben. Kein Wunder, dass er in diesem neuen Leben nicht Fuß fassen kann. Bald ist auch die Wohnung weg, doch dann trifft er den zehnjährigen Ukrainer Viktor. Gemeinsam leben sie vom Einsammeln von Leergut und ziehen sich bald in die Wälder zurück. Hier scheint Martin wieder Stabilität und Lebensmut zu finden, doch früher oder später muss er dieser Unterschlupf auffliegen.
In seinem vierten Spielfilm verknüpft Hans Weingartner Themen seines Debüts „Das weiße Rauschen“ mit solchen seines zweiten Spielfilms „Die fetten Jahre sind vorbei“. Wieder steht eine psychisch labile Person im Mittelpunkt, doch auch die Gesellschaftskritik kommt nicht zu kurz. Weingartner ist nah dran an seinem von Peter Schneider großartig gespielten Protagonisten, macht intensiv dessen psychische Verfassung erfahrbar.
Erst im letzten Drittel, wenn die pädagogische Ader des Vorarlberger Regisseurs wieder zum Tragen kommt, verliert dieses in seiner Rohheit und seinem harten Realismus aufregende Psychodrama an Dichte.
Filmforum im Metrokino Bregenz: Fr 4.5., 22 Uhr


Zelig: 70 Minuten ist dieser gefälschte Dokumentarfilm von Woody Allen nur lang, erzählt wird aber mehr als in den meisten doppelt so langen Filmen. Denn das Leben des von Allen erfundenen und auch gespielten Leonard Zelig (Woody Allen) ist untrennbar mit der amerikanischen und europäischen Geschichte von 1920 bis 1935 verknüpft.
Nur beliebt sein möchte der in seiner Jugend ständig unterdrückte kleine Mann und entwickelt deshalb eine phänomenale Fähigkeit sich an die Umwelt anzupassen: Unter Chinesen wird er zum Chinesen, unter Ärzten zum Arzt, mal ist er Demokrat, mal Republikaner, wird in Frankreich von den Intellektuellen gefeiert und stört eine Audienz von Papst Pius XI. ebenso wie eine Rede Hitlers. - Ein Konformist, der Mensch der modernen Massengesellschaft schlechthin, ist Zelig, von den Medien wird er zum Helden aufgebaut und wenig später in Skandale verwickelt und heftig attackiert.
Fantastisch hat Allen den Stil der alten Wochenschauen nachinszeniert, verzichtet auf Dialoge und lässt einen Kommentator Zeligs Geschichte erzählen. Ergänzt wird diese Erzählebene durch Statements von Bruno Bettelheim, Susan Sontag und Saul Bellow, die dem Film zusätzliche Authentizität verleihen sollen. - Ein Zeitporträt, ein Menschenporträt, eine mit Gags gespickte Satire, ein typischer Allen-Film mit trostloser jüdischer Kindheit, Sexual- und Beziehungsproblemen der Hauptfigur und ein Meisterwerk filmischer Fälschung, das den Realitätsgehalt aller Dokumentarfilme gründlich in Frage stellt.
Spielboden Dornbirn: Do 10.5. + Di 22.5. – jeweils 20.30 Uhr